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1909
Das Sportjahr 1900 – Die Olympiade zur
Weltausstellung
Tennis
In der Sportart, die heute längst nicht mehr zu den
elitären Sportarten zählt, sondern populärer denn je
ist, hatte es schon vor dem Jahr 1900 Wettkämpfe
gegeben. Die Regeln, nach denen noch heute gespielt
wird, entstanden in Wimbledon, einem Londoner
Stadtteil, der dem Turnier gleichsam den Namen gab.
Die ersten Meisterschaften wurden 1877 auf einer
Rasenfläche ausgetragen und noch heute ist Wimbledon
die einzige Rasen-Austragungsstätte.
Zudem gab es die US Open, ein Tennisturnier in
Amerika, das seit 1881 in New York als die ersten
U.S. National Championsships für die Herren
stattfand. Der Damenwettbewerb kam erst im Jahre
1887 dazu.
Im Jahre 1900 sollte ein neuer Mannschaftswettbewerb
für das Herren-Tennis dazukommen – der Davis Cup.
Sein Begründer war Dwight Filley Davis (1879-1945),
der vor seiner politischen Laufbahn als Student in
Harvard zum Tennisteam dieser Universität gehörte.
Vier Mitglieder dieses Teams hatten 1899
beschlossen, Großbritannien, das als Mutterland des
Tennisspiels gilt, herauszufordern und einen
Wettkampf auszutragen. Die Zusage kam und Dwight
Filley Davis stellte ein Wettkampfkonzept zusammen.
Davis kümmerte sich auch um einen Siegerpokal, den
er laut einer Anekdote, lediglich von dem Geld
kaufte, das er zu jener Zeit gerade bei sich trug.
Der Pokal war aus Sterlingsilber. Großbritannien und
die USA trugen ihre Tennis-Partien im Jahre 1900
aus. Sie hatten in Boston, stattgefunden, der Stadt,
in der die Harvard-Universität beheimatet ist.
Die Briten staunten nicht schlecht, als sie sich
unerwartet starken Spielern gegenüber sahen, die
schließlich auch aus den drei ersten Spielen als
Sieger hervorgingen.
Der 9. Februar 1900 gilt als der Stiftungstag des
Davis Cups. Dwight Filley Davis, der zu jener Zeit
ein 20-jähriger Student war, ging damit in die
Geschichte des Tennissportes ein, denn noch heute
wird der Davis Cup ausgetragen und er trägt den
Namen seines Stifters. Zwar fand im nächsten Jahr
kein Cup statt, aber 1902 und auch dabei gewann das
amerikanische Team. Von da an gab es den Davis Cup
regelmäßig – bis heute.
Boxen
Das Finale der im amerikanischen Coney Island
ausgetragenen Box-Weltmeisterschaft im Schwergewicht
fand am 11. Mai 1900 statt. Der US-Amerikaner James
J. Jeffries besiegte seinen Landsmann James J.
Corbett und wurde Weltmeister. Zunächst hatte
Corbett jedoch gegen den 25-jährigen Jeffries, einen
Farmerssohn aus Caroll/Ohio den Kampf dominiert,
wurde aber von Jeffries schließlich in der 23. Runde
durch ein K.O. in die Knie gezwungen. Der Stil des
Gegners James J. Corbett wurde übrigens dem
Konterboxen zugeordnet, eine Kampfart, die defensiv
ist und bei der der Schlag des Gegners abgewartet
wird.
Corbett hatte sein Box-Debüt 1886 gegeben, war in
jener Zeit noch unter dem Namen „Jim Dillon“
angetreten und konnte von insgesamt 13 Kämpfen neun
Mal einen Sieg erringen. Spektakulär war später u.
a. sein Kampf gegen den aus Australien stammenden
Peter „Black Prince“ Jackson. Diesen Gegner hatte
der damals amtierende und gleichsam erste
Schwergewichts-Weltmeister John Lawrence Sullivan
wegen der Hautfarbe von Jackson abgelehnt. Corbett
war gegen diesen starken Gegner angetreten. Beide
Boxer führten ihren Kampf über 61 (!) Runden, dann
musste das Spektakel abgebrochen werden, die
Athleten waren zu erschöpft.
Nach der Niederlage im Mai 1900 trat Corbett nur
noch zweimal zu Kämpfen an.
Die II. Olympischen Spiele in Paris
Das Jahr 1900 war das Jahr der fünften
Weltausstellung, die in Paris vom 5. April bis zum
12. November stattfand. Sie ist mit technischen
Neuerungen in die Geschichte eingegangen. Der
Dieselmotor wurde vorgestellt, die erste Rolltreppe
war in Aktion und auch der Tonfilm wurde
präsentiert. Im Rahmen dieses Ereignisses fanden
auch große Sportwettkämpfe statt.
In der Zeit vom 14. Mai bis zum 28. Oktober wurden
in Paris die II. Olympischen Spiele ausgetragen.
Diese Spiele hatten damals allerdings noch nicht die
Bedeutung, die sie im Laufe der Jahrzehnte bekommen
sollten. Sie standen völlig im Schatten der
Weltausstellung, die von mehr als 50 Millionen
Menschen besucht wurde. Damit gehört sie zur
erfolgreichsten ihrer Art weltweit. Auf die Anzahl
der Zuschauer, die den Wettkämpfen beiwohnten, hatte
das jedoch keinen Einfluss. Die Olympischen Spiele
waren während der „Exposition Universelle et
Internationale de Paris“ nur ein Randereignis. Wenn
es auch kaum Zuschauer gab, so war die Teilnahme von
Frauen an den Sportwettbewerben immerhin ein
bedeutender Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
Undenkbar, dass die Presse fast keine Informationen
veröffentlichte. Undenkbar auch, dass der Begriff
„Olympische Spiele“ so gut wie keine Erwähnung fand.
Offiziell wurden „nur“ Internationale Wettbewerbe
für Leibesertüchtigungen und Sport (Concours
Internationaux d’Exercices Physique et de Sports)
ausgetragen. Die Organisation der Spiele bot den
Sportlern unmögliche Bedingungen und
Austragungsorte, die weit von einander entfernt
lagen.
Und doch ist ein Name im Zusammenhang mit dieser
Olympiade in die Sportgeschichte eingegangen –
Pierre de Coubertin. Er gilt als Begründer der
Olympischen Spiele der Neuzeit, wenngleich seine
Forderungen die Wettbewerbsbebdingungen betreffend
von den Verantwortlichen der Weltausstellung fast
vollständig ignoriert worden waren. Im Nachhinein
wurden die Spiele des Jahres 1900 zwar vom IOC
legitimiert, doch die rückwirkenden Anschauungen,
die einer Aufarbeitung dienen sollten, weisen große
Abweichungen auf.
Pierre de Frédy, Baron de Coubertin (1863-1937), der
nicht nur Lehrer war, sondern auch ein sehr
engagierter Sportfunktionär, stammte aus einer alten
Adelsfamilie. Ursprünglich sollte er eine
Offizierslaufbahn einschlagen, doch trotz seiner
Kunst- Philologie- und Jurastudien an der Pariser
Sorbonne hatte sich Coubertin der Pädagogik
zugewandt. Er bereiste in diesem Zusammenhang die
USA, Kanada und England. Schließlich manifestierte
sich bei ihm die Erkenntnis, dass nur in der Einheit
von Geist, Körper und Seele eine sportliche
Erziehung bei Jugendlichen, aber auch bei
Erwachsenen, sinnvoll sei. Um 1880 - die
Ausgrabungen hatten bereits begonnen – wurde
Coubertin von der Wiederentdeckung der Sport- und
Kultstätte der Antike in Olympia derart beeinflusst,
dass er sich der allgemeinen Völkerverständigung
wegen für die Wiederbelebung der einstigen
Sportspiele einsetzte, um ihnen ein neues Credo zu
geben. Ihm schwebte das olympische Idealbild vor, in
dem nur männliche Einzelkämpfer gegeneinander
antreten sollten. Gegen die Teilnahme weiblicher
Sportler vermochte er sich auf die Dauer aber nicht
durchzusetzen.
Coubertin gründete 1894 das Internationale
Olympische Komitee, wurde dessen Generalsekretär und
initiierte die I. Olympischen Spiele in Athen im
April 1896.
Dass die II. Olympischen Spiele, die in Paris vier
Jahre später stattfanden, nur zu einer
Nebensächlichkeit degradiert wurden, war so gar
nicht im Sinne des engagierten Sportsmannes, der
fest mit einem ruhmreichen Ablauf gerechnet hatte,
so wie er das in Athen erleben konnte.
Noch ohne Regelwerk im heutigen Sinne fanden die
Spiele letztendlich statt, auch wenn die
Organisation keinesfalls nach Coubertins
Vorstellungen abgelaufen war. Der in späteren Jahren
veröffentlichte Medaillenspiegel zeigte 89
Wettkämpfe an. Es gibt aber auch Angaben bis zu 95
Wettkämpfen. Welche Sportarten damals als „rein
olympisch“ angesehen waren, lässt sich ebenfalls
nicht mit heutigen Maßstäben vergleichen. Eines ist
aber heute noch die Regel – es dürfen nur
Amateursportler antreten.
An immerhin sechs Wettkämpfen nahmen Frauen teil.
Eine von ihnen, eine Gräfin aus der Schweiz, namens
Hélène de Pourtalès, gehörte als Teilnehmerin bei
den Wettkämpfen im Segeln zur Besatzung des
Siegerbootes und war deshalb gleichermaßen die erste
Frau, die einen Olympiasieg davontrug.
Wie viel Athleten tatsächlich an dieser
Olympiade
teilgenommen hatten, lässt sich aufgrund
unterschiedlicher Angaben nicht genau
nachvollziehen. Vom IOC gibt es eine
Veröffentlichung, die 997 Teilnehmer benennt, davon
waren 22 Frauen. Auch über die Anzahl der Länder,
die an dieser Olympiade teilgenommen hatten, gibt es
unterschiedliche Angaben.
Für die drei Siegerplätze in den einzelnen
Disziplinen gab es noch keine Medaillen wie man sie
heute kennt. Selbst die Plaketten, die entweder aus
Silber oder aus Bronze gefertigt waren, bekamen die
Gewinner nicht sofort in einer Zeremonie überreicht,
wie es heute üblich ist. Mancher Athlet musste
warten, bis sie ihm lange nach der Olympiade
zugeschickt wurde. Für die Bestplatzierten gab es
vor allem Geschenke – Kunstobjekte, edle
Brieftaschen, Uhren etc., die jedoch selten den Wert
hatten, der angegeben worden war. Dass sich die
Athleten darüber nicht sonderlich freuen konnten,
ist nachvollziehbar.
Fußball
Sport, besonders Fußball, entwickelte sich zu einer
Sportart, die immer mehr Anhänger fand, aber vor
allem auch immer mehr aktive Spieler, nach dem der
Sport im Allgemeinen im 19.Jahrhundert noch keine so
große Bedeutung gehabt hatte. Zunächst war in den
1870er bis zu den 1880er Jahren hauptsächlich das
aus England stammende Rugby-Spiel dominant gewesen.
Die Beliebtheit von Rugby bezeugt auch die Gründung
des Deutschen Rugby-Verbandes, der am 4. November
1900 in Kassel gegründet wurde. Bis zum Beginn des
20. Jahrhunderts war dieser Sport unangefochten
beliebt.
Das änderte sich um die Jahrhundertwende, als der
Fußball dem Rugby-Spiel den Rang ablief.
In Italien wurde am 9. Januar 1900 Lazio Rom von
Luigi Bigiarelli gegründet. Die Niederlande konnten
die Gründung von Ajax Amsterdam am 18. März
verzeichnen, außerdem hatten Straßenfußballer den
NEC Nijmegen ins Leben gerufen – Vereine, die heute
noch existieren.
In Deutschland kam es zur Gründung gleich mehrer
Fußballvereine, u. a. FC Bayern München (27.
Februar), 1. FC Nürnberg (4. Mai), 1. FC
Kaiserslautern (2. Juni), VfB Bottrop (29. Juni),
Borussia Mönchengladbach (1. August) und 1. FC
Bocholt (21. August).
Außerdem wurde in Leipzig am 28. Januar der Deutsche
Fußball-Bund gegründet, der Dachverband aller
deutschen Fußballvereine.
Sonstige Neuigkeiten
Die europäischen Länder Belgien, Frankreich, die
Schweiz und Italien, in denen der Radsport seit
langem betrieben wurde, gründeten gemeinsam mit den
USA am 14. April in Paris die „Union Cycliste
Internationale“ (UCI) – den Internationalen
Radsport-Weltverband. Seinen Sitz hat diese
Organisation in Aigle/Schweiz.
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