Die DDR-Damenmode der 80er Jahre

Zu Beginn des 80er Jahrzehnts hatten sich die weit geschnittenen Folklorekleider in großer Vielfalt im ganzen Land etabliert. Sie waren farbenfroh, wurden mit oder ohne Stickereien getragen und entsprachen dem Trend. Der hatte sich sogar bis in die ländlichen Gegenden verbreitet, denn eine sogenannte Provinz – ein Begriff, der immer auch eine gewisse Abfälligkeit beinhaltete – gab es in diesem Sinne nicht mehr.
Die jungen Frauen wollten in ihrer Freizeit gut angezogen sein. Für viele war das Selbstnähen immer noch die beste Möglichkeit, an modische Kleidung heranzukommen. Doch dieser Notwendigkeit waren durchaus nicht mehr alle Frauen bereit zu folgen. Die volkseigenen Betriebe der Textilindustrie hatten es sich auf ihre Fahnen geschrieben, den gestiegenen Bedürfnissen der modernen Frauen Rechnung zu tragen. Die Bemühungen, auch in den Konfektionsgeschäften zeitgemäße Kleidung zu präsentieren, waren groß. Aber Mühe allein genügte nicht. Planziele mussten erreicht werden, ohne dabei die Kosten zu erhöhen. Es gelang nicht.
Doch in den größeren Städten gab es ja seit etlichen Jahren die Bekleidungsfachgeschäfte der Exquisit-Handelskette. Und hier wurde fast alles angeboten, was Frau sich wünschte – zu sehr hohen Preisen. Besonders reizvoll waren die Exquisitgeschäfte, weil es dort Import-Mode aus dem westlichen Ausland zu kaufen gab. Doch Frau irrte, wenn sie davon ausging, dass ihr ausschließlich Mode aus dem Westen präsentiert wurde. Auch wenn es die meisten nicht wahrhaben wollten – diese Importe machten höchsten 20 Prozent des Textil-Angebotes aus. Der größte Teil der Bekleidung wurde in der DDR gefertigt und zwar von den eigens dafür angestellten Mode-Experten, deren Entwürfe allerdings aus besten Import-Materialien umgesetzt wurden.
In jeder Saison konnte auf der Leipziger Messe, die im Frühjahr und im Herbst eines jeden Jahres stattfand, eine exquisite Kollektion vorgestellt werden. Diese Kollektionen wurden genau geprüft. Größere Stückzahlen, die dann in die Exquisitgeschäfte kamen, wurden erst dann für die Produktion zugelassen, wenn die Verkäuflichkeit, die Passform und die Trageeigenschaften zur Zufriedenheit der Gutachter ausfielen. War das der Fall, überstieg die anlaufende Produktion dennoch sehr selten das Eintausend-Stück-Limit.
Es gab beispielsweise lässige Blazer, deren Gesamtlänge, die Oberschenkel erreichte und deren Ärmel vorzugsweise hochgekrempelt wurden. Sie hatten – das war das Wichtigste – breite Schulterpartien und waren zudem mit Brusttaschen zusätzlich zu den aufgesetzten Taschen versehen. Es fand sich auch die eine oder andere Tasche am Oberarm. Es gab Hosen, die mit einem Umschlag versehen waren, der wie „selbstgekrempelt“ aussah und der der Lässigkeit zusätzlich einen Hauch von Eleganz gab. Saloppe Kleidung war angesagt, die der Safari-Kleidung ähnelte. Zu den Blazern konnte Frau auch Röcke tragen. Ob kurz oder lang hing von dem eigenen Modegefühl ab. Sogar kurze Hosen, die etwa in Kniehöhe mit einem gekrempelten Umschlag endeten, waren modern. Die Exquisitgeschäfte machten es möglich.
Lange, weit fallende Strickjacken zu Maxiröcken und Pullover aus dazu passendem Gestrick gehörten ebenfalls zur begehrten und modisch aktuellen Bekleidung. Auch die Strickwaren hatten natürlich gepolsterte Schulternpartien. Bevor Frau so ein Ensemble aber selbst Masche für Masche fertigte, wäre die Mode wohl schon wieder einen Trend weiter gewesen. Also war auch hier wieder das Exquisitgeschäft zuständig.
Die sogenannten Messemodelle, die hier angeboten wurden, hatten zweifellos internationalen Schick. Nicht nur, weil der Glaube an die Westkleidung überstark war, sondern auch, weil die Kreationen tatsächlich mit viel Sachverstand und Gespür entworfen worden waren. Das wurde möglich, weil es für die Herstellung keine so gravierenden Kostenbeschränkungen gab wie für die Massenkonfektion, die den strengen Kriterien der Planwirtschaft unterworfen war. Im sogenannten EVP, dem Endverbrauchspreis, drückte sich das letztendlich mehr als deutlich aus.
Nicht jedem Kleidungsstück sah man seine exquisite Herkunft an. Es war eine große Vielfalt auf den Straßen zu sehen. Die Damen trugen Röcke in verschiedenen Längen. Maxi, Midi oder Mini – alles hatte zur gleichen Zeit Bestand. Den Unterschied machten das Alter und die Figur. Mini hatte sich hartnäckig eingenistet und war zu einem Charakteristikum der Teenager geworden. Midi und Maxi wurden von allen anderen Altersgruppen getragen. Hier entschied der Anlass über die Länge des Rockes oder des Kleides. Röcke und Kleider konnten eine enge Silhouette haben. Sie konnten aber auch eine lockere Weite aufweisen. Nichts war mehr streng vorgeschrieben.
Längst war auch die Damenhose zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Mit großer Weite in den 70ern und mit fast geradem Schnitt in den 80ern. Manche Hose war knöchellang und damit nicht länger als die Pantalons, die später unter dem Namen Leggins noch einmal modern wurden. Andere Hosen wiederum wurden mit etwas längerer Saumlänge bevorzugt und waren mit Bundfalten versehen. Die Bundfaltenhosen hatten meistens auch eine vordere, durchgehende Bügelfalte. Diese Hose war zudem mitunter mit Taschen versehen, in die Frau gern einmal eine Hand steckte, um lässiger zu wirken als sie tatsächlich war. Modische Hilfe fürs Selbstbewusstsein. Das hatten sich die Damen in den Modezeitungen abgeschaut.
Auch die Baumwollkleider aus Leinen-Windelstoff oder aus Malimo waren in der Mitte der 80er Jahre angesagt. Malimo, der Stoff, der seinen Namen dem Verfahren verdankte, das der Ingenieur Heinrich Mauersberger in der Nähe von Chemnitz bereits 1948 entwickelt hatte, war stets eine gute Alternative für andere, fehlende Stoffe geworden. Frauen, die selbst nähten, wussten ihn zu schätzen. In den Anfangsjahren der DDR waren die Trageeigenschaften von Malimo noch nicht ausgereift, aber im Laufe der Jahrzehnte hatte die Weiterentwicklung des Verfahrens für den gleichnamigen Stoff viel Positives bewirkt. Zwar galt er nicht als Edel-Stoff, aber er war solide, preiswert und fand deshalb längst nicht nur im Bereich der Heimtextilien Verwendung.
In den 80er Jahren gab es bei den Messemodellen, die man in den Modeheften sah, besonders entzückende Rock-Modelle. Verschiedene Farb- und Mustermixe, ungleiche Längen innerhalb eines Modells und dazu Söckchen und flache Schuhe. Mit oder ohne Seitentaschen wurden die Kreationen angeboten. Dazu trug Frau kurze Oberteile, beispielsweise Blusen, deren Stil sich an die Safari-Mode anlehnte. Wichtig waren Lässigkeit und Selbstbewusstsein. Beides sollte in der Mode seinen Ausdruck finden. Doch ob es sich um Konfektions- oder Exquisitmodelle handelte; eines fand während der 80er Jahre auf jeden Fall Beachtung – die textile Verbreiterung der Schultern. Hatte ein Kleidungsstück „von der Stange“ keine Schulterpolster, vollendete Frau es selbst mit den entsprechenden Achselstücken. Die waren inzwischen schwer zu bekommen. Schließlich wurde auch jeder selbstgestrickte Pullover damit ausgestattet und jede Bluse, die auf diese Art eine modische Aufwertung erfuhr, damit ihr die 70er nicht mehr ansehen konnte. Ohne ausgepolsterte Schulterpartien war Frau zu jener Zeit nicht vollständig angezogen.
Zum Ende der 80er Jahre rückte die Betonung der Figur wieder mehr in den Vordergrund. Eng anliegende, schulterfreie Kleider für den Sommer, die in verschiedenen Längen an den Körper kamen, wurden gern getragen. Sie waren ärmellos oder mit einem kurzen Ärmel versehen, der einen gewissen Kick durch den Raglanschnitt bekam. Auch einseitig schulterfrei oder mit einem langen Rockschlitz versehen, waren sie nicht nur eine Freude für die Trägerin, sondern auch ein Hingucker für die Männer.
Besonderen Anklang fanden die Jeans-Modelle, die immer mehr in den exquisiten Handel kamen. Röcke und Blazer, Westen und Hosen, alles versuchte man, um die Damen der jungen und jüngeren Generation zufrieden zu stellen. Das gelang allerdings nur selten, denn den DDR-Jeans sah man ihre Herkunft deutlich an. Die Farbgebung der Nähte und die Nieten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, auch wenn der im eigenen Land produzierte Ersatz-Jeansstoff ausgezeichnet verarbeitet war.
Was immer Frau auch trug, sie wurde modisch sehr ernst genommen. Die Einkäufe in einem der Exquisitgeschäfte waren dennoch keine Selbstverständlichkeit und das Selbstnähen blieb eine berechtigte, parallele Notwendigkeit. Doch die Möglichkeiten waren vielfältiger geworden und die Westverwandtschaft erfüllte ja auch noch so manchen Wunsch.
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