Das Ende der DDR und ihrer Mode
Zum Ende der 80er Jahre hatte sich die DDR trotz
ihrer Planwirtschaft dazu durchgerungen,
Jeansbekleidung in die Massenproduktion
aufzunehmen. Mit einem sogenannten
Jeans-Programm sollte dem Bedarf Rechnung
getragen werden. Vielleicht hatte man erkannt,
dass Jeans eine zeitlose Beinbekleidung waren.
Sie sind es ja heute noch. Doch was die
Jugendlichen tatsächlich wollten, konnte von der
DDR-Jeans-Kollektion nicht erfüllt werden. Sie
stieß auf Ablehnung. Es war nicht einzusehen,
dass gerade eine Hose, die aus dem
Arbeitsbereich kam, in einem Arbeiter- und
Bauernstaat keine Akzeptanz fand und deshalb in
der Original-Variante nicht gern gesehen war.
Für die Jugendlichen waren die Jeans eine Frage
der Einstellung, ein Ausdruck von Freiheit –
aber nicht ein Ausdruck der unbedingten
Zugehörigkeit zur DDR. Den DDR-Jeans sah man
ihre Herkunft zu deutlich an. Mit einer
einmaligen Jeans-Importlieferung war die
Unzufriedenheit auch nicht aus der Welt zu
schaffen. Es kriselte ohnehin im ganzen Land.
Die Mode war da nur ein kleiner Bereich.
Als schließlich die Massenflucht der DDR-Bürger
nach Ungarn, von dort über die Grenze nach
Österreich und weiter in die BRD begann, warf
der heiße Sommer drohende Schatten voraus.
Schatten, die für viele Bürger eine Hoffnung auf
Freiheit in sich trugen.
Und als schließlich der Herbst eine friedliche
Revolution und am 9. November 1989 den Fall der
Mauer herbeiführte, war das Ende der DDR nur
noch eine Frage der Zeit. Ein Jahr später, am 3.
Oktober 1990, trat die DDR offiziell der
Bundesrepublik Deutschland bei. Damit war die
Wiedervereinigung vollzogen.
Die DDR hatte aufgehört zu existieren.
Wenn heute von einer ehemaligen DDR die Rede
ist, dann stellt sich die Frage: Gibt es eine
heutige DDR? Nein, natürlich nicht. Es gibt gar
keine DDR mehr.
Erinnert man sich in der Rückschau an die Mode
der vier Jahrzehnte, dann lohnt es sich, genau
hinschauen. Man kann diese Mode kritisieren, man
kann sie belächeln. Nur eines wäre ungerecht,
wenn man sie nämlich als farblos darstellt, sie
als einfallslos abstempelt und sie ablehnt. Sie
hatte ihre Eigenheiten, sie hatte ihre
Skurrilitäten und sie hatte manchmal einen viel
zu biederen Charme. Aber sie war weder hässlich
noch ausschließlich Grau in Grau. Im Gegenteil.
Durch die Kreativität der Menschen, die sich
gegen die Massenkonfektion entschieden und
selbst nähten, war sie bunter und
einfallsreicher als anderswo. Auch die
Messemodelle, die nur wenigen Menschen vergönnt
waren, hatten soliden Charakter und hätten auf
manchem internationalen Laufsteg bestehen
können. Doch da wurden sie nie gezeigt. Ein Für
und Wider findet sich in jeder Mode. Aber eine
typische DDR-Mode gab es längst nicht so, wie es
die meisten heute gern darstellen. Nicht einmal
die Nylonschürze war ein Charakteristikum der
DDR. Sie war lediglich ein typisches
Bekleidungsstück jener Zeit, im Osten ebenso wie
im Westen.
Man muss der damaligen Mode nicht nachtrauern.
Schade ist nur, dass mit dem Ende der DDR die
Experimentierfreudigkeit der Frauen ebenfalls
ein jähes Ende gefunden hatte. Weder die
Hausfrauen noch die professionellen
Schneiderinnen waren nun in dem Maße gefragt wie
vor der Wiedervereinigung. Alle fanden auf dem
Modemarkt das, was das modisch interessierte
Frauen- oder Männerherz begehrte. Die
Kreativität blieb den Designern vorbehalten, die
dafür bezahlt wurden. Die Frauen erlebten
unmittelbar nach der Maueröffnung einen
Mode-Schock. Sie plünderten die Wühltische und
deckten sich mit Dingen ein, die sie gar nicht
brauchten und die sie auch oft auch nicht gerade
gut kleideten. Es war ein sinnloser
Nachholbedarf, der da angeblich befriedigt
wurde. So geschmacklos hatten sich die Damen 40
Jahre lang nicht verhalten. Glücklicherweise hat
sich allmählich wieder ein gediegenes
Konsumverhalten eingestellt.
Der Drang nach Luxus-Garderobe ist bei den
Frauen, die die DDR miterlebt und überlebt
haben, längst nicht so ausgeprägt. Sie haben
wieder mehr Sinn für klassich-gute Garderobe.
Aber es muss nicht immer eine Markenkleidung
sein. Eine gewisse Solidität ist den meisten
Frauen längst wieder eigen. Vielleicht erkennt
man sie daran heute wieder. Aber ist es denn
wichtig, die regionale Herkunft zu erkennen?
Nein! Die ostdeutschen Frauen sind heute eher
angepasster in Sachen Mode und finden in der
Massenkonfektion meist alles, was sie tragen
möchten.
Kurioserweise gibt es heute wieder einen
zunehmenden Bedarf an Bekleidung, die aus der
DDR stammt.
EBay macht’s möglich und bedient
diese Nostalgie.
Und was wurde aus den Modefachleuten, die an der
Textilgestaltung
in der DDR mitgearbeitet haben?
Wer genügend künstlerische Kreativität hatte,
der gründete sein eigenes Label oder fand
anderweitig in der Modebranche sein Auskommen.
Die Modezeitschriften hingegen, die in der DDR
ein heiß begehrter Artikel waren, bei denen man
sich wegen der stets zu geringen Auflage um ein
Abonnement förmlich gerissen hatte, mussten ihr
Erscheinen beinahe über Nacht einstellen. Sie
hatten in der Medienwelt der BRD keinen Bestand.
Heute sind sie Sammlerobjekte. Wenn auch die
Mode darin nicht der gängigen Konfektion
entsprochen hatte, so waren doch die Fotos – es
waren meist Bilder in schwarz-weiß – von
ausgezeichneter Qualität. Sie behielten ihren
künstlerischen Wert auch nach dem Ende der DDR.
Namhafte Fotografen hatten sich mit diesen
Modefotos darin verewigt und werden heute mit
anderen Augen betrachtet. Da ist die Mode nur
noch am Rande interessant. Die
Schnittmusterbögen, die es in den Zeitschriften
gab, erfreuen sich heute nicht nur bei den
sogenannten Ostalgikern wieder großer
Beliebtheit. Der Handel, der mit den
Zeitschriften von damals betrieben wird, lässt
ein wenig Hoffnung auf eine neue Kreativität
aufkommen. Zudem sind eben diese Hefte eine
Papier gewordene Zeitgeschichte, die
verdeutlicht, dass die Mode in der DDR nicht
ohne die internationalen Trends existierte.
Gerade im letzten Jahr der DDR hatte eine
Experimentierfreudigkeit begonnen, die nicht
mehr zu einem eindeutigen Ergebnis führte. Ein
wenig davon fand sich noch in der Kollektion für
den Herbst und den Winter 1989/1990 wieder. Sie
zeichnete sich durch wenige Extravaganzen aus,
war dafür sehr tragbar, hätte international
Anklang gefunden und war vor allem
alltagstauglich.
Die DDR-Mode hatte – wie jede Mode – eine
Entwicklung durchgemacht. Das Land auch. Wie man
den heutigen Stand der politischen Veränderungen
sieht, unterliegt der individuellen
Meinungsfreiheit. Doch alles ist so wie die
Sicht auf die heutige Mode. Individuell und
spannend.
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