Lemmy und Sam Gopal

Nach den Londoner Konzerten war das Publikum nahezu ausgeflippt vor Begeisterung und Gopal, der ein ziemlicher Wichtigtuer war, dachte, dass dem Star-Ruhm nun nichts mehr im Wege stünde. Lemmy nahm die Wichtigtuerei nicht so ernst, schließlich brauchte es in dem Business Selbstbewusstsein, auch wenn das manchmal ausuferte. Immerhin hatte er bei Gopal die Möglichkeit, Titel nach seinen eigenen Vorstellungen zu schreiben. Und die landeten sogar auf dem Album, das sie veröffentlichten. Es hieß „Escalator“ und Lemmy war darauf noch als Ian Willis vertreten, nach seinem Stiefvater. Das Album war ein glatter Flop. Nicht nur Lemmy sah keine Zukunft für die Band, auch wenn der Misserfolg des Albums größtenteils der Plattenfirma Stable zuzuschreiben war. Die anderen sahen das genauso. Schließlich gaben sie ihre Band-Karriere bei Sam Gopal nach einem Jahr auf.
Lemmy, inzwischen 23 Jahre alt, nahm erst einmal eine Auszeit.
Er hatte Spaß, der allerdings überschattet wurde durch das Elend, das er bei vielen Kumpels mitansehen musste, die die „falschen“ Drogen konsumierten und viel zu früh daran zugrunde gingen. In jener Zeit verfestigte sich sein Hass gegen Heroin. Bei Gopal hatte er die Droge Methedrin für sich entdeckt. Ein Trip löste den nächsten ab. Er trieb sich herum und machte einschlägige Erfahrungen, auf deren Wiederholungen er nicht erpicht war. Auf seine Weise begriff er, was ihm „gut“ tat und was nicht. Obwohl er das Nichtstun genoss, war das Herumtreiben auf Dauer nicht seine Sache.
Eine neue Band stand in Aussicht, als er Simon King begegnete. Das war im Londoner Stadtteil Chelsea, wo die Musiker von Opal Butterfly im Einkaufszentrum abhingen und tranken. Zu denen gehörte Simon King. Er war ihr Schlagzeuger.
Lemmy wurde Mitglied der Band. Die war allerdings schon auf dem absteigenden Ast, löste sich bald auf, war sozusagen der letzte Vorläufer, bevor Lemmy nach einigen Monaten zu Hawkwind kam.
Den Einstieg bei Hawkwind verdankte er Dikmik, also Mike Davies, dem Keyboarder. Während seiner Auszeit hatte er mit dem herumgehangen, Speed genommen und die Grenzen des menschlichen Körpers ausgelotet. Ursprünglich gehörte Dikmik im November 1969 zu den Gründungsmitgliedern der Band, hatte wegen eines schweren Unfalls pausieren müssen und nun, da das Geld zur Neige ging, wollte er wieder bei Hawkwind einsteigen. Doch nicht ohne seinen Kumpel Lemmy.
Wie das Leben so spielt – der Gitarrist Huw Lloyd hatte sich zu einem langen Acid-Spaziergang aufgemacht, erschien erst nach fünf Jahren wieder und so hatte Lemmy tatsächlich eine Chance, einzusteigen. Er fand ohnehin, dass diese durchgeknallten Kerle zu ihm passten. Er hatte sie bei einem Konzert im Roundhouse gesehen, einer Konzerthalle, die vordem ein riesiger Lokomotivschuppen gewesen war. Und weil er sich diese Typen, die ihr Programm runterschrubbten, nicht anschauen konnte, dachte er, dass es cool wäre, stattdessen bei denen zu spielen. Er wollte Leadgitarrist sein, wurde aber schließlich als Bassist aufgenommen. An seinem Stil änderte sich nicht viel. Er spielte den Bass wie er Rhythmus-Gitarre gespielt hatte. Letztendlich wurde diese Spielweise zu seinem Markenzeichen. Zu Hawkwind gehörte Lemmy von 1972 bis 1975.

Hawkwind und die Silver Machine >>>


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