DDR Mode - Modischer DDR-Alltag
Nach dem Krieg waren es die Trümmerfrauen
gewesen, die die Städte vom Schutt der Ruinen
befreiten. Für diese Arbeit war keine modische
Bekleidung nötig. Alte Männerhosen wurden
getragen und das typische Accessoire waren die
vorn gebundenen Kopftücher. In den fünfziger
Jahren waren die meisten Trümmer beseitigt und
die Frauen wollten sich – unabhängig von der
Gesellschaftsordnung – schick anziehen.
Zu Beginn des ersten Jahrzehnts nach Kriegsende,
das zugleich das erste Jahrzehnt der DDR war,
präsentierten die Modeverantwortlichen u. a.
Straßenkostüme für den Sommer, deren Röcke
plissiert waren. Kleine Fältelungen oder breite
Falten machten die Röcke und Kleider beschwingt.
Dazu trug Frau eine taillenkurze Jacke und meist
eine
Handtasche am Unterarm. Der angewinkelte
Arm brachte die Tasche seriös zur Geltung.
Schultertaschen gab es noch
nicht. Glaubt man
den damaligen Modezeitungen, dann trugen die
Damen fast immer einen Hut. Doch die jungen
Frauen mit langen Haaren wählten lieber eine
Pferdeschwanz-Frisur, wie sie sie bei Caterina
Valente abgeschaut hatten und auf die kein Hut
passte. Die Sängerin hatte in den Fünfzigern
einen grandiosen Start ihrer Gesangskarriere und
die jungen Frauen ahmten sie gern nach. Da in
Ost und West noch annähernd die gleichen Filme
gezeigt wurden, wurden die Darstellerinnen
schnell zu modischen Vorbildern und bestimmten
auch die Mode in der DDR.
Unabhängig davon wurden Kleider, die einen
geraden Schnitt hatten, in den Zeitschriften
vorgestellt. Diese Kleider waren entweder ganz
glatt und unauffällig oder weit schwingend und
mit Falten versehen. Beide Linien konnten durch
einen Gürtel zur Betonung der Taille für ein
besseres Outfit aufgewertet
werden. Manche Plissierung begann erst in Höhe
des Oberschenkels. Sommerkleider hatten kurze
oder angesetzte Ärmel. Es gab die Modelle auch
ärmellos. Für berufstätige Frauen, die nicht
gezwungen waren, eine bestimmte Arbeitskleidung
zu tragen, gab es Hemdkleider mit und ohne
Taschen. Dazu waren schmale Gürtel gefragt.
Auffallend waren die spitz ausgeschnittenen
Kreationen, bei denen der Kragen farblich
umrandet sein konnte. Besonders schick für die
Freizeit waren die sogenannten Pullover-Blusen,
deren Ärmel umgekrempelte Manschetten aus
Wollmaterial hatten. Die Bluse war wie ein
Pullover mit großem Schalkragen gearbeitet und
wurde mit einem engen Rock getragen, der durch
einen Gürtel besonders zur Geltung kam. Das
Ensemble wirkte sehr elegant. Allerdings waren
die meisten Damen gezwungen, sich eine derartige
Pullover-Bluse selbst zu stricken, denn die
Modelle, die in den Modezeitschriften so
verheißungsvoll aussahen, waren selten in den
Geschäften zu finden.
Sommerliche Freizeitmode bestand in den
Fünfzigern u. a. auch aus einem Ensemble, das
aus einem durchgehend knöpfbaren Oberteil mit
einem Rundkragen und einer kurzen Hose bestand.
Dazu wurde ein Kopftuch empfohlen, das vorn um
den Hals gewunden und hinten verknotet wurde. Es
erinnerte an die Damen in Filmen, denen es
vergönnt war, in einem Cabriolet mitzufahren.
Für einfarbige, elegante Nachmittagskleider
wurde beispielsweise u. a. ein Material aus
Streichgarn-Wollkrepp verarbeitet. Diese Kleider
sahen sehr sachlich und erwachsen aus. Ein
farbgleicher Gürtel und eine Brosche waren oft
der einzige Schmuck. Gerade diese Schlichtheit
verlieh ihnen einen besonderen Charme. Die Ärmel
waren lang und hatten einen anliegenden, geraden
Schnitt. Doch so ein Nachmittagskleid entsprach
nicht der tatsächlichen Situation der Frauen,
die es sich gar nicht erlauben konnten, zu jeder
Tageszeit die Garderobe zu wechseln. Dessen
ungeachtet konnte so ein Anblick beim
Durchblättern der Zeitschriften den Damen
durchaus einen sehnsüchtigen Seufzer entlocken.
Schließlich begann sich die gesellschaftliche
Rolle der Frauen – dank ständiger Agitation –
gerade erst zu verändern. Da waren ein paar
Wunschträume durchaus noch im Rahmen des
Erlaubten. Ansonsten lag es nicht im Interesse
der kontrollierten Modeschöpfer,
überdurchschnittlichen Bedarf zu wecken.
Trotzdem versäumte man nicht, immer wieder und
bei jeder Gelegenheit die Schönheit der
werktätigen Frau zu preisen. Eleganz durfte
sein, wenn sie bescheiden daherkam und die Frau
ansonsten für den Aufbau des Sozialismus tätig
war.
Im Laufe des Jahrzehnts wurden immer mehr Mode-
und Textilgeschäfte der HO und des KONSUM
eröffnet. Schaufensterbummeln war eine begehrte
Freizeitbeschäftigung, die nicht gleichermaßen
damit zusammen hing, dass Frau tatsächlich Mode
kaufte. Die pfiffige Frau der
Aber das war kein spezifisches DDR-
neuen Zeit holte
sich Anregungen, um diese dann zu Hause
preiswert umzusetzen. Das waren die Damen
gewöhnt. Schwieriger war es, gute Stoffe zu
bekommen, die gefielen und auch in den
Trageeigenschaften den Ansprüchen der Frauen
entsprachen. Die Damen, die Verwandte in
Westberlin oder Westdeutschland hatten, waren da
klar im Vorteil. Schließlich konnte ein Kleid
zum Abiturientenball nicht aus Kammgarn-Wolle
genäht werden. Darauf hätte selbst die artigste
Tochter widerspenstig reagiert. Die Ballkleider,
die in den Printmedien mit viel Stoff, weiten
Röcken und vornehm wirkenden, langen Handschuhen
abgebildet waren, suchte man in den Geschäften
vergeblich. Dafür musste man eine Schneiderin
bemühen, vorausgesetzt, man beschaffte sich das
edle Material und brachte es selbst mit.
Wollte Frau einen schönen Wintermantel haben,
dann war auch hier das Maßschneidern die beste
Möglichkeit, ihn zu bekommen. Ein kleiner
Samtbesatz am Kragen und an den Taschen, der
Schnitt feminin tailliert und zweireihig
geknöpft, dazu ein keckes Hütchen; schon sah
eine Frau aus wie eine Dame. Das Material war
nicht immer sehr edel. Aber es wärmte.
Die Frauen der ältern Generation, denen eine
besondere Bescheidenheit eigen war, trugen ihre
vorhandene Garderobe auf. In Kombination mit
einer Dauerwelle war das noch das typische der
DDR-Rentnerinnen. Auf den Gedanken, sich
jugendlicher zu kleiden, kamen sie nicht.
Schließlich war so manches Kleidungsstück noch
„gut“ und konnte getragen werden. Wichtig war,
dass die Bekleidung sauber, ordentlich und
vollständig in Ordnung war. Ist es heute noch
vorstellbar, dass Socken gestopft oder
Stoffreste einer Wiederverwendung zugeführt
werden? Nein. Schade! Damals hätte keiner
gedacht, dass eine Wegwerf-Gesellschaft
überhaupt möglich werden kann.
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