Heinrich Mann Lebenslauf
Luiz Heinrich Mann gilt wie sein vier
Jahre jüngerer Bruder, der noch berühmtere
Literaturnobelpreisträger Thomas Mann (1875-1955), als
einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller seiner
Zeit. Der für ein am 27.3.1871 in der Hansestadt Lübeck
geborenes ältestes Kind eines Großkaufmanns
ungewöhnliche Mit-Vorname „Luiz“ war ein Ehrenerweis an
eine Großmutter mütterlicherseits, der
portugiesisch-brasilianischen Maria Luiza (Luisa) da
Silva. Heinrich Manns Vater Thomas Johann Heinrich Mann
(1840-1891) war ein wohlhabendes Mitglied der Lübecker
Oberschicht, Konsul der Niederlande und ab 1877 als
Wirtschafts- und Finanzsenator Mitglied der
Stadtregierung.
Der verträumte, chronisch lungenkranke und
lesebegeisterte Heinrich entsprach, wie später auch
Bruder Thomas Mann, nur wenig den merkantilen
Vorstellungen des Vaters von der Entwicklung eines
realistisch denkenden Firmenerben. Heinrich hatte
offensichtlich eher das Naturell seiner sanften und
kunstsinnigen Mutter Julia „Dodo“ da Silva-Bruhns
(1851-1923) geerbt.
Heinrichs Wunsch, Schriftsteller zu werden, stieß auf
heftigen Widerstand des Vaters. Nach vorzeitigem Abgang
von der Schule, dem Lübecker Katharineum, als
Unterprimaner (1889) begann Mann eine Buchhändlerlehre
in Dresden, die er aber bald abbrach. Bis 1892
volontierte er in einem Berliner Verlag, besuchte
Universitätsveranstaltungen und entwickelte sich zu
einem überzeugten Nietzsche-Anhänger. Durch eine kleine
Rente aus den Zinserträgen des väterlichen Erbes
finanziell relativ unabhängig, erweiterte Mann in den
Folgejahren auf zahlreichen Reisen und Aufenthalten in
Lungen-Sanatorien seinen Horizont. Seine Mutter und
Geschwister waren 1893 nach München umgezogen.
1894 erschien mit „In einer Familie“ sein erster Roman,
dem noch etwa 25 weitere Romane folgten. Seine letzte,
postume, Roman-Veröffentlichung „Empfang bei der Welt“,
datierte im Jahr 1956. Das vielschichtige Werk Manns, zu
dem auch zahlreiche Novellen, Essays, journalistische
Artikel und die Memoiren „Ein Zeitalter wird besichtigt“
(1946) gehören, ist geprägt durch eine zunächst
teilweise antisemitisch eingefärbte, später sich
zunehmend sozialistischen Konzepte annähernden
Zivilisationskritik. Mehrmals gerät Heinrich mit seinem
bürgerlicheren Bruder Thomas, dem er grundsätzlich tief
verbunden war, wegen unterschiedlicher
Grundeinstellungen ernsthaft aneinander.
Konventionsverächter Heinrich Mann, der sich lange
geweigert hat, zu heiraten, ehelichte 1914 dann doch die
tschechische Schauspielerin Maria Kanová (1886-1947).
Nach dieser 1930 geschiedenen Verbindung, der Manns
einziges Kind Leonie Mann (1916-1986) entstammte, hatte
er 1939 die wesentlich jüngere Nelly Kröger (1898-1947)
in Nizza geheiratet. Damals war der
1933 von den Nazis
ausgebürgerte und seit 1936 tschechoslowakische
Passinhaber Heinrich Mann ein international anerkannter
Schriftsteller. Insbesondere seine Romane „Im
Schlaraffenland“ (1900), „Die Göttinnen oder die drei
Romane der Herzogin von Assy“ (1902), „ Die Jugend des
Königs Henri Quatre“ (1935) und vor allem sein Hauptwerk
„Professor Unrat“ (1904) hatten für Aufsehen und
teilweise Aufregung gesorgt. In seiner Heimatstadt war
„Professor Unrat“ wegen der Anspielungen auf verlogene
wilhelminisch-bürgerliche Doppelmoral in der Hansestadt
praktisch auf dem Index.
Das Thema von Doppelmoral und Kadavergehorsam griff Mann
noch einmal besonders drastisch in dem, wie sein
„Professor Unrat“ später ebenfalls mit Erfolg
verfilmten, Roman „Der Untertan“ (1918) auf.
1940 floh das Ehepaar Mann vor den einmarschierenden
deutschen Truppen aus dem französischen Exil in die USA.
Hier erreichte Mann 1949 die Nachricht von seiner Wahl
zum Präsidenten der „Deutschen Akademie der Künste“ in
Ostberlin. Bevor er die Reise ein die DDR antreten
konnte, starb er am
11. März 1950 in Santa Monica,
Kalifornien. Seine Tochter ließ seine Urne 1961 in
Ostberlin bestatten.