Biografie Astrid Lindgren Lebenslauf

Astrid Lindgren - eine schwedische Nationalheldin
Ihr Name ist untrennbar verbunden mit einer der bekanntesten Kinderbuch-Figuren, an die sich wahrscheinlich jeder erinnern kann. Pippi Langstrumpf hat mit ihrer kunterbunten Behausung und mit ihrer unkonventionellen Lebensart das Leben vieler Kinder geprägt. Die schwedische Schriftstellerin, Astrid Lindgren, hat ihren Dienst an der Menschlichkeit in ihren Kinderbüchern deutlich zum Ausdruck gebracht, sie hat dafür viele Preise erhalten und sich in den Herzen der Kinder ohnehin verewigt.
Astrid Lindgren wurde am 14. November 1907 auf dem Hof Näs, in der südschwedischen Provinz in Vimmerby geboren, die zur Region Småland gehört. Ihr ursprünglicher Name war Astrid Anna Emilia Ericsson. Die kleine Astrid war eines von vier Kindern des Ehepaares Samuel August Ericsson und seiner Frau Hanna. Sie bestritten ihren Lebensunterhalt als Bauern. Astrids Kindheit war – ihren eigenen Aussagen nach – sehr glücklich. Es war eine Kindheit, die gekennzeichnet war von Geborgenheit und Freiheit, zu der eine idyllische Landschaft den äußeren Rahmen bildete. Astrid kam im Jahr 1914 zur Schule. Sie zeichnete sich durch Fleiß, Wissbegierde und Intelligenz aus und durfte nach den ersten drei Schuljahren, die normalerweise das Ende ihrer Schulzeit bedeutet hätten, auf der Schule bleiben. Nicht jedem Kind einfacher Leute war die weitere Ausbildung möglich, da sie extra bezahlt werden musste. Astrid hatte eine schnelle Auffassungsgabe, lernte neben ihrer Muttersprache noch Deutsch, Englisch und Französisch und konnte 1923 mit einem Real-Examen die Schule abschließen. Zunächst arbeitete sie als Haustochter, ging ihren Mutter bei allen Arbeiten zur Hand. Einen konkreten Berufswunsch hatte sie noch nicht.
Im Jahr 1924 erhielt sie eine Anstellung bei der „Vimmerby Tidning“, der regionalen Zeitung. Da sie ihre Muttersprache ausgezeichnet beherrschte, las sie Korrektur, schrieb auch selbst kleine Artikel über die Ereignisse im Ort, lernte alles, was zu einem journalistischen Beruf gehörte. Sie verließ 1926 Vimmerby, als sie schwanger wurde. Die kurze Beziehung, die sie zum Eigentümer der Zeitung gehabt hatte, sah sie nicht als Verpflichtung an zu heiraten. Lindgren, die zu jenem Zeitpunkt noch Ericsson hieß, zog nach Stockholm, fest entschlossen, selbst für sich und ihr Kind zu sorgen. Ihr Sohn Lars wurde am 4. Dezember 1926 geboren und anfangs betreute ihn eine Pflegefamilie in Kopenhagen, da seine Mutter sich auf der Sekretärinnenschule ihrer Ausbildung widmen musste und nur an freien Tagen nach Dänemark zu ihrem Jungen fahren konnte.
Nach ihrer Ausbildung bekam eine Stelle als Sekretärin und arbeitet beim Königlichen Automobilclub. Dort lernte sie Sture Lindgren kennen.
Anfang 1930 holte die junge Frau ihren Sohn zu sich. Während sie selbst noch ihrer Arbeit in der Hauptstadt nachgehen musste, wusste sie ihren Jungen in Vimmerby, auf dem Hof Näs, in guter Obhut. Erst ein Jahr später konnte sie ihren Lars gänzlich zu sich holen, als sie mit Sture Lindgren eine gemeinsame Wohnung bezogen hatte. Die beiden hatten 1931 geheiratet. Astrid Lindgren gab ihre Arbeit auf, kümmerte sich von da an ausschließlich um die Familie und genoss es, mit ihrem Sohn zu spielen. Sie leugnete nie, dass sie am Spielen wohl mindestens ebenso viel Freude gehabt hatte wie ihr Sohn.
Durch eine Empfehlung ihres Bruders konnte sie ab 1933 in einer Landwirtschaftszeitung Geschichten veröffentlichen. Auch die Stockholms „Tidningeneinige“ druckte ihre Weihnachtsgeschichten ab.
Am 21. Mai 1934 wurde Tochter Karin geboren.
Seit dem Ende der dreißiger Jahre arbeitete Astrid Lindgren für Harry Södermann (1902-1956), einem schwedischen Kriminalistik-Professor und ab 1940 war sie beim Nachrichtendienst Schwedens angestellt, wo sie für die Briefzensur zuständig war. Dass sich Lindgren eines Tages völlig der schriftstellerischen Arbeit zuwandte, geschah eher zufällig. Die erste Geschichte, die sie mit diesem Hintergrund 1944 aufschrieb, war die, die sie ihrer Tochter erzählt hatte, während das Mädchen krank war. Die Tochter war es auch, die der Hauptfigur den Namen Pippi Langstrumpf gegeben hatte.
Lindgren, die ihrer Tochter diese Geschichte zum zehnten Geburtstag geschenkt hatte, hatte eine Kopie davon an den Bonniers Verlag geschickt. Diese erste Fassung war der heutigen nicht sehr ähnlich, denn Lindgren überarbeitete sie, nachdem sie für den Jugendroman „Britt-Mari erleichtert ihr Herz“ den zweiten Preis bei einem Wettbewerb gewonnen hatte. Sie machte aus der Geschichte eine, die sich zwischendrin nicht auch an die erwachsenen Leser richtete. Bei dem Verlag Rabén & Sjögren, der den Preis vergeben hatte, reichte sie dann schließlich 1945 die neue Fassung von „Pippi Langstrumpf“ für einen erneuten Wettbewerb ein. Lindgren gewann den ersten Preis. Als das Buch erschien, waren die Rezensionen überwiegend positiv. Ein begeisterter Leserkreis sorgte dafür, dass das Buch immer wieder neu aufgelegt wurde. Weitere Geschichten von Lindgren erschienen, so z. B. „Kerstin und ich“ (1945) und „Meisterdetektiv Blomquist“ (1946). Zudem nahm die inzwischen erfolgreiche Kinderbuchautorin eine Halbtagsstelle als Verlagslektorin an und in ihrer Freizeit schrieb sie weiterhin Geschichten für Kinder.
Es erschienen u. a. „Wir Kinder von Bullerbü“ (1947), „Kati“ (1950), „Mio, mein Mio“ (1954), „Karlsson vom Dach“ (1955), „Nils Karlsson-Däumling“ (1956) und viele andere Geschichten, die alle eine schnelle Verbreitung fanden. Astrid Lindgren hatte sich auf dem Kinderbuch-Markt etabliert. Zu zahlreichen schwedischen Auszeichnungen kamen auch Anerkennungen aus dem Ausland. Beispielsweise erhielt sie 1971 den Iranischen Kinderbuchpreis für „Pippi Langstrumpf“, 1979 den Wilhelm-Hauff-Preis für „Die Brüder Löwenherz“, für die sie auch im selben Jahr mit dem Internationalen Janusz-Korczak-Literaturpreis ausgezeichnet wurde.
Astrid Lindgren setzte sich zeitlebens für Menschenrechte, vor allem die der Kinder und den Tierschutz ein. Ihre Amerika-Reise, die sie 1948 unternommen hatte und zu der sie für die Zeitschrift „Damernas Värld“ unterwegs war, hatte sie tief beeindruckt. Zu jener Zeit waren die Rassentrennung und die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung noch an der Tagesordnung. Lindgren hatte diese Eindrücke in ihren Glossen verarbeitet, deren lockerer Stil nicht über das Entsetzen hinwegtäuschen konnte.
Politisch hatte sich Lindgren stets der Sozialdemokratie zugehörig gefühlt, in deren Partei sie schon seit den dreißiger Jahren organisiert war. Als sich die schwedische Regierung 1976 einen schwerwiegenden Fehler im Steuergesetz leistete, von dem auch sie hautnah betroffen war, war Lindgren sehr enttäuscht und befand, dass die sozialdemokratische Regierung im Laufe ihrer Regierungszeit undemokratisch geworden sei. Ihre Meinung dazu veröffentlichte sie und befürwortete auch die Abwahl der Regierung.
Astrid Lindgren war nicht nur einfach eine schwedische Kinderbuchautorin, die mit einer mehrstelligen Millionenauflage ihrer Bücher einen weltweiten Bekanntheitsgrad hatte und hat, sie war auch stets bemüht, für Gerechtigkeit einzustehen und sich politisch zu engagieren. Für die Schweden war sie ebenfalls mehr als „nur“ eine Autorin, sie wurde landesweit in sozialen und politischen Fragen ernst genommen. Ihre Stimme hatte nicht nur in den Kinderbüchern Gewicht.
Lindgrens Bücher wurden in zahlreichen Verfilmungen wie „Michel aus Lönneberga" weiterverbreitet. In den Jahren zwischen 1947 und 2007 waren es etwa siebzig Geschichten, die ins Fernsehen bzw. auf die Leinwand kamen.
Am 28. Januar 2002 erlag Astrid Lindgren den Nachwirkungen einer Virusinfektion. Sie starb 94-jährig in Stockholm. Die Frau, die sich ihren kindlich-reinen Humor bis ins hohe Alter bewahrt hatte, wurde in Vimmerby zur letzten Ruhe gebettet. Ihre schriftlichen Hinterlassenschaften, die in der Stockholmer Königlichen Bibliothek im Astrid-Lindgren-Archiv untergebracht sind, gehören zum Weltdokumentenerbe. Zu Ehren der Schriftstellerin wird seit dem Jahr ihres Todes jährlich der „Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis“ verliehen. Er ist mit 560.000 Euro weltweit der Preis für Kinder- und Jugendliteratur mit der höchsten Dotierung.