Geschichte der Jeans - Die Arbeiterhose
Der Beginn der Geschichte der heute zu den weltweit
populärsten Oberbekleidungsstücken zählenden Jeans
wird zumeist Mitte des 19. Jahrhunderts vermutet.
Damals begann in den USA eine von einem fränkischen
Auswanderer ausgelöste massenhafte Nachfrage nach
dem robusten Hosentextil. Tatsächlich ist die
Geschichte der Jeans aber viel älter und beginnt in
Europa.
Die Geburt der Jeans - Ein Versehen?
In der norditalienischen Stadt Genua, die früher
berühmt für ihre Textil-Tradition war, wurde im
Mittelalter ein Kordstoff entwickelt, der unter den
vom Stadtnamen „Genoa“ („Genua“) abgeleiteten
französischen Bezeichnung „Gênes“ („Jeans“) bekannt
wurde. Um 1600
versuchten plagiatorisch
ausgerichtete Weber im französischen Nimes den „Gênes“-Stoff
zu kopieren. Das Ergebnis ihrer Bemühungen war zwar
kein Kord-Jeans-Stoff, aber ein neuartiges festes
Gewebe, das nach seinem Ursprungsort „Serge de Nimes“
(= „Denim“) benannt wurde.
Im 18. Jahrhundert kam Denim auch nach Nordamerika.
Hier wurde der widerstandsfähige Stoff vor allem für
Zeltplanen verwendet. 1853 kam der als Löb Strauß
(1829-1902) geborene jüdische Oberfranke und 1847
aus wirtschaftlichen Gründen und wegen der
antisemitischen Gesetzgebung seiner Heimat in die
USA ausgewanderte Textilhändler Levi Strauss auf
eine epochale Idee. Er ließ in Kalifornien für die
Goldgräber in der Umgebung von San Francisco aus
braunem Segeltuch stabile Arbeitshosen und Overalls
schneidern, die er mit Erfolg verkaufte. Im
Folgejahr ersetzte er das extrem steife Segeltuch
durch das geschmeidigere, indigogefärbte Denim: Die
Ur-„Blue Jeans“ war geboren (Der Begriff „Blue
Jeans“ selbst wurde allerdings erst in den 20er
Jahren des nächsten Jahrhunderts allgemein üblich.).
Nieten und Taschen an die Denim Jeans
Der aus Lettland stammende Jacob Davis entwickelte
um 1870 das Prinzip der an den Taschen
nietenverstärkten Jeans. Da Davis die
Verwaltungsgebühr (75 US-Dollar) für die
Patentierung seiner Idee nicht aufbringen konnte,
sprang Strauss ein.
1873 patentierte er zusammen mit Davis
die Nietenhose und legte damit endgültig den
Grundstein für den bis heute anhaltenden Boom der
Jeans. Bereits 1883 beschäftigte „Levi Strauss &
Co.“ mehr als 500 Mitarbeiter. Daraus hat sich bis
heute ein weltweiter Konzern mit etwa 12.000
Beschäftigten und einem Jahresumsatz von ungefähr
vier Milliarden US-Dollar entwickelt. Levi´s
produzierte im Laufe seiner Firmensgeschichte
zahllose Jeans-Modelle in Röhrenform, als Karotte,
als sackartige „Baggy Pant“-Variante oder mit
Schlag, für Männer, Frauen und Kinder, deckend
eingefärbt oder stonewashed. Als der Klassiker gilt
Kennern die puristische und genietete 501. Neben
Levi´s teilen sich inzwischen zahlreiche weitere,
zumeist US-amerikanische Großunternehmen wie
Wrangler, Lee, Diesel oder Mustang, den lukrativen
Jeans-Markt.
Die Jeans war als Arbeitshosen konzipiert. Da es
aber viele Menschen in den USA gab, die sich kaum
mehr als eine Hose leisten konnten, wurden Jeans,
vor allem auf dem Land, bald die allgemeine
Alltagskleidung der US-Bevölkerung (Wer erinnert
sich nicht an die allgegenwärtigen Jeans der
TV-Familie Walton?).
Kein Bedarf an Jeanshosen nach dem Krieg
In der europäischen Nachkriegszeit, in der
allmählich wieder allgemein ein gewisser Wohlstand
aufkam, waren die Gesellschaften aber zugleich auch
in kleinbürgerlichen Traditionen erstarrt.
Dem gegenüber
orientierte sich die nachwachsende
Generation massenkulturell zumeist an den USA. Der
modische Einfluss, den die in Europa stationierten
GIs durch das Tragen von Jeans auf die Jugendlichen
hatte, war enorm. Die jungen Leute hatten mit dieser
Hose eine willkommene Ausdrucksform für ihre
Unangepasstheit und für ein rebellisches Denken in
der Kleidung gefunden. Die Jeans wurde zum Signal
dieser Einstellung.
Wenn diese textile Rebellion in den meisten Fällen
auch nur harmlose Pose war, so reagierte das
Establishment der Eisenhower- und Adenauer-Zeit
überaus gereizt und unsouverän auf das bis dahin
weitgehend unbekannte Phänomen einer eigenständigen
Massen-Jugendkultur mit eigenen Konsumvorstellungen.
Die Jeans wurde auch in Deutschland zum Symbol eines
verbissen geführten Kulturkampfes. Jeans-Träger
wurden
in der BRD als „Nieten“ diffamiert und in der
DDR zu „Freunden des Klassenfeindes“ abgestuft.
In den
1960er Jahren erfuhr die Jeans, die seit 1948
auch in Deutschland produziert wurden, das gleiche
Schicksal wie auch später andere Versatzstücke
nonkonformistischer Jugendkultur: Sie wurden
kommerzialisiert. Die bequemen Jeans, bei deren
Frauen-Versionen bis etwa 1970 der Reißverschluss
nicht wie bei den Männern vorne, sondern seitlich
angebracht war, wurden, nicht zuletzt als Folge des
beginnenden Jugendkultes in der Mode, flächendeckend
nun auch für die Mittelschicht tauglich.
In
1990er Jahren gingen die Verkaufszahlen
kurzzeitig zurück, weil sich viele Jugendliche von
den ihnen arriviert erscheinenden blauen und
schwarzen Hosen abwandten. Mittlerweile ist dieser
Trend weitgehend rückgängig gemacht worden.
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