Charles de Gaulle Lebenslauf
Sein Leben war geprägt von politischen, militärischen
und strategischen Aktivitäten. Vom Infanterieoffizier
war Charles de Gaulle zum General und zum Staatsmann
aufgestiegen, der sein Land auch als Präsident vertrat.
Seine politischen Grundsätze haben seine Zeit
beeinflusst und sind im Denken vieler Franzosen auch in
der Gegenwart noch spürbar.
Sein vollständiger Name lautete Charles André Joseph
Marie de Gaulle. Er kam am
22. November 1890 in Lille,
einer Stadt im Norden Frankreichs zur Welt. Sein Vater
war Gymnasiallehrer, hatte an zahlreichen Privatschulen
unterrichtet, bis er schließlich seine eigene Schule
gründete.
Die Familie de Gaulle war von fortschrittlicher Denkart.
Sozial und intellektuell übte sie auf den jüngsten
Spross eine gewisse Vorbildwirkung aus. De Gaulles
Großvater brachte als Historiker die Ernsthaftigkeit im
Umgang mit dem Zeitgeschehen in die Erziehung ein. Zu
Literatur erhielt der Junge ebenfalls sehr
zeitig
Zugang, nicht nur, weil seine Großmutter
Schriftstellerin war, sondern vor allem, weil ihn sein
Vater an politisch-literarische Werke heranführte.
Darunter waren auch Werke des rechtsextremen
Schriftstellers Charles Maurras (1868-1952), bzw.
Veröffentlichungen von Maurice Barrès (
1862-1923), der
nicht nur Romanschriftsteller, sondern auch ein
national-rechter Politiker war. Aber auch die Bücher des
Philosophen Henry-Louis Bergson (1859-1941) und die
Werke von Charles Pierre Péguy (1873-1914) gehörten zur
frühen Lektüre des jungen de Gaulle, der noch vor dem
Beginn seiner beruflichen Laufbahn eine umfassende
Bildung genoss.
Wie konsequent die Familie ihre sozial-fortschrittlichen
Ansichten vertrat, erlebte de Gaulle hautnah, als der zu
Unrecht verurteilte französische Offizier jüdischer
Herkunft, Alfred Dreyfus (1859-1935) wegen angeblichem
Landesverrats verurteilt werden sollte. Die Familie
unterstützte den Juden, dessen Verhandlungen jahrelang
andauerten. Die sogenannte „Affäre Dreyfus“, zu der sich
die Auseinandersetzungen ausgeweitet hatten, war auf
innenpolitischer Ebene für Frankreich landesweit eine
Erschütterung und schuf unterschiedliche politische
Lager. De Gaulles Familie, der eine
katholisch-konservative Gesinnung eigen war, war dennoch
in ihrer liberalen Denkweise sehr fortschrittlich. Den
jungen de Gaulle prägte diese Lebensart, wurde er doch
auf vorbildhafte Weise mit ihr konfrontiert.
Nachdem Charles de Gaulle die „École Spéciale Militaire
de Saint-Cyr“, die 1802 von Napoleon Bonaparte
(1769-1821) gegründete Offiziersschule, von 1908 bis
1912 besucht hatte, trat er als Infanterieoffizier in
die französische Armee ein. Den Kriegsdienst, zu dem er
durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges eingezogen
wurde, erlebte de Gaulle bereits als Hauptmann. Bei
Verdun erlitt er eine schwere Verwundung, fiel den
Deutschen in die Hände und wurde von ihnen in
Gefangenschaft genommen. Seine mehrfachen Versuche zu
entfliehen, scheiterten. Während der Zeit seiner
Gefangenschaft lernte de Gaulle Deutsch. Als der Erste
Weltkrieg zu Ende war, blieb de Gaulle in der
französischen Armee, in der er seine Laufbahn stetig
voranbrachte. Er erhielt nicht nur enormen Einblick in
die militärischen Belange, sondern beteiligte sich
engagiert an ihnen und fiel durch seine Umsicht, seine
Klugheit und seine Führungsqualitäten auf.
Im Jahr 1938 veröffentlichte de Gaulle seine Schrift mit
philosophisch-militärischem Inhalt mit dem Titel
„Frankreich und seine Armee“, der er später eine
Erinnerungsserie folgen ließ, in der er über seine
Aktivitäten in der Politik bis 1946 berichtete. Die drei
Werke, „L’Appel“, „L’Unite“ und „Le Salut“
erschienen in
den Jahren zwischen 1954 und 1959.
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges bekam Oberst de Gaulle
das Kommando über eine Panzerdivision und konnte im Mai
1940 das deutsche Militär bei Caumont zwingen, den
Rückzug anzutreten. In dieser Kriegsphase war es außer
ihm keinem Führungsoffizier der französischen Armee
gelungen, die deutsche Invasion, wenn auch nur zeitlich
begrenzt, zurückzudrängen. Der zu jener Zeit amtierende
Premierminister Paul Reynaud (1878-1966) berief de
Gaulle am 6. Juni desselben Jahres in den Kriegsrat.
Dort hatte er den Posten eines Staatssekretärs inne und
war verantwortlich für die Zusammenarbeit mit
Großbritannien. Ein Waffenstillstand kam für de Gaulle
nicht in Frage. Im Gegenteil. Er reiste zu den Briten
und legte mit Premierminister Winston Churchill
(1874-1965), der auch Minister für Verteidigung war, die
Kooperation zwischen Frankreich und Großbritannien im
kompromisslosen Kampf gegen Hitlerdeutschland fest. Am
Abend der Kooperationsvereinbarung war de Gaulle bereits
wieder in Bordeaux. Dort befand sich vorübergehend der
französische Regierungssitz und Marschall Philippe
Pétain (1856-1951) war im Begriff, offiziell die
Regierungsgeschäfte zu übernehmen, was de Gaulles
schärfsten Widerstand hervorrief, da Pétain bereit war,
einen Waffenstillstand mit den Deutschen einzugehen. Wie
ein kühnes Abenteuer hört es sich an, dass de Gaulle mit
100.000 Goldfranc im Gepäck am 17. Juni 1940 seine
Flucht nach
London realisierte, um mit Churchills
Zustimmung einen Appell an das französische Volk zu
richten. Über BBC war zu hören, wie de Gaulle seine
Landsleute eindringlich beschwor, sich auf keinen
Waffenstillstand einzulassen, weil die Niederlage
durchaus keine endgültige sei. Er hob dabei die
Unterstützung der Briten und der Amerikaner hervor. Von
dem französischen Philosophen, dem Journalisten und
Schriftsteller Régis Debray (*1940) wurde de Gaulles
Appell vom 18. Juni 1940 – an diesem Tag war jener
Appell erstmals in Frankreich zu hören – als dessen
bedeutendste Rede eingeschätzt. De Gaulle hatte das
getan, wozu der französische Innenminister Georges
Mandel (1885-1944) nicht den Mut gehabt hatte, obwohl
ihn das britische Kabinett unterstützt hätte und auch
von anderen Politikern Mahnungen an ihn herangetragen
worden waren, gegen die Bedrohungen des Deutschen
Reiches vorzugehen. Mandel, der dem Vorwurf der
Desertion entgehen und Frankreich keinesfalls verlassen
wollte, sah in de Gaulle den richtigen Mann für so eine
Aufgabe. De Gaulle meisterte sie mit Bravour. Wenige
Tage nach seinem Appell gründete er das Londoner Komitee
„Freies Frankreich“, wurde zudem Chef der „Freien
Französischen Streitkräfte“ und des „Nationalen
Verteidigungskomitees. Den letzteren Posten übte er bis
1943 aus. Der Kriegsrat der Vichy-Regierung, dessen
Staatsoberhaupt der Befürworter des Waffenstillstandes,
Philippe Pétain war und deren Namen auf den
Regierungssitz in der Auvergne zurückging, verurteilte
de Gaulle in Abwesenheit im Juli 1940 zum Tode. Dessen
ungeachtet engagierte sich de Gaulle massiv für den
Widerstand gegen die Deutschen. Im Juni 1942 war er
einer der Mitbegründer des Nationalen Befreiungskomitees
(„Comité Francais de Libération Nationale“), dessen
Präsident de Gaulle 1943 wurde. Im Jahr 1944 kam es in
Algier zur Konstitution der „Provisorischen Regierung
der französischen Republik“, die aus dem Nationalen
Befreiungskomitee hervorgegangen war. Im August
desselben Jahres kehrte de Gaulle in sein Heimatland
zurück, um im September 1944 als Chef der provisorischen
Regierung seine Arbeit aufzunehmen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde de Gaulle
von der konstituierenden Nationalversammlung zum
Ministerpräsidenten Frankreichs gewählt, im Jahr darauf
war er jedoch gezwungen, von diesem Amt zurückzutreten.
Der Grund lag in seiner fortwährenden Kritik an der
Verfassung der IV.Republik. Daraufhin gründete er 1947
die so genannte Sammlungsbewegung des
französischen
Volkes („Rassemblement du Peuple Francais“, RPF), wobei
er eine grundlegende Verfassungsreform anstrebte. De
Gaulle sprach sich gegen den deutschen Beitritt zur NATO
aus, lehnte den Schuman-Plan ab, den der französische
Außenminister Robert Schuman (1886-1963) initiiert hatte
und der die Kohle- und Stahlproduktion Deutschlands und
Frankreichs unter eine gemeinsame Aufsicht stellen
sollte. Der Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1976)
war dazu sofort bereit gewesen. Auch die Gründung einer
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wurde von de
Gaulle abgelehnt, da er in militärischen Belangen sowie
in wirtschaftlichen Gesichtspunkten dem deutschen
Übergewicht keine Chance geben wollte.
Charles de Gaulle wurde 1958 französischer
Ministerpräsident. Man hatte ihm Sondervollmachten
eingeräumt, die der Niederschlagung des
Algier-Aufstandes dienen sollten. (Seit 1954 tobte der
Algerienkrieg um die Unabhängigkeit dieses Landes von
Frankreich.) Noch im selben Jahr gewann de Gaulle mit
großer Mehrheit die Wahl zum Staatspräsidenten. Und als
sich zu Beginn des Jahres 1961 die Bevölkerung für die
Algerienpolitik ihres Staatspräsidenten entschied, stand
1962 der Unabhängigkeit Algeriens nichts mehr im Weg.
De Galle gab auch der Deutschlandpolitik eine Chance.
Als Adenauer zu einem mehrtägigen Staatsbesuch in
Frankreich eintraf, wurde daraus eine Geste der
Versöhnung zwischen beiden Völkern und de Gaulles
Gegenbesuch war ebenfalls auf versöhnlicher Ebene
abgelaufen. Am 22. Januar 1963 kam es schließlich
zwischen den beiden Staatsoberhäuptern zur
Unterzeichnung des Elysée-Vertrages, der die Aussöhnung
vollends besiegelte.
Noch einmal konnte de Gaulle 1965 die Wahl zum
Staatspräsidenten gewinnen. Im zweiten Wahlgang warf er
seinen Kontrahenten François Mitterrand (1916-1996) aus
dem Rennen. Erst die Studentenrevolten, die 1968 nicht
nur Frankreich erschütterten, kratzten an der Akzeptanz
de Gaulles, in deren Folge er im
April 1969 die
Vertrauensfrage stellte und schließlich von seinem Amt
zurücktrat.
De Gaulle veröffentlichte 1970 den ersten Teil seiner
dreibändigen Erinnerungsserie „Memoire d’Espoir“ mit dem
Titel „Le Renouveau“.
Am 9. November 1970 starb der einstige „Held von
Verdun“, der engagierte Kopf der Nationalen
Befreiungsbewegung seines Landes im Zweiten Weltkrieg,
der General und Staatsmann Charles de Gaulle im
Département Haute-Marine, auf seinem Landgut
Colombey-les-deux-Eglises. Bei einem Trauergottesdienst
waren zahlreiche Staatsmänner zugegen, um de Gaulle die
letzte Ehre zu erweisen. Ein Staatsbegräbnis hatte er
ausdrücklich untersagt.
Charles de Gaulle
Seiten, Steckbrief etc.
n.n.v.