Adolf Hitler als Soldat im
Ersten Weltkrieg
Der individuelle Beitrag des späteren deutschen
Diktators Adolf Hitler (1889-1945) für den Verlauf des
Ersten Weltkriegs war in seiner Einzelwürdigung ähnlich
unbedeutend wie der Einsatz der allermeisten anderen
Kriegsteilnehmer, deren Bedeutung lediglich in ihrer
Eigenschaft als Teil der Massenheere kollektiv zu
betrachten ist. Für die Propaganda der NSDAP und die
Selbstinszenierung ihres Führers waren die Soldatenjahre
Hitlers dagegen von herausragender Wichtigkeit.
Die Biographie Hitlers bis
1914 fiel wenig beeindruckend
aus. Lediglich die unverzichtbaren Grundlagen für eine
Anerkennung verdienende Existenz waren gelegt. Nicht der
gescheiterte und orientierungslose Halbkünstler Hitler,
sondern der 1914 bis 1918 dienende Frontsoldat Hitler
wurde von der NS-Propaganda in den Vordergrund gestellt.
Mehr als 13 Millionen deutsche Männer hatten
während des
Ersten
Weltkriegs Uniform getragen. Zwei Millionen waren
gefallen und viele der Überlebenden hatten durch die
Kriegszeit ein mehr oder weniger ausgeprägtes
Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt. Insbesondere in
konservativen und rechtsradikalen Kreisen wurden die von
Autoren wie Ernst Jünger („In Stahlgewittern“)
dargestellten Fronterlebnisse mystifizierend überhöht
und zur Rechtfertigung für Revanchedenken,
Gewalttätigkeit, Rassismus und Nationalismus
herangezogen.
Daran knüpfte Hitler an. In seiner Kampfschrift „Mein
Kampf“ nehmen die Kriegsjahre einen breiten Raum ein.
Dieser biographische Abschnitt wurde von Hitler und
seinem Propaganda-Apparat eingesetzt, um das Bild eines
„Helden aus des Volkes Mitte“ zu stilisieren. Einen
Höhepunkt dieses Agitprop-Ansatzes bildete die Kampagne
zu den Reichstagswahlen im November 1933, bei denen auf
Wahlplakaten der ehemalige Oberbefehlshaber der
deutschen Weltkriegstruppen und aktuelle Reichspräsident
Hindenburg zusammen mit dem Ex-Gefreiten und aktuellen
Reichskanzler Hitler für Deutschlands Austritt aus dem
Völkerbund warben.
Zum Bild vom schlicht-heroischen Weltkriegshelden
gehörte auch Hitlers Attitüde, in der Öffentlichkeit
nicht mit breiter Ordensspange wie andere Nazi-Größen
aufzutreten, sondern am Braunhemd ausschließlich das
symbolträchtige EK I zu tragen, gelegentlich ergänzt
durch das Verwundetenabzeichen, obwohl Hitler immerhin
drei weitere Militär-Auszeichnungen erhalten hatte.
Der Österreicher Adolf Hitler hatte sich 1913
aus Wien
abgesetzt, um der dort drohenden Einberufung in das
österreichisch-ungarische Heer zu entgehen. Der das
Deutschtum verherrlichende Hitler lehnte dieses Heer als
Symbol eines von ihm als dekadent abgewerteten
Multinationalismus ab. Hitlers neue Heimat wurde
München, wo er, wie in Wien, unter anderem als
Postkartenmaler Geld zu verdienen
versuchte. Den
Ausbruch des Krieges im Spätsommer 1914 empfand Hitler
als große Erleichterung und Chance, sich sinnstiftend
für die deutsche Sache einzusetzen. Auf einer
Fotografie, die eine patriotische Massenveranstaltung
auf dem Münchener Odeonsplatz am 2. August 1914
darstellt, ist das Gesicht des jubelnden Hitlers zu
erkennen.
Hitler meldete sich sofort nach der deutschen
Kriegserklärung als Freiwilliger bei den bayerischen
Militärstellen und wurde auch angenommen. Warum er als
österreichischer Staatsbürger von der bayerischen Armee,
die innerhalb der gesamtdeutschen Militärverfassung
gewisse, sie vom preußischen Heer unterscheidende
Reservatsrechte bewahrt hatte, übernommen wurde, ist
nicht geklärt. Wenig
glaubhaft ist die Behauptung Hitlers, er habe auf seinen
Antrag hin vom königlichen Hof eine Ausnahmegenehmigung
erhalten. Wahrscheinlich haben es die Münchener
Militärdienststellen der patriotischen Tagesstimmung
entsprechend damals in diesem Fall mit der Bürokratie
nicht so genau genommen.
Hitler wurde am 16. August 1914 Soldat und erhielt in
einem Rekrutendepot des 2. Königlich Bayerischen
Infanterie-Regiments eine Kurzausbildung. Am 1.
September wurde er der 1. Kompanie des I. Bataillons im
16. Königlich Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment
(16. bayer. RIR) zugeteilt und weiter ausgebildet.
Dieses Regiment war keineswegs ein reines
Freiwilligen-Regiment mit hohem Studenten- und
Akademiker-Anteil, wie Hitler später verbreitete,
sondern setzte sich zu 85% aus eingezogenen Ungedienten
der Ersatzreserve zusammen, die zumeist einen
bäuerlichen oder kleinbürgerlichen Hintergrund hatten.
Das zur 6. Bayerischen Reserve-Division gehörige
Regiment erhielt nach dem Tod des am 31. Oktober 1914 in
der Ersten Flandernschlacht gefallenen
Regimentskommandeurs Oberst List den Zunamen „List“. Das
Regiment List wurde während des gesamten Krieges an der
Westfront, in Belgien und Nordfrankreich, eingesetzt.
Beim ersten Gefecht des Regiments nahe des
westflandrischen Dorfes Gheluvelt kam es am 29. Oktober
1914 zu einer heftigen Auseinandersetzung mit
kampferprobten britischen Berufssoldaten, die die
unerfahrenen Bayern aber aufgrund ihrer
Materialüberlegenheit zum Rückzug zwingen konnten. Das
Gefecht bei Gheluvelt blieb der einzige Einsatz von
Hitler, bei dem er als Kampfinfanterist gekämpft hatte.
Kurz danach wurde er dem Regimentsstab als Meldegänger
zugeteilt. Die Dienststellung eines Meldegängers war
zwar durchaus kein ausgesprochener „Druckposten“, bot
aber im Vergleich zu der Situation in den vorderen
Gräben erhebliche Sicherheitsvorteile, zumal ein
Regimentsmeldegänger in der Regel zwischen Regimentsstab
und den nicht unmittelbar an der gefährlichen
Hauptkamplinie
eingerichteten Bataillonsstäben pendelte.
Hitler galt als unauffälliger Soldat. Über eventuelle
Pflichtverstöße ist nichts bekannt. Ob Hitler von seinem
Mitsoldaten tatsächlich als „Spinner“, „Speichellecker“
und Eigenbrötler angesehen worden ist und sozial
isoliert blieb, wie einige Autoren behaupten, ist wegen
der unsicheren Quellenlage weder seriös zu belegen noch
zu widerlegen. Entsprechendes gilt für die Behauptung,
Hitler habe sich an der Front zum besonders radikalen
Antisemiten entwickelt.
Hitler wurde ein einziges Mal befördert: Am 1.
November1914 wurde er Gefreiter. Er erhielt am 2.
Dezember 1914 das Eiserne Kreuz (EK) II. Klasse. Anfang
Oktober 1916 wurde er in der Somme-Schlacht durch
Granatsplitter am Oberschenkel verwundet und kam für
zwei Monate ins Lazarett nach Beelitz. Am 17. September
1917 erhielt er das Bayerische Militärverdienstkreuz
III. Klasse und am 8. Mai 1918 das Verwundetenabzeichen.
Im Frühjahr 1918 erhielt er eine Regimentsauszeichnung
für Tapferkeit, am 4. August folgte die Dekorierung mit
dem relativ selten vergebenden EK I für besondere
Tapferkeit (lediglich 218.000 der 13 Millionen deutschen
Soldaten waren EK I-Träger, zumeist Offiziere und
Unteroffiziere).
Mitte Oktober 1918 erblindete Hitler durch Senfgas
vorübergehend und wurde ins Lazarett nach Pasewalk
verlegt, wo er das Kriegsende erlebte.
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