Biografie Ludwig Erhard  Lebenslauf

Der zweite Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Ludwig Erhard, ist heute vor allem als der Vater des Wirtschaftswunders und der Sozialen Marktwirtschaft bekannt.
Geboren wurde er am 4. Februar 1897 in Fürth. Sein Vater war ein mittelständischer Textilwarenhändler, und auch Ludwig Wilhelm Erhard entschied sich nach dem Schulabschluss für eine kaufmännische Ausbildung, der sich ein Studium der Betriebswirtschaft und der Wirtschaftswissenschaften anschloss. So gerüstet, führte er, inzwischen mit der Volkswirtin Luise Schuster verheiratet, bis zur Weltwirtschaftskrise den Familienbetrieb weiter. Dessen - angesichts der Wirtschaftslage nicht verwunderlicher - Bankrott veranlasste ihn 1928, einen Posten bei einem Institut für Wirtschaftsbeobachtung anzunehmen. Erhard profilierte sich zunehmend als gemäßigt liberal orientierter Wirtschaftsfachmann. Ab 1932 setzte er sich aktiv für mehr Marktfreiheit ein, weil er dem bis dahin praktizierten Protektionismus wenig Zukunftschancen einräumte.
Während der NS-Diktatur vermied er, so weit es ging, jede Nähe zum System, konnte jedoch dank seines Fachwissens seine Karriere fortsetzen. Ab 1942 stand er dem Institut für Industrieforschung vor. In dieser Eigenschaft fertigte er 1944 ein Memorandum, das frei von jeder Durchhalteparole die bevorstehende Niederlage des Deutschen Reiches als Tatsache akzeptierte und die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes nach Kriegsende zum Thema hatte.
Aus Sicht der US-amerikanischen Besatzungsmacht war Erhard für politische Ämter doppelt geeignet, da ihm weder demokratische Gesinnung noch ökonomische Kompetenz abzusprechen waren. 1945 wurde er für ein Jahr zum bayrischen Wirtschaftsminister berufen. Bei der Vorbereitung der Währungsreform von 1948 wirkte er federführend mit. Dass er diese eigenmächtig und ohne Absprache mit der Militäradministration mit einer Wirtschaftsreform verband, bedeutete die entscheidende Weichenstellung für die Einführung der Marktwirtschaft in Westdeutschland und machte wahrscheinlich das nach 1950 einsetzende "Wirtschaftswunder" erst möglich.
Von 1949 bis 1977 gehörte er der CDU-Fraktion des Bundestages an. Dennoch ist bis heute ungeklärt, ob er jemals Parteiangehöriger im Sinne des Statuts der CDU war.
Bereits seit 1948 war Erhard der leitende Wirtschaftspolitiker der westlichen Besatzungszonen. Nach der Gründung der Bundesrepublik und der sich anschließenden Bundestagswahl ernannte ihn Bundeskanzler Konrad Adenauer, mit dem ihn eine lebenslange Rivalität "verband", zum Bundesminister für Wirtschaft.
Während für den gleichwohl dem Sozialismus stets feindlich gesinnten Adenauer eine der katholischen Soziallehre entsprechende Verteilungsgerechtigkeit sehr im Vordergrund stand, setzte Erhard vorrangig auf den freien Markt, dessen Auswirkungen für den Einzelnen die Sozialpolitik lediglich abmildern sollte.
Die Spannungen zwischen den beiden erreichten 1957 im Streit um die Rentenreform, aus dem Adenauer als Sieger hervorging, ihren Höhepunkt. Dennoch können die fünfziger Jahre als die erfolgreichste Zeit im Leben Erhards gelten. Von dem ausgeglichenen Staatshaushalt und der beinahe verwirklichten Vollbeschäftigung können Politiker heute bestenfalls noch träumen. Damals standen Porträts des ständig Zigarre rauchenden Erhard faktisch synonym für derart traumhafte Verhältnisse.
Nachdem Adenauer 1963 aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war, wurden die Regierungsgeschäfte dem bisherigen Vizekanzler Ludwig Erhard übertragen. Doch als Bundeskanzler konnte er an vormalige Glanzzeiten nicht mehr anknüpfen, obwohl er 1965 die Bundestagswahl souverän gewann. Dazu kam Adenauers ständiges Gestichel gegen seine Art der Amtsführung. Dies dürfte allerdings auch mit der politischen Annäherung an Frankreich zusammenhängen, die sich zu Lasten der Beziehungen zu den USA auswirkte. Damit stand Erhards Position gänzlich konträr zu der seines Amtsvorgängers.
Als US-Präsident Lyndon B. Johnson 1966 die finanziellen Forderungen an die mit den USA verbündete Bundesrepublik Deutschland drastisch erhöhte, um den Vietnamkrieg finanzieren zu können, erschütterte die bevorstehende Haushaltskrise das Ansehen der CDU wie auch des Bundeskanzlers. Dass dieser die Krise durch leichte Steuererhöhungen abfangen wollte, veranlasste diejenigen Minister, die der FDP angehörten, zum demonstrativen Rücktritt. Auch die Unionsparteien hielten nicht mehr zum Kanzler, sondern wählten Kurt Georg Kiesinger zum Spitzen-kandidaten für die sich abzeichnende Neuwahl. So sah Erhard am 1. Dezember 1966 keine andere Möglichkeit mehr, als sein Amt niederzulegen.
Am 5. Mai 1977 verstarb er in Bonn.
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