Adolf Eichmann Lebenslauf
Ohne das persönliche Leid der Opfer
anderer Genozide und Massenmorde
relativieren zu wollen, ist die seriöse
Geschichtswissenschaft bereits kurz nach
dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu der
Überzeugung gelangt, dass die während
der Nazi-Zeit in Vernichtungslagern wie
Auschwitz und Treblinka begangenen
massenhaften Tötungen von Juden in ihrer
an industrielle Abläufe erinnernden Form
als historisch einzigartig zu betrachten
seien.
Aufgrund jahrzehntelanger intensiver
historischer Recherche und nicht zuletzt
wegen der Tatbestandserhebungen durch
den Ermittlungsapparat der
bundesdeutschen Justiz wurde der Komplex
„Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg“
überaus gründlich erforscht. Abgesehen
von einigen wenigen, das Gesamtergebnis
nicht beeinflussenden, Detailfragen
stand spätestens seit den 1960er Jahren
das Bild einer nicht durch aufgeheizte
Pogromstimmung eines entfesselten Mobs,
sondern durch eiskalte
„Ungeziefervernichtungs-Mentalität“
charakterisierten Todesmaschinerie fest,
bei denen subalterne, moralisch verrohte
Fachleute Tötung lediglich als
technische Aufgabe empfanden.
Von den etwa sechs Millionen
europäischen Juden, die während der
Nazi-Zeit in Folge von
antisemitischen Verfolgungen ums Leben
kamen, sind ungefähr die Hälfte zwischen
1941 und 1944 im von deutschen Truppen
besetzten Gebieten des östlichen
Mitteleuropas in den Vernichtungslagern
Chlemno (Kulmhof), Treblinka, Sobibor,
Belzec, Majdanek und Auschwitz-Birkenau
in Gaskammern ermordet worden.
Zentrale Elemente dieser
Vernichtungsmaschinerie waren Erfassung
und Transport der jüdischen
Todeskandidaten in die Lager. Der für
diese Deportationen zuständige SS-Mann
war Adolf Eichmann, der als eifriger
Verwaltungsfachmann zum Archetypus des
unmoralischen deutschen Technokraten des
Todes wurde. Für viele Menschen war
besonders erschreckend, dass dem
Schreibtischtäter Eichmann vom
Erscheinungsbild und allgemeinen
Verhalten nichts Monstermäßiges oder
Psychopathisches anhaftete, sondern dass
er stattdessen wie der gesetzestreue,
leidlich sympathisch auftretende
Kleinbürger von nebenan wirkte. Der
Massenmörder Eichmann wirkte auch
deshalb auf viele in der Nachkriegszeit
mit den Einzelheiten der Nazi-Verbrechen
konfrontierten Deutschen so verstörend,
weil sie den „Eichmann in sich selbst“
erahnten.
Adolf Eichmann war am
19. März 1906 in
Solingen geboren worden, wo er auch
zusammen mit fünf Geschwistern seine
frühe Kindheit verbrachte. 1914 zogen
der zunächst als Buchhalter und später
als mittelständischer Unternehmer in der
Ölförderungsbranche arbeitende Vater
Karl Adolf Eichmann und seine Frau Maria
Eichmann, geb. Schefferling, mit ihren
Kindern ins österreichische Linz. Nach
dem Tod der Mutter (1916) heiratete der
Vater rasch wieder.
Adolf Eichmann war ein mäßiger Schüler
und verließ das Realgymnasium, auf dem
er seinen späteren SS-Vorgesetzten, den
drei Jahre älteren Ernst Kaltenbrunner
kennenlernte, ohne Abschluss. Eine
daraufhin 1921 begonnene Ausbildung zum
Elektro-Mechaniker in Linz brach er
ebenfalls ab. Sein Vater vermittelte ihm
1923 eine Anstellung als Arbeiter bei
einer Bergbaugesellschaft. Danach
arbeitete Eichmann als Verkäufer und
Vertreter, u. a. für die „Vakuum Oil
Company“, in Wien.
Eichmann war 1927 Mitglied der
rechtsgerichteten, der NS-Ideologie
teilweise nahe stehenden
„Frontkämpfervereinigung
Deutsch-Österreichs“ geworden. 1932 trat
Eichmann der
NSDAP sowie der SS bei.
Nachdem diese NS-Organisationen im
Juni
1933 von der Regierung des autoritär („Austrofaschismus“)
regierenden Bundeskanzlers Dollfuß
verboten worden waren, floh er nach
Bayern. Er ließ sich dort in der aus
österreichischen Nationalsozialisten
gebildeten „Österreichischen Legion“
1933/34 paramilitärisch ausbilden. Im
Herbst 1934 wurde er vom von Reinhard
Heydrich geleiteten Geheimdienst der SS,
dem SD (Sicherheitsdienst), übernommen.
Im SD-Hauptamt in Berlin gehörte er
zunächst in untergeordneter Stellung zu
einer Abteilung, die die Freimaurer
ausspionierte.
1935 wurde Eichmann als
Referatsleiter in die Abteilung 112
„Judenfragen“ versetzt. Im selben Jahr
heiratete er Vera Liebl (1909 –1997).
Das Paar bekam zwischen 1936 und
1955
vier Söhne.
Nach der Annektierung Österreichs 1938
(„Anschluss) war er als SD-Führer in
Wien für den Aufbau der „Zentralstelle
für jüdische Auswanderung“
verantwortlich. Aufgabe dieser Behörde
war zunächst die Forcierung der
Abwanderung von vorher um ihr Eigentum
gebrachten österreichischen Juden. Auf
Eichmanns Druck hin verließen 150.000
Juden ihre Heimat. Nach der Besetzung
Tschechiens („Protektorat Böhmen und
Mähren“) 1939 stand Eichmann einer
entsprechenden SD-Dienststelle in Prag
vor.
Anfang 1939 richtete SS-Reichsführer
Heinrich Himmler am
Reichssicherheitshauptamt (RSHA) eine
„Zentralstelle für jüdische
Auswanderung“ ein, die Eichmann leitete.
Bis 1940 war die Grundausrichtung der
SS-Judenpolitik, den deutschen
Herrschaftsbereich durch zwangsweise
Auswanderung „judenfrei“ zu machen. In
diesem Zusammenhang wurde u. a. erwogen,
alle europäischen Juden auf die
südostafrikanische Insel Madagaskar,
damals eine Kolonie des von Deutschland
abhängigen Vichy-Frankreichs, im
Indischen Ozean umzusiedeln. Dieser und
ähnliche Pläne zerschlugen sich. Nach
dem Beginn des Russland-Kriegs bildete
sich an der NS-Spitze der Mordplan, alle
Juden, zum Teil über Übergangsstationen
in regulären Konzentrationslagern und
Ghettos, in Vernichtungslagern zu töten.
Im Dezember 1941 begann man, diesen Plan
mit den ersten „Vergasungsaktionen“ in
Chlemno umzusetzen.
Obersturmbannführer Eichmann war als
Leiter seiner 1941 in „Referat IV B 4
Juden- und Räumungsangelegenheiten“
umbenannten Abteilung verantwortlich für
das Zusammentreiben und die
Beraubung der jüdischen Opfer sowie
deren möglichst reibungslosen
Deportation in die Vernichtungslager im
Osten. Dabei spielten der Einsatz von
Eisenbahn und die Zusammenarbeit mit
Reichsbahnstellen eine wichtige Rolle.
Eichmann überzeugte sich mehrmals vor
Ort über die Effizienz seiner Arbeit. Am
20. Januar 1942 fungierte Eichmann bei
der Berliner „Wannsee-Konferenz“, auf
der die Koordination von SS und
Ministerien bei den Judenmorden geregelt
wurde, als Protokollführer.
Bei Zusammenbruch des Hitler-Reiches
setzte sich Eichmann Anfang 1945 in die
Steiermark ab und tauchte als
angeblicher Luftwaffen-Obergefreiter im
Heer der deutschen Kriegsgefangenen
unter. Wegen der SS-obligatorischen
Blutgruppen-Tätowierung wurde diese
Tarnung aber schnell aufgedeckt.
Eichmann gab sich nun als
SS-Untersturmführer „Otto Eckmann“ aus.
Er kam in ein fränkisches
US-Internierungslager, aus dem er im
Februar 1946 fliehen konnte. Mit Hilfe
von NS-Netzwerken tauchte er in einem
Ort in der Lüneburger Heide unter und
arbeitete dort bis 1948 als Holzarbeiter
„Otto Heninger“, danach als
Geflügelbauer.
Flucht nach Argentinien und die Entführung
Mit Hilfe von katholischen Geistlichen
und Alt-Nazis gelangte Eichmann 1950
nach Buenos Aires, wo er mit seiner
Familie ein unauffälliges Leben als
„Riccardo Klement“ führte. 1960 spürte
ihn der israelische Geheimdienst Mossad
dort auf. Da eine Auslieferung durch
Argentinien nicht zu erwarten war,
entführten Mossad-Agenten den
Ex-SS-Führer nach Israel.
Eichmann musste sich in Tel Aviv in
einem Aufsehen und Erschütterung
erregenden Prozess (11. 4. – 15.
12.1961), bei dem mehr als hundert
Zeugen von den Grauen der
Judendeportationen und Vergasungen
berichteten, für seine Taten
verantworten. Eichmanns Taktik, sich als
bloßen Befehlsempfänger ohne eigene
Schuldverantwortlichkeit darzustellen,
scheiterte. Er wurde zum Tode
verurteilt. Das Urteil wurde in einer
Revisionsverhandlung
1962 bestätigt. Am
31. Mai 1962 wurde Eichmann in Ramla
gehenkt. Er war der einzige Mensch, der
jemals nach Verurteilung durch ein
israelisches Gericht hingerichtet worden
ist.
Adolf Eichmann Seiten,
Steckbrief etc.
n.n.v.