Biografie Werner von Siemens Lebenslauf
Der am
13. Dezember 1816 im zum Königreich Hannover
gehörenden Dörfchen Lenthe (heute ein Stadtteil der
Stadt Gehrden) geborene Werner (von) Siemens gehörte zum
Unternehmertypus des innovativen sowohl sozial wie
politisch engagierten Selfmade-Mannes in der vom
ökonomischen und technischen Aufbruch gekennzeichneten,
Biedermeier, Gründerzeit und Wilhelminismus, umfassenden
Zeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Siemens
war einer der Unternehmer, der die deutsche
Wirtschaftslandschaft maßgeblich mitprägte.
Siemens wurde als viertes von 14 Kindern von Christian
Ferdinand Siemens (1787–1840) und dessen Ehefrau,
Eleonore geb. Deichmann (1792–
1839), geboren. Vater
Siemens war Gutspächter. Im Zuge der auf die
Napoleonischen Kriege folgenden Agrarkrisen zog der
vielseitig gebildete und interessierte Christian Siemens
1823 mit seiner vielköpfigen Familie in den nahe
Ratzeburg in Mecklenburg-Strelitz liegenden Ort
Menzendorf, wo Vater Siemens bis
1825 ohne großen ökonomischen Erfolg ein Gut
bewirtschaftete. Werner Siemens und seine Geschwister
wurden zunächst zuhause unterrichtet. 1831 begann
Siemens den Gymnasialunterricht am Katharineum in
Lübeck, wo ihn die humanistischen Fächer langweilten,
Mathematik jedoch faszinierte. 1834 ging er ohne
Abschluss von der Schule ab.
Da ein angestrebtes Technik-Studium aus finanziellen
Gründen für Siemens, der bereits als Kind von Technik
und Naturwissenschaft begeistert gewesen war, nicht in
Frage kam, bewarb er sich für die Aufnahme in das
preußische Ingenieurs-Korps. Zunächst abgelehnt, wurde
er 1835 von der Magdeburger Artillerie-Brigade als
Kadett akzeptiert. Siemens´ Kommandeur schickte ihn für
drei Jahre auf die „Vereinigte Artillerie- und
Ingenieurschule“ nach Charlottenburg bei Berlin. Dort
wurde Siemens in Artilleriekunde und Ingenieurswesen
ausgebildet und erhielt als militärischer Gasthörer
zusätzlich die Möglichkeit, Vorlesungen an der Berliner
Universität zu hören.
1838 wurde Siemens das Patent als Seconde-Leutnant
überreicht. Kurz danach starben seine Eltern. Er wurde
mitverantwortlich für den Unterhalt seiner jüngeren
Geschwister und ein Ausscheiden aus dem zwar kärglich,
aber regelmäßig bezahlten Militärdienst kam deshalb
zunächst nicht mehr in Betracht.
Wegen Beteiligung als Sekundant an „Ehrenhändel“ wurde
der in der Garnison Wittenberg diensttuende Leutnant
1841 zu fünf Jahren „nichtentehrender“ Festungshaft
verurteilt. Die nach sechs Monaten durch Begnadigung
beendete Haft in der Zitadelle Magdeburg nutzte Siemens
für Versuche auf dem Gebiet der Galvanotechnik. Danach
tat er Dienst in der Berliner Artilleriewerkstatt und
nahm 1848 am Schleswig-Holsteinischen Krieg gegen
Dänemark als preußischer Berater der
schleswig-holsteinischen Aufständischen teil.
1849 nahm Siemens seinen Abschied von der Armee. Er
hatte seine folgende zivile Berufstätigkeit bereits
vorbereitet. 1846 war Johann Georg Halske (1814-1890),
ein erfindungsreicher Feinmechaniker, bei einem Vortrag
über den von Siemens erfundenen elektrischen
Zeigertelegrafen auf den jungen Offizier aufmerksam
geworden. Beide Techniker taten sich zusammen und
gründeten
1847 die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens &
Halske«. Die kleine Firma nahm am 12. Oktober 1847 ihren
Betrieb mit drei Arbeitern in einem Berliner Hinterhaus
auf. 150 Jahre später beschäftigte die zum Weltkonzern
gewordene „Siemens AG“ mehr als 350.000 Beschäftigte.
1848 bekam die Firma den Auftrag, eine 500 km lange
Telegrafenverbindung zwischen der Frankfurter
Nationalversammlung und dem Berliner Königsschloss
herzustellen. Siemens´ Telegrafenlinie informierte den
König Friedrich IV. von seiner Wahl zum Kaiser durch die
Nationalversammlung am 28. März 1849. Die Nachricht ließ
dem König genügend Zeit, eine entsprechende Ablehnung an
die erst sechs Tage später in Berlin eintreffende
Paulskirchen-Delegation zu formulieren. Der Erfolg der
Frankfurter Telegrafenlinie motivierte Siemens zur
Beendigung seines Militärdienstes.
Er beschäftigte sich in den Folgejahren mit kleineren,
Gewinn bringenden Erfindungen und baute zusammen mit
seinem Partner Halske und später mit seinen Brüdern Carl
und Wilhelm den Betrieb zu einem der führenden
Telegrafen-Hersteller der Welt aus.
1850 heiratete Siemens die Professorentochter Mathilde
Drumann (1824–1865). Das Paar
bekam die beiden Söhne Arnold (1853–1918) und Wilhelm
(1855–1919) sowie die beiden Töchter Anna (1859–1939)
und Käthe (1861–1949). 1869 heiratete der verwitwete
Siemens ein zweites Mal. Aus der Ehe mit der entfernten
Verwandten Antonie Siemens (1840–1900) gingen zwei
Kinder hervor: Hertha (1870–1939) und Carl Friedrich
(1872–1941).
1866 gelang Siemens mit dem auf der Basis des von ihm
formulierten und bewiesenen dynamoelektrischen Prinzips
entwickelten weltersten Elektro-Generator eine der
bahnbrechenden Neuerungen in der Starkstromtechnik. Der
Siemens-Elektromotor gehörte wie der Dieselmotor zu den
Innovationen, die die „Zweite technische Revolution“ der
Post-Dampfmaschinenzeit erst möglich machte. Das
Familien-Unternehmen Siemens (Halske war 1867 aus dem
Unternehmen ausgeschieden.) war federführend bei
etlichen elektrischen weltweiten Neuerungen in den
1870er und 1880er Jahren. So verlegte Siemens 1874 das
erste transatlantische Telegrafenkabel und stellte 1881
die erste Elektro-Straßenbahn her.
Der politisch interessierte Siemens gehörte 1861 zu den
Mitbegründern der liberalen Fortschrittspartei und saß
für seine Partei von 1863 bis 1866 im Preußischen
Abgeordnetenhaus. Er legte in seinem Betrieb Wert auf
faire Entlohnung und führte bereits in den 1850er Jahren
Bonus-Zahlungen für engagierte Mitarbeiter ein. 1872
wurde er durch die Gründung einer firmeneigenen Renten-
und Hinterbliebenenkasse einer der Wegbereiter der
späteren Bismarckschen Sozialgesetzgebung.
1888 erhob Kaiser Friedrich III. den erfolgreichen
Unternehmer in den erblichen Adelsstand.
Der zu Wohlstand gelangte Werner von Siemens erwarb
1889
in der Nähe von Berlin, im Dorf Biesdorf, ein Schloss
mit einem 600 Hektar großen Gut.
Am 6. Dezember 1892 starb der 76-jährige Unternehmer und
Erfinder in Berlin an einer Lungenentzündung. Werner von
Siemens fand seine letzte Ruhe auf dem Berliner
Südwest-Friedhof Stahnsdorf.