Die Mode der DDR der 1950er Jahre
Zusammenfassend lässt sich sagen, die Mode der
Fünfziger war einfach, hatte immer einen Hauch
Eleganz und entsprach einem althergebrachten
Rollenbild von Mann und Frau. Die einzige echte
Veränderung war der praktische Gesichtspunkt,
der in der Kleidung zunehmend berücksichtigt
wurde.
Die Herrenmode hatte in den Fünfzigern noch
keine gravierende Veränderung erfahren.
Einreihige, sportliche Sakkos aus Streichgarn
kamen auf den Markt, deren Schnitt schlicht und
gerade war. Das Gefühl, ein neues Jackett zu
haben, war ein gutes, auch wenn sich die
Silhouette kaum von der der väterlichen
Garderobe unterschied. Die jungen Leute, die im
Teenager-Alter waren, hatten modisch noch keine
große Auswahl. Ihnen wurde mitunter auch die
abgetragene Kleidung der Väter schön geredet.
Aber das war kein spezifisches DDR-
Problem. Es
herrschte in ganz Deutschland noch lange kein
Wohlstand. Doch wenn Mann einen neuen Anzug
hatte, dessen Bügelfalte korrekt und die Hose
zudem einen Umschlag von etwa fünf Zentimetern
hatte, war das Mitte der Fünfziger ein
untrügliches Zeichen dafür, dass der Herr
modisch gekleidet war. Zweireiher rangierten in
der Anzugmode gleichberechtigt neben den
Einreihern. Die Umschlag-Hosen hatten einen
geraden Schnitt. Sie lagen nicht eng am Bein,
sondern zeichneten sich durch eine bequeme Weite
aus. Die Länge reichte bis zur Mitte der Schuhe.
Die Hosen stauchten nicht, sie waren auch nicht
zu kurz. Im Gegenteil, sie waren adrett und
typisch für das Jahrzehnt. Typisch für die
Fünfziger waren auch Strickjacken für den Herrn,
die an wärmeren Tagen als Außenbekleidung
getragen wurden. Wolle in Verbindung mit einer
Vorderfront aus wildlederähnlichem Material
waren der Renner. Diese Jacken strahlten
Seriosität aus und waren beliebt. Sie waren auch
nicht billig.
Trug Mann einen Hut – der war längst noch nicht
aus der Herrenmode verschwunden -, dann war es
ein Modell aus Leder oder Kord. Auch Tweed-Hüte
waren schon im Handel. Sie waren nicht übermäßig
groß. Charakteristisch war ein seitlicher oder
hinterer Aufschlag. Daneben kursierten
Sportmützen mit einem kleinen Schirm an der
Vorderseite. Doch auch die Barhäuptigkeit
behauptete sich immer mehr.
Sport war geeignet, die Massen friedlich zu
begeistern. Die Strukturen wurden den neuen
politischen Grundregeln angepasst. Für die
Athleten gab es Trikots auf Zuteilung. Für den
Breitensport, der alle mitreißen sollte,
kreierte man
in der DDR in der Mitte des
Jahrzehnts u. a. eine sogenannte
Oberhof-Kollektion, benannt nach dem berühmten
Wintersport-Ort in Thüringen. Hochmodern wurden
für die winterlich-sportlichen Betätigungen
Keilhosen für Männer und Frauen, auch bekannt
als Steghosen oder Skihosen. Dazu konnte ein
Anorak im
Jumperstil getragen werden, der einen
farblichen Kontrast bildete. Ein sportlicher
Pullover, selbst gestrickt oder gekauft,
ergänzte das zeitgemäße Aussehen. Auch Anoraks
mit Steppnähten kamen in den Handel. Die konnten
nicht so leicht selbst genäht werden und Frau
musste schnell sein, wollte sie ein derartiges
Kleidungsstück ergattern.
Im Sommer waren Hemdkittel angesagt, die Frau
über der Badebekleidung trug. Vervollständigt
wurde dieses blusenartige Oberteil mit einem
Gürtel, der den Badeanzug zierte. Der war eher
ein ganzteiliger Luftanzug mit Trägern, die
angeschnitten waren. Da dieser Anzug zwar an den
Gewässern getragen werden konnte, um sich der
frischen Luft auszusetzen, das Material aber aus
Baumwolle bestand, eignete er sich nicht zum
Baden, nur zum Sonnen oder zum Flanieren an den
Ufern.
Kleidchen mit weißen Manschetten und weißen
Kragen für die kleinen Mädchen sahen hübsch aus,
konnten mit einem Hütchen ergänzt werden, hatten
aber in der Schnittform nichts Kindliches. Sie
erinnerten an die Garderobe der Mütter. Um die
Töchter farbenfroh und kindgerecht zu kleiden,
wurden sie von ihren Müttern und Omas bestrickt.
Die so entstandenen Kleidchen waren einfacher
Art, sahen aber niedlich aus und wichen von der
Sachlichkeit der nicht immer so bunten
Stoffkleidchen ab.
Die Jungen trugen Kniestrümpfe und kurze Hosen,
meist auch eine kleine Baskenmütze. Mäntel für
Kinder hatten einen hängenden, geraden Schnitt
und waren fast immer zweireihig. Wenn sie
einfarbig nicht gefielen, dann konnte man auch
auf die karierten Modelle ausweichen. Auch für
die Jungs waren selbst gestrickte Pullover an
der Tagesordnung. Waren sie denen entwachsen,
ließ sich immer noch etwas anderes daraus
stricken oder häkeln. Weggeworfen wurde nichts.
Sobald die Kinder in die Schule gingen, wurde es
mit der modischen Kleidung ein wenig leichter.
Aber nur scheinbar, denn an der Alltagsgarderobe
änderte sich nicht viel. In der Schule wurden
die Kinder zu Jungpionieren und zogen zu allen
besonderen Gelegenheiten schulischer oder
gesellschaftlicher Art ihre Pionierkleidung an.
Die Pionierorganisation war im März 1949
gegründet worden, zu einem Zeitpunkt, da der
östliche Teil Deutschlands bereits einen eigenen
Weg einzuschlagen begonnen hatte.
Die Kleidung für die jüngsten Mitbürger bestand
für die Sechs- bis Zehnjährigen aus einer weißen
Bluse bzw. einem weißen Hemd. Angeboten wurde
die uniforme Pionierkleidung in Geschäften, in
denen auch Sportartikel verkauft wurden.
Typisches Accessoire war ein gestickter Aufnäher
am Ärmel mit dem Emblem der Organisation. Hosen
und Röcke waren dunkelblau und den Kopf zierte
ein ebenfalls dunkelblaues Schiffchen, auch
Käppi genannt. Das blaue Halstuch, das mit einem
besondern Knoten gebunden wurde, krönte die
Pionier-Uniform. Sie war keine Schulbekleidung.
Pflicht war sie nur zu besondern Anlässen. Wer
sie allerdings dann nicht anzog, handelte sich
Ärger ein. Die Zeit des Jungpionier-Seins ging
nahtlos über in die Zeit, in der die Zehn- bis
Vierzehnjährigen Thälmann-Pionieren waren. An
der Kleidung änderte sich nichts. Erst die
Älteren, die der FDJ, der Freien Deutschen
Jugend, beitraten – das ging normalerweise auch
nahtlos vor sich – trugen dann ein Blauhemd mit
einem entsprechenden Ärmel-Aufnäher. Die FDJ
hatte ihren Ursprung weit vor der Gründung der
DDR. Sie geht auf die dreißiger Jahre zurück, in
der Jugendliche in verschiedenen Ländern
politische aktiv waren. Im Jahre 1947 wurde
diese Organisation in
Berlin neu gegründet,
bekam ein anderes Statut und andere Strukturen.
Sie galt als Kaderschmiede und es war wenig
vorteilhaft, wenn man sich ihr nicht anschloss,
stattdessen womöglich in die Kirche ging.
Prinzipiell hatte sich für die Erwachsenen in
der Bekleidung nichts Wesentliches geändert,
verglichen mit der Mode der Endvierziger. Die
Einflüsse der vier Sektorenmächte in Berlin
spielten immer noch eine große Rolle. Bedenkt
man, dass viele Menschen im Ostteil wohnten und
im Westteil arbeiteten, ist das auch kein
Wunder. Die Stadt war bunt und die Mode
vielseitig. Sie in den Geschäften zu kaufen,
konnten sich allerdings nur sehr wenige Menschen
leisten, wenngleich der Reiz für alle
gleichermaßen groß war. Doch auch im Ostteil der
Stadt und ebenso im übrigen Ostdeutschland
wurden immer mehr HO-Läden eröffnet, deren
Preisniveau in Sachen Bekleidung noch
astronomisch war. Viele Zweige der
Textilindustrie hatten inzwischen neue
Produktionsstätten. Die Arbeit war angelaufen
und die Hoffnung war
Aber das war kein spezifisches DDR-
groß, das Defizit zwischen
den Fotografien in den Modezeitungen und dem
Angebot in den Kaufhäusern werde sich
verringern. Der Westen war für die meisten zwar
nicht der Maßstab der Dinge, jedoch der Maßstab
für das Konsumverhalten, das selbstverständlich
die Mode einschloss.
Berlin als Hauptstadt der DDR und
internationales Aushängeschild eines neuen
Gesellschaftssystems war generell am besten
beliefert, nicht nur mit textilen Waren. Wollte
man etwas Besonderes kaufen, war es durchaus
üblich, deswegen nach Berlin zu fahren, auch
wenn dort längst noch nicht alle Waren den
Bedarf der Bevölkerung deckten. Die Auswahl war
auf jeden Fall vergleichsweise groß. Die
Geschäfte waren deshalb zwangsläufig stets
übervoll. Stand irgendwo eine Menschentraube an
einem Geschäft, wurde nicht erst gefragt, was es
gibt. Man stellte sich dazu, hoffend, es würde
etwas Besonderes sein. Ein Einkaufsbummel in der
Hauptstadt war jedes Mal mit enormen Kosten
verbunden. Wenn man ursprünglich einen Anzug für
den Gatten kaufen wollte, man stattdessen mit
einem Kleid oder gar einem Radiogerät zurück ins
Land fuhr, dann war die einzige akzeptable
Erklärung: Das gab’s gerade.
Die Menschen waren noch nicht allzu unzufrieden,
denn die
fünfziger Jahre waren schwer durch die
Nachwirkungen des Krieges gekennzeichnet und
alles war erst im Aufbau. Da war die Einsicht in
den Mangel ein Gebot der Vernunft. Man war froh,
dass sich nun alles um den Erhalt des Friedens
drehte. Und um ein vereintes Deutschland, obwohl
der westliche Nachbar wenige Monate vor der
DDR-Gründung, am 24. Mai 1949, die
Bundesrepublik Deutschland verkündet hatte,
deren Bestrebungen demokratischer, nicht aber
sozialistischer Art waren.
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