Im Kinojahr 2022 stand ein großes Revival an:
Nach mehr als 30 Jahren kehrte das Franchise Top Gun
mit dem Untertitel Maverick auf die Leinwand zurück.
Joseph Kosinski (Oblivion, No Way Out - Gegen die
Flammen) setzte sich diesmal statt des verstorbenen
Tony Scott, Bruder von Ridley Scott, auf den
Regiestuhl. Der Film taucht tiefer ein in die
Vergangenheit des etablierten Piloten Maverick, der
wieder von Tom Cruise verkörpert wird. Cruise
stellte zusammen mit Jerry Bruckheimer (Fluch der
Karibik, Bad Boys, Armageddon) und Co. zugleich das
Produzententeam. Dank ca. 1,5 Milliarden Dollar
Einnahmen an den internationalen Kinokassen gelang
ihnen so der finanziell erfolgreichste Film des
Jahres 2022.
Mit Glass Onion: A Knives Out Mystery stand 2022
eine weitere wohl beachtete Fortsetzung an. Der
Mystery-Thriller mit Daniel Craig und von Regisseur
Rian Johnson (Looper, Star Wars: Die letzten Jedi)
taucht im Sequel in das Setting einer griechischen
Privatinsel ein. Doch auch diesmal geht es wie im
ersten Teil darum, einen hochkomplexen Kriminalfall
zu lösen. Das Kinoerlebnis ist gespickt mit
namhaften Nebendarstellern wie Edward Norton, Kate
Hudson, Ethan Hawke und Hugh Grant.
2022 machten zudem zwei unter Filmkritikern
respektierte Kreativgenies wieder auf sich
aufmerksam: Paul Thomas Anderson und Martin McDonagh.
Mit Boogie Nights (1997), Magnolia (1999),
Punch-Drunk Love (2002) und There Will Be Blood
(2007) gelang PTA – wie er auch abgekürzt genannt
wird – in der Vergangenheit ein Stakkato an
Kritikererfolgen. Sein Film Licorice Pizza erschien
bereits 2021 in ausgewählten Kinos, wurde 2022
jedoch einem größeren und internationalen Publikum
vorgespielt. Diesmal widmet sich der populäre
Meisterregisseur einem faszinierenden
Coming-of-Age-Film mit komödiantischen und
romantischen Elementen, der ein weiteres Mal das
künstlerische Spektrum von PTA eindrucksvoll
aufzeigt. McDonagh hat seine Wurzeln im Theater, was
seine faszinierenden Charakterzeichnungen jedes Mal
aufs Neue beweisen. Der britisch-irische
Theaterautor wurde mit Filmen wie Brügge sehen ...
und sterben? (2008), 7 Psychos (2012) und Three
Billboards Outside Ebbing, Missouri (2017) einem
größeren Publikum bekannt. Sein Film The Banshees of
Inisherin kehrt mit zwei Hauptdarstellern aus Brügge
sehen ... und sterben? zurück: Colin Farrell und
Brendan Gleeson. Der Meister des schwarzen und
makaberen Humors, der für seine brillanten
Drehbücher bekannt ist, erhielt für The Banshees of
Inisherin die Auszeichnung für das beste Drehbuch
auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig
2022. Der Film erzählt von den teils faszinierenden,
humorvollen und absurden Wendungen einer
Männerfreundschaft die Bezüge zur tragischen und
wendungsreichen irischen Historie enthält.
Die Oscars von 2022 fanden noch unter den Ausläufern
der COVID-19-Pandemie statt – und kehrten nach einem
Jahr Abwesenheit zum berühmten Dolby Theatre in Los
Angeles zurück. Drei der begehrten Preise gingen an
den Coming-of-Age-Film CODA, der aus der Feder der
Regisseurin und Autorin Sian Heder (Orange is the
New Black) stammte, darunter auch der zentrale Preis
für das Best Picture. Als wichtiger Preisträger des
Abends galt daneben das Vorjahreswerk Dune des
kanadischen Regie-Genies Denis Villeneuve (Sicario,
Arrival, Blade Runner 2049), ausgezeichnet mit sechs
Preisen. Statt auf die Filme richtete sich ein
großer Teil der internationalen Aufmerksamkeit
jedoch auf die Konfrontation mitsamt Ohrfeige
zwischen Will Smith und Chris Rock, die wochenlang
von Publicity begleitet wurde. Entstanden war der
Zwist, nachdem Chris Rock (je nach Perspektive) in
humoristischer oder beleidigender Weise das Äußere
von Smiths Frau Jada Pinkett Smith zum Gegenstand
eines geschmacklosen Witzes machte.
Die diesjährige Berlinale eröffnete mit François
Ozons (8 Frauen, Swimming Pool) Neuinterpretation
von Rainer Werner Fassbinders Die bitteren Tränen
der Petra von Kant (1972) unter dem Titel Peter von
Kant. Der Goldene Bär der internationalen Jury unter
M. Night Shyamalan (The Sixth Sense, Die Wayward
Pines, Split) ging an den spanischen Film Alcarràs –
Die letzte Ernte, der Goldene Ehrenbär an die
Schauspielerin Isabelle Huppert. Die Internationalen
Filmfestspiele von Cannes 2022 ehrten Ruben Östlunds
Film The Triangle of Sadness, ein tragikomischer
Einblick in das superreiche Leben der Modewelt, mit
der Goldenen Palme.
Die deutschsprachige Filmindustrie konnte 2022
ebenfalls die internationale Aufmerksamkeit auf sich
ziehen. Dafür sorgte die Neuauflage von Im Westen
nichts Neues auf Netflix – die erste original
deutsche Verfilmung des Erzählstoffs, der Erich
Maria Remarque 1928 zu einem literarischen Superstar
machte. Remarques, mit biografischen Erlebnissen
verfeinerte Erzählung über das Grauen des Ersten
Weltkriegs verkaufte sich in Buchform international
mehr als 20 Millionen Mal in insgesamt über 50
Sprachen. Filmisch galt jedoch lange die
amerikanische Produktion All Quiet on the Western
Front (1930) von Lewis Milestone als Nonplusultra
der Romanumsetzung. Die deutsche Interpretation aus
dem Jahr 2022 wurde von Edward Berger (Tatort,
Deutschland 83) und mit Darstellern wie Felix
Kammerer, Albrecht Schuch und Daniel Brühl
umgesetzt.
Nach seinem entlarvenden und mehrfach
Oscar-nominierten Erfolgsfilm Get Out (2017) gelang
Jordan Peele 2022 mit Nope ein weiterer filmischer
Publikumsliebling. Der Genremix aus Western,
Science-Fiction und Horror blickt auf das moderne
Ranchleben afroamerikanischer Gutsbesitzer, die mit
einem mysteriösen Flugobjekt konfrontiert werden,
welches sie für ein UFO halten. Der Film setzt
wieder auf Peeles messerscharfe
gesellschaftskritische Untertöne – nicht ohne das
Publikum mit einer erfrischenden Erzählung zu
unterhalten.
Zu den meistbeachteten Biopics des Jahres zählt Baz
Luhrmanns (William Shakespeares Romeo + Julia,
Moulin Rouge) Elvis. Der Film mit Austin Butler in
der Hauptrolle setzt auf Luhrmanns typische visuelle
Opulenz und vermag das Publikum unmittelbar in das
extrem stilisierte Filmerlebnis hineinzuziehen. Das
Biopic wirft einen Blick auf das facettenreiche und
aufregende Leben von Elvis von seiner Jugend bis zu
seinem verfrühten Ableben – und präsentiert
modernisierte Versionen seiner Diskografie als
Musikbegleitung.
Als weitere von Kritikern und/oder dem Publikum
gefeierte Filme des Jahres galten das Drama Aftersun
von Charlotte Wells, der Abenteuerfilm The Northman
vom Robert Eggers, die
norwegisch-schwedisch-französische Komödie Der
schlimmste Mensch der Welt von Joachim Trier, das
Science-Fiction-Abenteuerwerk Everything Everywhere
All at Once sowie die Predator-Fortsetzung Prey von
Dan Trachtenberg.
Eine Geschichte mit eindringlichem Gegenwartsbezug
erzählt der Netflix-Film The Swimmers. Er beleuchtet
die internationale Odyssee olympischer
Schwimmerinnen aus dem kriegserfahrenen Syrien, die
schließlich in Deutschland landen. Realisiert durch
die ägyptisch-walisische Regisseurin Sally El
Hosaini und ergänzt durch einen internationalen Cast
mit Manal Issa aus Frankreich und Matthias
Schweighöfer aus Deutschland – wurde der im November
2022 releaste Film zu einem späten Überraschungshit
von 2022.