Gerhart Hauptmann Lebenslauf
Der deutsche Dramatiker Gerhart
Hauptmann, dessen Theaterstücke heute noch auf den
Spielplänen zu finden sind und dessen Gedichte und
Prosawerke nichts an Aussagekraft verloren haben, war
einer der bedeutendsten Vertreter naturalistischen
Literaturschaffens.
Er wurde am
15. November 1862 im schlesischen Obersalzbrunn als jüngstes von vier Kindern geboren.
Seine Eltern, Robert und Marie Hauptmann, führten ein
Hotel im selben Ort. Hauptmann wurde
1868 in die dortige
Dorfschule eingeschult, besuchte dann ab 1874 in Breslau
die Realschule. Der Alltag in der Schule, die Strenge
und das preußische Reglement, dem er sich unterwerfen
musste, der Umgang mit den Mitschülern, die größtenteils
aus adeligem Hause kamen, machten ihm die Schulzeit
nicht leicht, zumal er sich in der großen Stadt nicht
wohl fühlte. Wenigstens hatte er mit seinem Bruder Carl
aber ein Unterkommen bei einem Pfarrer gefunden, so dass
die beiden Brüder nicht länger in einer Pension für
Schüler hausen mussten. Es dauerte lange, bis Hauptmann
sich in Breslau eingelebt hatte und auch die
Annehmlichkeiten schätzen lernte. Eine davon war das
Theater, das Hauptmann gern und oft besuchte.
Als er 1878 die Realschule verließ, begann er zunächst
auf dem Gutshof seines Onkels in Lohning seine Arbeit
als Gehilfe in der Landwirtschaft. Weder auf dem Gut
noch kurz darauf in Lederose (Różana) erbrachte er die
erforderlichen Leistungen, weil die schwere Arbeit seine
körperliche Konstitution überforderte, zudem hatte er
mit einem Lungenleiden zu kämpfen, das in der Zukunft
immer wieder sein Leben gefährdete. Hauptmann beendete
vorzeitig seine Lehre in der Landwirtschaft, wurde
stattdessen in Breslau ab 1880 Student in der
Bildhauerklasse an der Königlichen Kunst- und
Gewerbeschule, von der er zwischenzeitlich einmal
ausgeschlossen wurde. Fleiß und Betragen wurden als
nicht ausreichend bewertet. Hauptmann wurde jedoch
wieder an der Schule zugelassen, die er dann 1882
endgültig verließ.
Eine seiner ersten literarischen Arbeiten vollendete
Hauptmann für die Hochzeit seines Bruders. Er hatte ihm
ein Festspiel geschrieben mit dem Titel
„Liebesfrühling“, das am Vorabend der Eheschließung
aufgeführt wurde. Hauptmann lernte bei den
Feierlichkeiten Marie Thienemann kennen, die Schwester
der Braut, mit der eine Beziehung einging. Marie, mit
der sich Hauptmann in aller Heimlichkeit verlobt hatte,
wurde ihm in jeglicher Hinsicht, vor allem auch
finanziell, eine Stütze. So begann er 1882 ein
Philosophie- und ein Literaturgeschichte-Studium. Er
schloss es nicht ab, sondern verließ vorzeitig die
Universität in Jena. Als seine Verlobte ihm dann eine
Mittelmeerreise ermöglichte, wollte Hauptmann in Rom ein
Leben als Bildhauer führen. Dieses Vorhaben war wenig
erfolgreich, nicht nur, dass seine Arbeiten misslangen,
er fühlte sich auch in der deutschen Gemeinde in
Italiens Hauptstadt nicht wohl. Kaum wieder in
Deutschland, versuchte er sein Glück mit einem
Zeichenstudium in Dresden, schließlich mit einem Studium
der Geschichte in Berlin. Beide Studien brach er ohne
Abschluss ab. Er fühlte sich immer mehr dem Theater
zugeneigt als der Lernarbeit an der Universität.
Die heimliche Verlobung mit Marie legalisierte Hauptmann
1885. Die beiden heirateten in Radebeul bei Dresden. Die
Hochzeitsreise führte das Paar auf die Insel Rügen, wo
er von da aus Gelegenheit hatte, erstmals die nahe
gelegene Insel Hiddensee zu besuchen, die ihn
faszinierte und die er später sehr oft besuchte.
Hauptmann ließ sich mit seiner Frau in Erkner bei Berlin
nieder. Hier kamen drei Söhne zur Welt. Im Jahr 1889
ging Hauptmann nach Berlin, wo allmählich seine
eigentliche Berufung, die Schriftstellerei, deutlich
sichtbar wurde. Im Literaturverein „Durch“ knüpfte er
Kontakte mit anderen literarischen Naturalisten und es
entstanden seine ersten eigenen Werke. Seine bekannte
Novelle „Bahnwärter Thiel“ (1888) beispielsweise, dann
das Theaterstück „Vor Sonnenaufgang“ (1889) und auch
„Die Weber“ (1892, gehören zu diesen frühen Werken. „Die
Weber“ inszenierte Otto Brahm (1856-1912) erfolgreich,
womit Hauptmanns Arbeit als Schriftsteller besondere
Anerkennung fand. Die Inszenierung war gleichzeitig sein
literarischer Durchbruch. Weiter Stücke folgten,
darunter so bekannte Werke wie u. a. „Der Biberpelz“
(1893).
Im selben Jahr ging Hauptmann eine Liebesbeziehung mit
der Schauspielerin Margarete Marschalk (1875-1957) ein.
Daran zerbrach seine Ehe. Die zweite Ehe schloss
Hauptmann 1904 nach der Scheidung von Marie mit
Margarete Marschalk. Diese Ehe belastet er durch seine
neue Geliebte, die Schauspielerin Ida Orloff
(1889-1945). Doch letztendlich hielt Hauptmanns zweite
Ehe bis zu seinem Tod, da die Affäre nur von kurzer
Dauer gewesen war.
Nachdem Hauptmann sich literarisch etabliert hatte,
blieb die Schriftstellerei seine Berufung. Er
veröffentlichte neben den Theaterstücken auch Romane und
Gedichte. Sein erster Roman, „Der Narr in Christo
Emanuel Quint“ erschien 1910. „Atlantis“ (1912) wurde
sogar ein Jahr nach seinem Erscheinen verfilmt.
Seine Arbeiten wurden in Fachkreisen und auch beim
Publikum sehr geschätzt, was sich in zahlreichen
Ehrungen widerspiegelte. Hauptmann wurde mit der
Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig ausgezeichnet
(1909), die er auch 1905 bereits vom Worcester College
der Oxford-Universität verliehen bekommen hatte. Den
österreichischen Grillparzer-Preis erhielt Hauptmann
gleich dreimal. Die höchste Auszeichnung, den Nobelpreis
für Literatur, erhielt er im Jahr 1912. In der
Begründung hieß es u. a. „...vor allem als Anerkennung
für sein fruchtbares und vielseitiges Wirken im Bereich
der dramatischen Dichtung“.
Hauptmanns Werke fanden nicht nur Befürworter. Seine
Popularität war indes schon so groß, dass auch Kaiser
Wilhelm II. (1859-1941) davon Kenntnis hatte und der war
überhaupt nicht begeistert über die Werke des Künstlers,
den er als „sozialdemokratisch“ abstempelte, was einer
Ablehnung gleichkam. Auf das kaiserliche Veto hin hatte
man Hauptmann 1896 schon den Schillerpreis versagt. Des
Kaisers Sohn, Kronprinz Friedrich Wilhelm von
Hohenzollern (1882-1951), sorgte schließlich 1913 dafür,
dass das „Festspiel in deutschen Reimen“ wegen seiner
pazifistischen Tendenzen vorzeitig abgesetzt wurde, das
in Breslau aufgeführt worden war.
Trotz allem war Hauptmann einer von denen, die 1914 den
Ersten Weltkrieg befürworteten, was sich in
Gelegenheitsversen ausdrückte, die wiederum des Kaisers
Gunst fanden, worauf dieser dem Künstler 1915 den „Roten
Adler-Orden“ zuerkannte, wenn auch nur den niedrigsten
Rang in der Klasse IV.
Als der Erste Weltkrieg als Fiasko für Deutschland
beendet war, ging Hauptmann enttäuscht und sichtlich
nachdenklich in die Schweiz und schrieb in der
Pazifisten-Kolonie Monte Verità weiter. Seine
anfängliche Begeisterung für den Krieg schlug bald ins
Gegenteil um. Hauptmann bekannte sich zur Weimarer
Republik und bekam als erster Deutscher den „Adlerschild
des Deutschen Reiches“, eine von Reichspräsident
Friedrich Ebert (1871-1925) gestiftete Auszeichnung, die
als höchste Auszeichnung in der Weimarer Republik galt,
symbolischen Charakter hatte und also nicht tragbar war.
Seine Werke waren zu jener Zeit nicht mehr so gefragt
und Hauptmann musste Fortsetzungsromane schreiben, um
seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. An seiner
Beliebtheit änderte sich aber nichts. Immer noch war er
der Vorzeigeschriftsteller deutscher Sprache im Ausland.
Die deutsche Bevölkerung
hing mit großer Verehrung an
ihrem Dichter, dessen Werk immer auch die
Befindlichkeiten der sogenannten kleinen Leute zum
Inhalt hatte.
Nach dem
Hitler 1933 an die Macht gekommen war, gehörte
Hauptmann im selben Jahr zu den Unterzeichnern einer
Loyalitätserklärung, die von der Deutschen Akademie der
Dichtung veröffentlicht wurde. Die Nazis behielten ihn
im Auge, versuchten gleichzeitig alles, damit Hauptmann
nicht auch das Land verließ wie viele seiner
Berufskollegen. Er blieb dennoch nicht von der NS-Zensur
verschont.
Zu Hauptmanns 80. Geburtstag im Jahre 1942 waren unter
den jubelnden und ehrenden Gratulanten-Vertretern auch
Nationalsozialisten. Hitler nahm den Künstler 1944 in
die „Gottbegnadeten-Liste“ auf, setzte ihn zudem auf die
Liste der unersetzlichen Künstler.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte Hauptmann in
seinem Haus in Schlesien. In diese Heimat konnte
Hauptmann nach dem
Zweiten Weltkrieg nicht mehr gänzlich
zurück, er war nur noch durch einen Schutzbrief
vorübergehend geduldet. Schlesien war polnisch geworden
und die polnische Regierung forderte, dass Hauptmann
endgültig ausgesiedelt wurde. Seine schwere Erkrankung
bewahrte ihn vor einer tatsächlichen Vertreibung.
Am 6. Juni 1946 erlag Gerhart Hauptmann einer
Bronchitis.
Nicht mal begraben werden konnte er in seiner Heimat.
Seine Familie durfte nur mitnehmen, was sie an
beweglichem Eigentum besaß. Der Leichnam wurde in einem
Zinksarg aufbewahrt, weil die Ausreisegenehmigung mit
den sterblichen Überresten zu lange Zeit in Anspruch
nahm.
Hauptmann wurde schließlich nach Hiddensee überführt und
auf der Insel begraben, die er geliebt hatte und auf der
von 1926 bis 1943 immer während des Sommers gelebt
hatte.