Lenin Lebenslauf

Urheber der Weltrevolution
Am 22. April (nach gregorianischem Kalendarium) des Jahres 1870 wurde Wladimir Iljitsch Uljanow in Simbirsk in eine liberal orientierte Familie niederen Adels hineingeboren.
Als er siebzehn war, wurde sein älterer Bruder Alexander wegen Verschwörung gegen den Zaren Alexander III. zum Tode verurteilt. In seinem Nachlass fand er eine Übersetzung eines Marx-Textes und begann kurz darauf, sich politisch zu engagieren. Das hätte ihn beinahe den Abschluss seines Jurastudiums gekostet. Doch er widmete sich ohnehin viel stärker der politischen Theorie als seiner Rechtsanwaltstätigkeit, durch welche er 1894 die Revolutionärin Nadeschda Krupskaja kennen lernte.
Inspiriert von den Erfahrungen einer längeren Europareise gründete er 1893 den "Bund für die Befreiung der Arbeiterklasse", aus dem später die SDAPR (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands) hervorging.
Eine vierzehnmonatige Haftstrafe wegen Agitation hinderte ihn nicht an der Fortsetzung seiner Aktivitäten, und so wurde er 1897 für drei Jahre nach Südsibirien verbannt, wo er Krupskaja wieder begegnete. Die beiden heirateten im Jahr darauf. Dessen ungeachtet pflegte er später noch enge Beziehungen zu anderen Frauen.
Nach Verbüßung der Strafe verließ Uljanow das Land, da dessen strenge Zensur es ihm unmöglich machte, seine Thesen in einer eigenen Zeitung zu publizieren. In Genf schließlich konnte er die "Iskra" (Funke) herausgeben lassen, danach wohnte er für einige Zeit in München, wo er unter dem Titel "Was tun?" die These formulierte, dass die Arbeiterklasse von einer Partei geführt werden müsse. Inzwischen hatte er den Decknamen Lenin angenommen, der möglicherweise an den sibirischen Strom Lena oder an sein gleichnamiges Kindermädchen erinnern sollte. Seine Radikalität machte ihn populär, führte jedoch dazu, dass die SDAPR sich 1903 in zwei Fraktionen aufspaltete. Der reformorientierte Flügel bildete die Minderheit, woraus die Bezeichnung "Menschewiki" resultierte. Die Mehrheit ("Bolschewiki") hielt Lenin die Treue. Langfristig nützte ihm die Abspaltung der Gemäßigten sehr, da seine Anweisungen von den Revolutionären um so rigoroser ausgeführt wurden. In weiteren Schriften, zu denen bald die "Prawda" (Wahrheit) gehörte, konkretisierte er seine Forderung nach einer kompletten Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse und festigte seine Bedeutung für die Entwicklung des wissenschaftlichen Sozialismus.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, vernachlässigten die meisten Sozialdemokraten Europas ihr Ideal des Internationalismus und unterstützten, wenn auch eher widerwillig, ihre Regierungen. Lenins SDAPR bildete die einzige Ausnahme.
Inzwischen war es der bürgerlichen demokratischen Opposition gelungen, gegen den Willen des Zaren Nikolaus II. ein Parlament zu konstituieren. Doch die Gegensätze zwischen Parlament und Zar verschärften sich. Dies mündete 1917 in die Februarrevolution.
Vorübergehend hatte Lenin ein Problem. Das brutale zaristische Regime war beseitigt, ohne dass er seine politischen Visionen umsetzen konnte. Unerwartete Hilfe kam aus Deutschland: Um den russischen Kriegsgegner schwächen zu können, verhalf man dem erklärten Kriegsgegner zur Wiedereinreise nach Russland.
Der provisorischen Regierung unter der Führung Kerenskis fehlten die Mittel, um die wirtschaftlichen Probleme des Landes rasch zu lösen. Lenins Gefolgsleute mussten nur weiterhin die Stabilität des Landes untergraben, so dass der Rückhalt für die Regierung dahinschwand. Am 7. November 1917 (nach gregorianischer Zählung) war es schließlich soweit: Unter Leo Trotzkis Leitung wurden das Winterpalais, in dem die Regierung residierte, und mehrere Garnisonen gestürmt. Der Handstreich kostete nur wenige Menschenleben, die Große Sozialistische Oktoberrevolution war nicht mehr aufzuhalten.
Kurz darauf wurde das Parlament entmachtet und der Rat der Volkskommissare etabliert; das Land trat im folgenden März aus dem Krieg aus. Nachdem am 30. August 1918 ein Attentat auf Lenin verübt wurde, verstärkte sich seine Neigung, missliebige Personen beseitigen zu lassen, dramatisch. Es ist denkbar, dass die Verletzung (die Kugel konnte nicht aus dem Hals entfernt werden) schwere psychische Schäden nach sich zog. Überliefert ist beispielsweise, dass er ohne zu überlegen Bauern hinrichten ließ, die den Schneeräumdienst verweigert hatten.
Dem wachsenden Widerstand begegnete er mit dem Einsatz der neugegründeten Roten Armee, mit dem Resultat, dass andere Staaten Interventionstruppen, die sogenannten Weißen, schickten. Dem Bürgerkrieg und den auf beiden Seiten verübten Grausamkeiten fielen Millionen zum Opfer. Am Ende siegten die Roten.
Lenins Bemühungen, den Sozialismus in andere Länder zu tragen, sollten zu seinen Lebzeiten fruchtlos bleiben. Damit das eigene Land nicht zusammenbrach, gestattete er kleinere Reformen, die zwar seinen Idealen zuwiderliefen, aber der Wirtschaft nützten. Das Konzept der Planwirtschaft wurde dennoch vorangetrieben.
Die Folgen des Attentats schwächten ihn immer mehr. In einem Brief, der sein politisches Testament darstellt, warnte er vor dem aufstrebenden Stalin. Vergeblich, wie wir wissen. Am 21. Januar 1924 erlag Lenin in Gorki seiner Verletzung. Sein Leichnam wurde - welche Ironie - auf Stalins Weisung hin in Moskau aufgebahrt.