Der als Pionier des Comic geltende Norddeutsche
Wilhelm Busch war bereits in den 1870er Jahren als
einer der populärsten Zeichner im humoristischen
Bereich bekannt. Berühmt wurde er durch mit
satirischen Versen betextete Bildergeschichten wie
„Max und Moritz“ und „Die fromme Helene“. Dabei
hatte sich der eigentliche künstlerische, nie
befriedigte Ehrgeiz von Wilhelm Busch auf die
klassische Malerei bezogen.
Heinrich Christian Wilhelm Busch kam am
15. April
1832 als ältestes von sieben Kindern im zwischen dem
Städtchen Stadthagen und dem Kloster Loccum
gelegenen Weserbergland-Dorf Wiedensahl im Süden des
Königreiches Hannover als Sohn von Friedrich Wilhelm
Busch und Henriette Busch geborene Kleine,
verwitwete Stümke, zur Welt. Bauernsohn Friedrich
Wilhelm Busch brachte es als Betreiber eines
Kaufmannsladen in Wiedensahl zu gewissen Wohlstand,
der es ihm erlaubte, drei seiner Söhne das Studium
zu finanzieren. Möglicherweise hingen die
Bildungsambitionen von Busch-Vater und die damit
verbundene Aussicht auf sozialen Aufstieg seiner
Söhne mit dem Bestreben zusammen, den
gesellschaftlichen Makel, dem er als nichtehelich
geborenes Kind ausgesetzt war, auszugleichen.
Wilhelm Busch war ein eher ängstliches und
zurückhaltendes Kind. Auch als Erwachsener war Busch
ausgesprochen verschlossen, eigenbrötlerisch und im
sozialen Umgang oft schwierig. Ab 1838 besuchte er
die Wiedensahler Dorfschule. 1841 schickten ihn
seine Eltern zu einem Onkel mütterlicherseits, Georg
Kleine, in das drei Tagesreisen (etwa 150 km
Wegstrecke) entfernt liegende Dorf Ebergötzen bei
Göttingen. Ob sich die Eltern zu diesem Schritt
entschieden hatten, um die Bildungschancen ihres
Ältesten zu verbessern oder weil es bei einer
inzwischen auf fünf Köpfe angewachsenen Kinderschar
im Hause schlicht zu beengt geworden war, blieb in
der Busch-Forschung ungeklärt. Onkel Georg Kleine
war protestantischer Pastor und begeisterter Imker.
Er und seine Frau waren dem kleinen Wilhelm
offensichtlich gute Zieheltern. Seine eigentlichen
Eltern sah Busch in den nächsten Jahren nur selten.
Deswegen ist es wohl zu einer emotionalen
Entfremdung gekommen, mit der einige
Busch-Biographen psychische Auffälligkeiten des
späteren Zeichner-Stars zu erklären versuchten. Bei
Onkel Georg, der 1847 eine Pastorenstelle im 50 km
nordwestlich von Ebergötzen gelegenen Dorf Lüthorst
übernommen hatte, erhielt Busch eine Art
Privatunterricht, zu dem auch Zeichenübungen
gehörten.
Im Herbst 1847 begann der 15-Jährige eine Ausbildung
an der 1847 in „Polytechnische Schule“ umbenannten
Höheren Gewerbeschule in Hannover, um nach dem
Willen des Vaters Maschinenbauer zu werden. Kurz vor
dem Abschluss brach er das technische Studium ab, um
mit Zustimmung und finanzieller Unterstützung seiner
zunächst enttäuschten Eltern in Düsseldorf an der
Kunstakademie ab 1851 Malerei zu studieren. 1852
wechselte er an die Königliche Akademie der Schönen
Künste ins belgische Antwerpen, wo er seine große
Liebe zur niederländischen Malerei des 17.
Jahrhunderts entwickelte. Mit seinen eigenen
Fähigkeiten unzufrieden, brach er 1853 nach einer
mehrmonatigen Typhuserkrankung das Studium ab. Mit
seinem Vater, der ihm als letzte Chance ein
Kunststudium in München zu finanzieren bereit war,
überwarf sich Busch und brach den Kontakt zu seinen
Eltern schließlich fast völlig ab. Busch studierte
lustlos in München an der Kunstakademie. Er fand
zwar Kontakt zum wichtigen Künstlerverein „Jung-München“,
für deren Vereinszeitung er erste Karikaturen
zeichnete, aber er sah lange kein künstlerische und
berufliche Perspektive für sich. Der seinen Frust
häufig mit Alkoholkonsum und exzessivem
Tabak-Verbrauch betäubende Busch dachte zeitweilig
sogar daran, als Imker nach Südamerika auszuwandern.
Zur Wende in seinem Leben wurde 1859 das Angebot von
Kaspar Braun, des Verlegers der satirischen
Zeitschriften „Münchener Bilderbogen“ und „Fliegende
Blätter“, regelmäßig Beiträge zu schreiben und vor
allem Karikaturen und Bildergeschichten zu zeichnen.
Diese von Busch lediglich als künstlerisch
zweitrangige Möglichkeit des Broterwerbs betrachtete
Honorar-Tätigkeit brachte ihm schließlich soviel
Geld ein, dass er bescheiden davon leben konnte und
finanziell zunehmend unabhängig wurde. Sein erster
Versuch, eine Liebesbeziehung aufzubauen, scheiterte
dagegen 1862. Der Vater der 17-jährigen Anna Richter
war gegen die Verbindung seiner Tochter zu dem in
unsicheren Verhältnissen lebenden, wesentlich
älteren Künstler, der als Satiriker häufig gegen die
Normen der damaligen Bürgerlichkeit und
Staatlichkeit, gegen Kirchenmuff und klerikale
Doppelmoral anzeichnete.
Busch versuchte sich Anfang der 1860er erfolglos als
Opern-Librettist und seine im Dresdner Verlag
Heinrich Richter veröffentlichten Bilderpossen
fanden auch keine Resonanz. 1865 veröffentlichte
Kaspar Braun Buschs Bildergeschichte „Max und
Moritz“. Zunächst schien auch dieses
Veröffentlichungsprojekt ein Flop zu werden, doch
mit der zweiten Auflage 1868 stiegen die
Verkaufszahlen der von besorgten Pädagogen als
„jugendgefährdend und frivol“ bezeichneten
Frechdachsgeschichte zweier kindlicher
Normverächter, die schließlich als Geflügelfutter
endeten.
Busch war inzwischen von München nach Frankfurt/Main
umgezogen und machte sich einen Namen als ein von
den Zensur-Behörden scharf beobachteter Kritiker mit
dem spitzen Zeichenstift. Busch hatte unter anderem
Erfolg mit der Geschichte vom mittelbar am Alkohol
sterbenden Unglücksraben „Hans Huckebein“ (1867) und
der Bienengeschichte „Schnurrdiburr“ (1869). Mit den
bebilderten, „öffentliches Ärgernis erregenden“
Scheinheiligen-Satiren „Der
heilige Antonius“ (1871)
und „Die Fromme Helene“ (1872) gelang ihm der
endgültige Durchbruch.
1872 zog Busch nach Wiedensahl, seine Eltern waren
mittlerweile gestorben, zurück. Hier lebte er bei
seiner Schwester Fanny und seinem Schwager, dem
Pastor Hermann Nöldecke. Mit seiner 1878 verwitweten
Schwester bildete er bis zu seinem Tod einen
Haushalt, der wesentlich von den
Junggesellenschrulligkeiten, dem Geiz sowie der
Alkohol- und Nikotinsucht des wohlhabend gewordenen
Zeichners geprägt wurde. 1898 zogen die beiden
Geschwister zu Fannys Sohn, Pastor Otto Nöldecke, in
den Harz-Ort Mechtshausen.
Seinen Alkoholismus thematisierte Busch unter
anderem in der Bildergeschichte „Der Haarbeutel“
(1878). Zu den letzten großen Bildergeschichten von
Busch gehörten die Werke „Fipps der Affe“ (1879), „Plisch
und Plum“ (1882), „Balduin Bählamm“ (1884) und
„Maler Klecksel“ (1884). 1886 begab sich Busch auf
eine ausgedehnte Italienreise.
1891 erschien seine Episoden-Novelle „Eduards
Traum“, die nach Buschs Tod am 9. Januar 1908 in
Mechtshausen bei der großen Öffentlichkeit genauso
unbeachtet blieb wie seine etwa 1000 hinterlassenen,
zumeist niedersächsische Landschaften zeigenden
Gemälde. Nahezu ewig frisch und beliebt blieben aber
seine Bildergeschichten, von denen insbesondere „Max
und Moritz“ Weltruhm errang.
Wilhelm Busch
Seiten, Steckbrief etc.