Unter den Zuschauern war Ted Carroll,
einer der Gründer von Chiswick Records,
einem Indie-Label, das seit 1975
existierte. Ihn hatte Lemmy gebeten, das
Abschiedskonzert mitzuschneiden, damit
von Motörhead wenigstens ein Mitschnitt
für die Fans blieb.
Nach dem Konzert bot Carroll der Truppe
das Escape Studio in Kent an. Dort
sollten sie in zwei Tagen eine Single
aufnehmen.
Ihr Produzent war John „Speedy“ Keen.
Der hatte mit seiner Band Thunderclap
Newman, die sich 1971 nach kurzer
Existenz wieder aufgelöst hatte, mit „Something
in the Air“ einen Nummer-eins-Hit in
England gelandet.
Lemmy und seine Jungs nahmen das Angebot
an. Und sie machten mehr daraus. Weil es
ihnen sinnvoller erschien, ein Album
anstelle einer Single zu produzieren,
nahmen sie in der kurzen Zeit elf
Backing-Tracks ohne Gesang auf.
Sie arbeiteten unter Volldampf,
schliefen nicht, standen unter Strom,
bzw. unter Stoff und kämpften um ihre
Existenz. Ted Carroll, der zwei Songs
erwartet hatte, war begeistert. Er
verschaffte der Band einige Zusatztage
im Studio, so dass auch der Gesang noch
aufgenommen werden konnte. Insgesamt
kamen acht Titel auf das Album. Es hieß
„Motörhead“, war offiziell das
Debütalbum und erschien tatsächlich noch
im selben Jahr. Der 24. September 1977
wurde für die Jungs zu einem guten Tag.
Ted Carroll hatte die Band gerettet.
Und die Kritiker reagierten mit Lob. Die
Rede war von Rock’n’Roll, wie man ihn
vordem noch nie gehört hatte.
Die Band hatte sich den Grundstein für
einen Sound gelegt, der zu ihrem
Charakteristikum wurde. Alles schien
endlich gut zu werden.
Die Streitereien mit dem Manager Tony
Secunda trübten die Stimmung allerdings.
Der hatte doch tatsächlich verlangt, die
Jungs sollten sich die Haare schneiden
lassen. Was für eine unsinnige Idee! Die
Musiker taten es nicht.
An der Band schien Pech zu kleben. Die
Tour mit Hawkwind, auf die sie im Sommer
1977 gingen, mussten die Jungs wegen
einer Verletzung von Phil abbrechen.
Dabei waren sie mit den
Hawkwind-Musikern gut ausgekommen.
Lemmys Rausschmiss war kein Thema mehr.
Erst zum Ende des Jahres konnten sie
wieder in ihrer Dreier-Besetzung
auftreten. Im Marquee, das fast ihr Ende
bedeutet hätte.
Das neue Jahr begann mit nur wenigen
Auftritten. Der Manager stritt sich
dauernd mit Chiswick Records. Die
Differenzen eskalierten. Er feuerte sie
und die Band trennte sich von Secunda.
Nun ging gar nichts mehr.
Phil und Eddie gingen aus Verzweiflung
fremd. Soll heißen, sie spielten Gigs
mit anderen Bands.
Wieder stand Motörhead vor seiner
Auflösung.
Diesmal wurde Doug Smith, der neue
Manager, zum rettenden Strohhalm. Er
brachte einen Vertrag über eine Single,
die sie bei Bronze Records aufnehmen
sollten. Das Label war auf Hardrock und
Heavy Metal spezialisiert und hatte
immerhin Uriah Heep im Programm.
Das war eine echte Chance, denn der Chef
der Firma, Gerry Bron, war von Motörhead
rundum begeistert. Lemmy und seine Jungs
nahmen in den Londoner Wessex Studios
ihre eigene Nummer, „Tear Ya Down“, auf
und coverten „Louie Louie“. Die Single
erschien im Herbst 1978. Zwei Wochen
lang hielt sie sich auf Platz 68 in den
britischen Charts. Für den Bronze-Chef
war das ein ausreichender Grund, mehr zu
investieren.
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