Die MV Augusta Geschichte
Mit Flugzeugen fing alles an: 1907 hatte Graf Giovanni Agusta in Samarate (Varese) sein Unternehmen gegründet, in dem bis zu Agustas Tod im Jahr 1927 Flugzeuge hergestellt wurden. Seine Erben entschieden sich jedoch, die Produktion auf Motorräder umzustellen; denn während der Markt für Flugzeuge in Italien schwächelte, stieg die Nachfrage nach Vehikeln für den motorisierten Individualverkehr auf der Straße. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Produktion von Motorrädern in der eigenständigen Firma Meccanica Verghera Agusta, kurz MV Agusta, in Cascina Costa.
Im Herbst 1945 präsentierte Agustas Sohn Domenico der Öffentlichkeit die erste MV Agusta. Eigentlich hatte das Modell „Vespa 98“ heißen sollen, doch weil der Name bereits an Piaggio vergeben war, blieb es bei einer schlichten „98“. Ab 1946 wurde die „98“ ausgeliefert, und im gleichen Jahr begann MV Agusta auch, an Motorradrennen teilzunehmen. Mit Erfolg. Am 3. November 1946 wurden alle drei Plätze auf dem Siegertreppchen in Monza von Agusta-Piloten (Vincenzo Nencioni, Mario Cornalea und Mario Paleari) besetzt.
In den 50er Jahren wurden die Motorräder von MV Agusta nicht nur auf internationalen Rennstrecken legendär, sondern auch auf ganz normalen Straßen. Eines der beliebtesten Modelle war damals die sportliche „125 Motore Lungo“, so genannt wegen ihres verlängerten Motorgehäuses.
1953 schaffte es MV Agusta dann erstmals – auch dank der Einführung der einzigartigen 125 Pullman-Modelle – die Marke von 20.000 produzierten Motorrädern zu durchbrechen. Noch im selben Jahr wurde die erste Agusta-Fabrik in Spanien eröffnet. 1954 präsentierte MV Agusta die „175 CSS“, die wegen der Form ihres Benzintanks als „fliegende Untertasse“ bekannt wurde. Dieses Modell sah nicht nur attraktiv aus, sondern erzielte viele Erfolge auf den Rennstrecken. In der zweiten Hälfte der 50er Jahre begann sich ein Ende des Motorrad-Booms abzuzeichnen, doch MV Agusta blieb gegen den Trend bis in die 70er Jahre erfolgreich – das lag auch an innovativen Technologien aus dem Hubschrauber-Bereich, die wegen einer Kooperation mit dem amerikanischen Helikopter-Hersteller Bell fortan in den Motorrädern von MV Agusta zu finden waren.
Die finanziellen Schwierigkeiten von MV Agusta begannen mit Domenico Agustas Tod in den frühen 70er Jahren. Die finanzielle Partnerschaft mit der Beteiligungsgesellschaft EFIM (Ente Partecipazioni e Finanziamento Industria Manifatturiera), führte dazu, dass MV Agusta die Produktion von Motorrädern einstellen musste, das letzte Motorrad wurde 1980 verkauft. 1986 machte MV Agusta noch einmal Schlagzeilen, als Rennmaschinen, Prototypen und Motoren der legendären Motorsportabteilung verkauft werden sollten.

Die Regierung sollte einschreiten, um diese wichtigen Zeugen der Kulturgeschichte Italiens zu schützen. Ohne Erfolg. Für rund 750 Millionen Euro ging das Vermächtnis von MV Agusta an den Italo-Amerikaner Roberto Iannucci.
Im Frühjahr 1992 kaufte die zur Castiglioni-Gruppe gehörige Cagiva Motor den Markennamen MV Agusta. Die Ingenieure hatten nur diesen Namen und den legendären Ruf der Firma, um für Cagiva die MV Agusta der Zukunft zu entwickeln. Die wurde 1997 in Mailand mit der MV Agusta F4 in den Agusta-Traditionsfarben Rot und Silber vorgestellt, die die Herzen von Reportern und Kunden im Sturm eroberte. 1999 strukturierte die Castiglione-Gruppe das Unternehmen um und firmierte fortan unter dem Namen MV Agusta Gruppe. Die MV Agusta Gruppe (MVAG) wurde 2008 vom US-amerikanischen Motorradhersteller Harley Davidson übernommen, doch bereits zwei Jahre später von Claudio Castiglioni zurückgekauft, als Harley Davidson selbst in finanzielle Schwierigkeiten geriet.