Schon in Lemmys erstem Jahr sang er mit
der Band die Single „Silver Machine“
ein. Damit landete Hawkwind einen Hit,
der es in den britischen Charts auf den
dritten Platz und in den Schweizer
Charts sogar auf den ersten Platz
schaffte. Das Studioalbum „Doremi Fasol
Latido“ folgte, und 1973 ging die Truppe
auf die Space Ritual Tour. Der
Live-Mitschnitt, der als Album
veröffentlicht wurde, platzierte sich
ebenfalls beachtlich in den Charts.
Ihre Auftritte, die sie durch Europa und
nach Amerika führten, wurden immer
eindrucksvoller. Zur Band gehörte die
Tänzerin Stacia Blake. Sie war groß.
Alles an ihr war imposant, vor allem die
Oberweite. Sie gehörte zur Bühnenshow,
tanzte wenig bekleidet oder nackt und
bemalt vor der Band und war natürlich
der Hingucker.
Mit dem Album „Warrior on the Edge of
Time“, das 1975 eingespielt wurde, ging
Hawkwind auf Nordamerika-Tour. An der
kanadischen Grenze sah man Lemmys
Kokain-Besitz ziemlich verbissen, und
der Zoll nahm „Arglosen“ fest. Der Rest
der Band reiste weiter nach Toronto,
während Lemmy in Untersuchungshaft sein
Dasein fristete. Er wurde jedoch völlig
überraschend gegen Kaution auf freien
Fuß gesetzt. Klar, die Band brauchte
ihren Bassisten. Außerdem hatte sich
herausgestellt, dass das besagte Kokain
„nur“ Amphetaminsulfat war. Die Anklage
wurde fallengelassen. Die Band hatte ihm
neben der Kaution auch ein Flugticket
nach Toronto besorgt und Lemmy kam
gerade noch rechtzeitig an – unmittelbar
nach dem Soundcheck.
Der Auftritt, zu dem es der
Ersatz-Bassist ohnehin nicht mehr nach
Kanada geschafft hätte, ging mehr oder
weniger reibungslos über die Bühne. Das
dicke Ende kam für Lemmy gegen vier Uhr
in der Früh. Er wurde gefeuert.
Für ihn offenbarte sich damit die
Verlogenheit der Hippie-Kultur. Hätte er
Acid dabei gehabt, wäre alles halb so
schlimm gewesen. Egal, was er dabei
gehabt hätte, selbst Heroin, die Band
hätte ihn um ihrer selbst Willen so oder
so aus dem Knast geholt. Es ging einzig
allein um den Gig. Sein Speed, das ihn
funktionsfähig hielt, gehörte für die
meisten sowieso zu den „falschen“
Drogen.
Das Kapitel Hawkwind war also für Lemmy
beendet und das zu einem Zeitpunkt, da
die Band kurz vor ihrem Durchbruch in
Amerika stand. Allerdings hatte sie sich
mit Lemmys Raussschmiss ein Eigentor
geschossen, weil sie einen Ersatz
brauchten. Dass die Band den Durchbruch
nicht schaffte, lag also vermutlich am
Nachfolger Paul Rudolph. Als
Leadgitarrist bei den „Pink Fairies“ war
er großartig, aber als Bassist bei
Hawkwind war er mittelmäßig. Sie
spielten noch ein paar Konzerte und
sagten schließlich den Rest der Tour ab.
Der Versuch, Lemmy in die Band
zurückzuholen, scheiterte. Der neue
Bassist und die beiden Schlagzeuger,
Alan Powell und Simon King, die nun das
Sagen hatten, stimmten dagegen.