Von London erhoffte sich Lemmy viel.
Nein, alles. Die Birds, denen er einige
Zeit überallhin gefolgt war, nahmen ihn
mit. Er hatte sie in Northwich bei
Manchester wiedergetroffen.
In London angekommen, rief er Neville
Chesters an, der als Roadie schon bei
The Merseybeats gearbeitet und auch bei
The Who die Organisation gemanagt hatte.
Der bot Lemmy eine Bleibe an.
Chester arbeitete zu jener Zeit für The
Jimi Hendrix Experience. Die Wohnung, in
der Lemmy untergekommen war, bewohnte
außerdem Noel Radding, der bei Hendrix
Bassist war.
Zwar hatte in den USA noch niemand von
Jimi Hendrix gehört, aber in
Großbritannien hatte der
Ausnahmegitarrist sein Publikum bereits
im Sturm erobert. Bei ihm und seiner
Band konnte Lemmy erst einmal arbeiten.
Nicht als Musiker, sondern in der Road
Crew. Er war ein Mann für alles.
Wenngleich Lemmy mit Hendrix kaum
näheren Kontakt hatte, so konnte er ihn
dennoch bei den Shows erleben. Und das
allein war nicht ohne!
Ende 1967 war Lemmy unter anderem bei
der zweiten Hendrix-Tour durch
Großbritannien dabei. Die Road Crew
musste verdammt harte Arbeit leisten. Um
Schritt zu halten und das tägliche
Pensum zu schaffen, hielten sich die
Jungs mit Drogen fit. Die gesamte Crew
war auf Acid, wie LSD bei Insidern
genannt wurde. Anfangs war die Droge ja
noch legal. In manchen Clubs gab es
sogar einen Trip gratis, der wurde am
Eingang verteilt. Später wurde Acid dann
per Gesetz verboten, wurde aber weiter
genommen. Lemmy nahm eine Menge davon.
Hendrix ließ ihn die Trips besorgen,
nahm selbst immer sechs davon und
überließ Lemmy vier. Und er nahm Pillen.
Aufputschmittel aller Art waren
angesagt, um gute Arbeit zu leisten, um
Spaß mit den Mädchen zu haben und um gut
drauf zu sein.
Eine Tournee ist kein erholsamer
Spaziergang. Was abends auf der Bühne
leicht aussieht, muss beinhart
vorbereitet werden. Hendrix war ein
Wahnsinniger, ein genialer Gitarrist,
der alles gab.
Bei ihm kam aber auch der Spaß nie zu
kurz. Die Mädchen lagen ihm zu Füßen,
himmelten ihn an und er hatte ständig
welche in seinem Schlafzimmer, meistens
mehrere auf einmal. Diejenigen, die dort
nicht mehr unterkamen, vergnügten sich
mit der restlichen Crew. Lemmy war’s
recht.
Er hat es als Glück empfunden, für
Hendrix arbeiten zu dürfen, auch wenn er
Drecksarbeit verrichtete. Es war eine
verdammt ehrliche Drecksarbeit, die ihm
zudem eine unwiederbringliche Begegnung
mit einem der bedeutendsten Gitarristen
eingebracht hatte.
Als Jimi Hendrix am 18. September 1970
in London an einer Überdosis
Schlaftabletten in Verbindung mit
Alkohol starb, in den „Club 27“ einging
und Lemmy später gefragt wurde, ob er
über dessen Tod überrascht war, sagte
er: „…Ich war angepisst, ich wollte an
jenem Tag für einen freien Posten in
seiner Band vorspielen.“
Nun ja, die Band hatte in dieser Form
ohnehin nur bis 1969 existiert.
Lemmy suchte sich in London Bands, in
denen er spielen konnte. Seinen ersten
Job als Gitarrist bekam er bei P. P.
Arnold, die auch schon mit Jimi Hendrix
und The Who auf Tour gewesen war. Sie
war eine der Ikettes und in England
schon durch einige Hits bekannt. Bei ihr
konnte Lemmy allerdings gerade einmal
zwei Wochen bleiben. Sie merkte schnell,
dass er kein Leadgitarrist war. Für
Lemmy ging die Suche nach einer Band von
Neuem los.
Er traf auf Sam Gopal. Besser gesagt, er
wurde ihm vorgestellt. Von Roger D’Elia,
einem Gitarristen, in dessen Haus Lemmy
dann auch vorübergehend wohnte. Der war
gerade dabei, gemeinsam mit Sam Gopal,
eine Band zusammenzustellen, nachdem
sich kurz zuvor die Band Sam Gopal Dream
wegen Erfolglosigkeit aufgelöst hatte.
Phil Duke sollte als Bassist einsteigen
und Gopal, der aus Malaysia kam, spielte
Tabla, ein nordindisches
Schlaginstrument, das aus zwei kleinen
Kesseltrommeln bestand. Sie suchten noch
einen Typen, der den Gesang übernahm und
Gitarre spielte.
Lemmy wurde Mitglied der Band.
Hauptsächlich war die Musik von Sam
Gopal, so nannte sich auch die Gruppe,
nur ohne den Traum-Zusatz, eine Mischung
aus Psychedelia, Blues und nahöstlichen
Rhythmen. Mit Gopal ging Lemmy auf Tour.
Die hatte ihn bis nach Deutschland
geführt.