Biografie
Jens Stoltenberg Lebenslauf
Mit dem Norweger Jens Stoltenberg trat am
1. Oktober
2014 ein Mann das Amt des NATO-Generalsekretärs an, dem die Politik bereits in
die Wiege gelegt wurde. Denn als er am 16. März 1959 das Licht der Welt
erblickte, wurde er das Mitglied einer politisch bereits sehr aktiven Familie.
Der Vater Thorvald Stoltenberg war als gelernter Jurist und sozialdemokratischer
Politiker vor allem als Diplomat tätig. Die Mutter Karin Stoltenberg hatte im
Laufe der Zeit mehrere Funktionen inne, so als Staatssekretärin im Handels- und
Schifffahrtsministerium von 1986 bis
1987 und im Wirtschaftsministerium von 1988
bis 1989. Als Abteilungsleiterin im Kinder- und Familienministerium nahm sie
maßgeblichen Einfluss auf die norwegische Familienpolitik. Mit der
Nahost-Expertin Marianne Heiberg als Tante mütterlicherseits, die zudem mit dem
ehemaligen Verteidigungs- bzw. Außenminister Norwegens Johan Jørgen Holst
verheiratet war, fand der kleine Jens also bereits erfolgreiche Vorbilder im
engsten Familienkreis.
Durch die Diplomatentätigkeit des Vaters verlebte Jens Stoltenberg einen Teil
seiner frühen Kindheit im damaligen Jugoslawien. Nach der allgemeinen Schule
absolvierte er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in
Oslo, an der er später auch selbst als Dozent für Volkswirtschaft aktiv war.
Zwischenzeitlich sammelte er in Teilzeit journalistische Erfahrungen und war
Berater bei der Statistikbehörde „Statistisk sentralbyrå“ (SSB). Betrachtet man
sowohl Elternhaus als auch die eigene Laufbahn bis zu diesem Zeitpunkt,
verwundert die 1987 geschlossene Ehe mit der Diplomatin Ingrid Schulerud nicht.
Und so war auch der weitere Werdegang fast schon vorprogrammiert. Auf die
Tätigkeit als Staatssekretär im Ministerium für Umweltschutz ab November 1990
folgte der Sprung ins Abgeordnetenhaus. In diese Zeit fällt auch seine Arbeit in
einer Verteidigungskommission, womit er mit genau der Materie in Kontakt kam,
welche später auch Gegenstand im Amt als NATO-Generalsekretär werden sollte.
Die politische Laufbahn absolvierte Stoltenberg auf geradezu klassische Weise.
In der Zeit von 1993 bis
1997 machte er den nächsten logischen Schritt und wurde
Minister, zunächst Wirtschafts- und Energieminister in der Regierung Brundtland,
um dann in der Regierung Jagland das Finanzministerium zu übernehmen.
Nach einer Übergangszeit als einfacher Abgeordneter kam dann am 17. März 2000
der ganz große Sprung, Stoltenberg trat seine erste Amtszeit als
Ministerpräsident an. Diesen Posten errang er während der laufenden
Legislaturperiode, konnte ihn allerdings in der darauffolgenden Wahl nicht
behaupten. Nach der verlorenen Wahl nahm er zunächst die Funktion als
Fraktionsvorsitzender seiner Partei wahr.
Offenbar hatte er Gefallen an der Spitze der Regierung gefunden und trat zur
Wahl im Jahre 2005 regulär als Spitzenkandidat an. Diesmal klappte es und der
Erfolg war auch von Dauer. Denn Stoltenberg konnte seine zweite Amtszeit als
Ministerpräsident Norwegens von 2005 bis 2013 ausüben. Ein auch international
für Aufsehen sorgendes Ereignis fiel in seine Amtszeit, welches ganz Norwegen
erschütterte: die Anschläge vom 22. Juli 2011 durch den norwegischen
Rechtsextremisten Anders Behring Breivik. 77 Menschen kamen bei dem Anschlag auf
ein Feriencamp von Jugendlichen ums Leben.
Nach dem Regierungswechsel und dem Ausscheiden aus dem Amt als Regierungschef
2013 übte Stoltenberg erneut die Position des Fraktionsvorsitzenden seiner
Partei aus. Bis zu jenem 1. Oktober 2014.
Die Ankündigung, nach Ablauf seiner Amtszeit als NATO-Generalsekretär die
Leitung der norwegischen Zentralbank zu übernehmen, kam noch vor den
dramatischen Ereignissen rund um den
Ukraine-Konflikt.
Mit seiner Erfahrung und Entschlossenheit konnte er zuvor die NATO-Partner in
einer Zeit zusammenhalten, als sogar offen von deren Hirntot gesprochen wurde.
Der Ukraine-Krieg, der nichts weniger als eine echte Zeitenwende gerade auch in
der Sicherheitsarchitektur für die westlichen Demokratien darstellt, fordert
erneut die Erfahrung und Integrationskraft Stoltenbergs heraus. Sein Name wird
auch im Rückblick wohl stets mit diesen unruhigen Zeiten in Verbindung gebracht
werden.