Die DDR-Jugendmode der 80er Jahre
Jugendliche Ansprüche und Punk in der DDR
Die Teenager und die jungen Frauen, die gerade
die zwanziger Lebensjahre erreicht hatten,
verließen sich in Sachen Mode meist auf ihre
Mütter und Großmütter. Das Selbstnähen wurde von
der jungen Generation längst nicht so
hingebungsvoll betrieben wie von der Generation
der Vorfahren. Die Zeit hatte sich sehr
verändert. Auch die Löhne waren gestiegen.
Natürlich nicht ins Unermessliche. Doch da
sämtliche Grundnahrungsmittel und auch die
Mieten durch staatliche Subventionen nur geringe
Kosten verursachten, auch Schulbildung keine
nennenswerten Gelder verschlang, blieb immer ein
Mode-Groschen übrig. So war inzwischen auch bei
den normalen DDR-Bürgern mehr Kaufkraft für
gelegentlichen Luxus vorhanden. Kein Wunder
also, dass sich immer mehr Frauen hin und wieder
einen Einkauf in einem der Exquisitgeschäfte
erlaubten. Allen voran die Teenager.
Sie zeigten
ohnehin weniger Kompromissbereitschaft als die
Generation vor ihnen, zumal den weiblichen
Teenagern die Gewohnheit, einen Dederon-Kittel
über der Bekleidung zu tragen, um diese zu
schonen, sehr lästig war. Die Kittel selbst
fanden sie ohnehin altbacken und lehnten sie
deshalb ab. Sie trugen sie nur noch, wenn diese
in einem Betrieb traditionell zur
Arbeitskleidung gehörten. Ein neues,
andersartiges Modeverhalten war nicht nur
in der
DDR zu beobachten, sondern in ganz Deutschland.
Die jungen Leute wollten sich deutlich von der
Generation ihrer Eltern unterscheiden.
Außerdem hatte sich landesweit noch eine andere
modische Umorientierung ausgebreitet, die
allerdings nicht alle Jungendliche betraf,
sondern nur einen Teil. Sie hatte auch nicht
ausschließlich mit Mode zu tun, sondern drückte
auch in ihren Songs eine neue Jugendkultur aus.
Gemeint sind die Punks, deren Mode und Musik
ursprünglich in den
70er Jahren aus New York und
London nach Deutschland gekommen war. Für diesen
Trend bedurfte es
in der DDR viel Mut, nicht
allein wegen der ermüdenden Diskussionen mit den
Eltern, sondern, weil man in den ersten Jahren
des 80er Jahrzehnts seitens des Staates mit
Repressalien wegen dieser sogenannten Subkultur
rechnen musste. Für manche Jugendliche hatten
diese Verfolgungen bis zum Ende des
sozialistischen Landes nicht aufgehört. Punks
wurden als Außenseiter abgestempelt. Ihre
Kleidung war für die bürgerlichen Menschen eine
Provokation, wirkte sogar wie eine Bedrohung.
Die Musik fand auch nur in den einschlägigen
Kreisen Anklang. Wie sah sie nun aus, die Mode,
die antibürgerlich und beängstigend war?
In aller Vielfalt war Schwarz die vordergründige
Farbe der Punks. Die Jungs trugen meist
Lederhosen, die eng geschnitten waren. Ob
Kunstleder oder echtes Material war dabei nicht
das wesentlichste Kriterium. Alternativ konnten
auch Stoffhosen getragen werden. Sie waren
gleichfalls sehr eng geschnitten, hatten oft nur
eine Länge, die auf der Höhe der Waden-Mitte
endete. Zur Auflockerung waren breite Streifen
oder ein Tigermuster in den Stoffen ein
akzeptabler Schmuck. Die Mädchen, die der Szene
angehörten, trugen gleichfalls Hosen, aber auch
sehr häufig Miniröcke, wenn möglich aus Leder.
Dazu waren schwarze Strümpfe passend. Diese
konnten auch durch eine lange Laufmasche
auffallen, weil so eine besonders provokative
Wirkung entstand. Lederjacken mit breiten
Schultern oder Militärjacken waren angesagt.
Am deutlichsten erkannte man die jungen Punks an
ihrem Haarschnitt, der bei beiden Geschlechtern
ähnlich war. Meist waren die Haare schwarz mit
andersartigen Färbungen einiger Strähnen. Bei
den Jungs machte ein kräftiges Gel den
sogenannten Hahnenkamm möglich, bei dem die
Frisur auf der Kopfmitte stehenbleiben musste.
Alle anderen Haare waren ringsum abrasiert. Auch
verschiedene Accessoires kennzeichneten die
Punks. Sie trugen übergroße Sicherheitsnadeln in
den Ohren, manchmal wurden auch Gegenstücke
durch die Wange gestochen. Eine Kette verband
dann Ohren und Wange miteinander. Für ein
ungeübtes Auge sah das erschreckend aus. Die
antibürgerliche Haltung der Jugendlichen war so
auffallend, dass die Gesellschaft meist Furcht
vor ihnen hatte. Auch die Hundehalsbänder, die
sie trugen, die Rasierklingen-Amulette und die
schwarze, dämonisch anmutende Schminke
verstärkten diesen Effekt, der aber durchaus
gewollt war.
Im Laufe der Zeit fanden sich immer mehr
Liebhaber der Punkmusik. Sie war laut, hatte
rockigen Charakter und „schräge“ Texte. In der
DDR war man hauptsächlich deshalb
staatlicherseits besorgt, weil die Szene
gleichgesetzt wurde mit Aggression und Randale,
vor allem aber mit einer Ablehnung der
sozialistischen Gesellschaftsordnung. Mit diesem
allzu freiheitlichen Gedanken konnten die Oberen
nichts anfangen.
Viele Jugendliche zogen sich zwar schockierend
an, hatten aber meist nicht sehr viel
Hintergrundwissen. Ihnen reichte die Wirkung der
provokanten Kleidung aus, um sich von den
anderen, „normalen“ Jugendlichen abzuheben,
denen Turnschuhe und Jeans schon aufmüpfig
erschienen, wenn sie damit durch die Straßen
liefen.
Für die
Punks gab es keine Kleidung in den
Exquisitgeschäften zu kaufen. Sie hätten wohl
auch kaum zwei oder drei Monatsgehälter
ausgegeben für eine Jacke oder eine Hose, die
sie als gebrauchte Ware viel leichter erstehen
konnten.
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