An der Küste von Wales, in Conwy, gab es
eine Farm, die direkt in den Bergen lag.
Dahin zog die Familie. Lemmy lernte beim
Umherstreifen durch die Felder das
Alleinsein kennen und nahm es für sich
als eine Erfahrung an, die ihn ein Leben
lang vor deprimierender Einsamkeit
schützen sollte. Er lernte, sich selbst
genug zu sein.
Dann jedoch brachte der Stiefvater ihn
in einer Waschmaschinenfabrik unter. Der
Ernst des Lebens begann mit einer
stupiden Arbeit, für die man eine
Schraube locker haben musste, ansonsten
zermürbte sie einen. Immer dieselben
Handgriffe. Irgendetwas musste
zusammengeschraubt werden, landete dann
in einem Karton. Wenn der voll war,
wurde der nächste auf diese Art gefüllt
und so fortan. Das war nichts für Lemmy.
Er entschied sich für eine natürliche
Reaktion – er ließ sich die Haare
wachsen. Als diese dann für die
damaligen Verhältnisse eine anstößige
Länge hatten, flog Lemmy aus der
Waschmaschinenfabrik hinaus. Für ihn
eine Erlösung.
Nicht lange nach dem Rausschmiss fand er
einen Gleichgesinnten, mit dem er sich
in Cafés und Tanzlokalen herumtreiben
konnte, der auch lange Haare, zudem
einen langen Schnurrbart hatte und mit
dem Lemmy das Abhängen ebenso geil fand
wie das Aufreißen von Mädchen. Am
meisten Spaß machte es, wenn es um die
Mädchen anderer Kerle ging.
Lemmy und Ming – der Typ nannte sich
nach dem Kaiser Ming in der Comicreihe
„Flash Gordon“ - hatten immer wieder
neue Ideen, wie sie sich den Tag
vertreiben konnten. Eine, ihrer Ansicht
nach, großartigsten Ideen war es, in die
Drogenszene hineinzuschnuppern. Das war
cool und brachte Spaß. Einer von Lemmys
alten Kumpeln, natürlich auch mit sehr
langen, beeindruckend langen Haaren und
einer kurzzeitigen Lebenserfahrung in
Manchester, konnte alles beschaffen, was
zum Einstieg in die Drogenszene nötig
war.
Es fing vergleichsweise harmlos mit dem
Rauchen von Dope an, bis der alte Kumpel
Ronnie Watson härtere Geschütze auffuhr.
Als er Lemmy zu Speed, also
Methamphetaminhydroclorid, überreden
wollte, waren der kleine Totenschädel
und die gekreuzten Knochen auf der
Ampulle zwar ein toller Anblick, aber es
war so gar nicht nach Lemmys Geschmack,
sich das Zeug in den Arm zu spritzen.
Diese Abneigung hielt sich ein Leben
lang. Er wich nie davon ab. Robbie
handhabte das immer so, konnte es Lemmy
jedoch beim besten Willen nicht in
dieser Art aufschwatzen. Der schüttete
das Zeug lieber in seine Getränke. Die
Wirkung war wichtig und die kam prompt.
Wenngleich Robbie Watson seinen Freund
Lemmy nicht vom Ritual „Nadel in den
Arm“ überzeugen konnte, punktete er mit
einem speziellen Humor. Der gefiel Lemmy
und festigte die Freundschaft, die Jahre
später durch eine Nadel zu viel ihr Ende
gefunden hat.
Aber da war ja noch Ming.
Mit dem erlebte er viele Dinge, vor
allem eine Ortsausdehnung bis nach
Manchester zur Reviererweiterung.
Mädchen übten eine unermessliche
Anziehungskraft auf den inzwischen
sechszehnjährigen Lemmy aus. Jede
Beziehung war tierisch ernst, jedenfalls
für den Moment. Und als die Mädchen von
Ming und Lemmy zum Ferienende
zurückgingen nach Stockport, zogen die
Jungs hinterher. Schließlich waren die
Beziehungen ernst gemeint, so ernst wie
der Spaß am Sex eben ist.