Wie das Fußball-Wunder von Bern in die deutsche Geschichte einging

Es gibt nur wenige Ereignisse, die mehr als ein halbes Jahrhundert nach ihrem Geschehen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen so stark verankert sind, wie der Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Juli 1954. Die Mannschaft um Kapitän Fritz Walter und Bundestrainer Sepp Herberger ging durch den Gewinn des Turniers in der Schweiz als die „Helden von Bern“ in die Sportgeschichte der noch jungen Bundesrepublik ein. Doch wie kam der Sieg zustande?

Beschwerlicher Weg ins Finale

Die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 gehörte mit zu den ersten Sportveranstaltungen, welche live von Millionen von Menschen aus aller Welt verfolgt werden konnte und sorgte auch in Deutschland für ein extrem großes Aufsehen. Doch vor dem Endspiel, welches vor insgesamt 60.000 Zuschauern gegen den Favoriten Ungarn stattfand, musste Deutschland zunächst die Vorrunde überstehen. Bereits in dieser musste es gegen Ungarn antreten, sowie gegen die schwächer eingeschätzte Türkei. Um das Weiterrücken in die nächste Runde zu gewährleisten, taktierte Trainer Sepp Herberger klug: Für das Spiel gegen Ungarn ließ er lediglich die zweite Mannschaft auflaufen und sich auch durch die große Kritik am daraus resultierenden Ergebnis von 8:3 für Ungarn nicht aus der Ruhe bringen. Der Sieg gegen die Türkei (7:2) reichte für den Einzug ins Viertelfinale gegen Jugoslawien - eine Zitterpartie, die dennoch mit 2:0 für das deutsche Team endete. Im Viertelfinale profitierte die Mannschaft beim Spiel gegen Österreich davon, dass die Gegner noch erschöpft waren. Denn Österreich hatte davor gegen die Schweiz antreten müssen, bei teilweise 40 Grad im Schatten. Der haushohe 6:1 Sieg für Deutschland reichte zum Einzug ins Finale. Bereits dies war ein enormer Erfolg, war Deutschland bei der Fußball WM im Sportjahr 1950 in Brasilien noch gar nicht angetreten.


Kultureller Einfluss bis heute

Doch um das folgende Spiel würdigen zu können, muss man sich seine kulturelle Bedeutung bis in die heutige Zeit ansehen. Der Sieg der Weltmeisterschaft 1954 zog nicht nur den Ausdruck „Das Wunder von Bern“ nach sich, die Geschichte wurde auch 2003 von Sönke Wortmann verfilmt und kann bei Amazon und anderen Anbietern gekauft werden. Das „Wunder“ sorgte für eine kollektive Euphorie in der noch jungen Bundesrepublik. Durch den Zeitpunkt zu Beginn des deutschen Wirtschaftswunders ab Mitte der 1950er Jahre wurde der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft von einigen Beobachtern sogar als „die eigentliche Geburtsstunde“ der Bundesrepublik bezeichnet. Auch heute sind die sportlichen Auswirkungen noch spürbar: Als Deutschland bei der WM 2018 in der Vorrunde in letzter Minute gegen Schweden mit 2:1 gewann, bezeichneten Medien wie das Abendblatt dies in Anlehnung an 1954 als das „Wunder von Sotschi“.
Und die Wirkungen sind noch umfassender: Fußball ist heute ein Milliarden Geschäft, Vereine geben Millionenbeträge für gute Spieler aus und ebenso sehen Millionen bei Spitzenspielen am Fernseher zu. Fußball ist zudem der Garant für die höchsten Wetteinsätze bei Wettanbietern wie Betway. Fans setzen nicht nur auf den Gesamtsieg in der Bundesliga, wo die Quoten für Borussia Dortmund und den FC Bayern München am 13. November bei je exakt 1,90 lagen, sondern auch auf einzelne Spiele und Torschützenkönige. Der Zuschauerschnitt bei Spielen in der 1. Bundesliga liegt 2018 für Vereine wie Dortmund und den FC Bayern München laut Statista bei 80.000, respektive 75.000 Zuschauern. All das verdankt der deutsche Fußball zu einem großen Teil dem „Wunder von Bern“ im Jahr 1954.

Sieg für Deutschland nach Rückstand

Und wie endete das Spiel? In der ersten Hälfte lag Deutschland nach Treffern in der 6. und 8. Spielminute bereits scheinbar aussichtslos mit 2:0 zurück. Dann jedoch erzielte Rahn mit Toren in der 11. und 18. Minute den Gleichstand. Die Entscheidung kam erst spät in der zweiten Hälfte: Ottmar Walter traf in der 84. Minute zum 3:2. Und dann kam der Moment der Entscheidung: Puskás schoss für Ungarn auf das deutsche Tor, der Ball lag im Tornetz - aber der Linienrichter hatte Abseits gepfiffen. Wenige Minuten später folgte der Schlusspfiff und Deutschland war Weltmeister. Das Ereignis war so bedeutend, dass es nicht umsonst bei was-war-wann prominent unter den sportlichen Ereignissen des Jahres 1954 gelistet wird. Die Mannschaft um Sepp Herberger und Fritz Walter, der nach Kritik in der Presse während den Vorbereitungen zur WM eigentlich schon als Kapitän zurückgetreten war, dann jedoch vom Trainer zur Rückkehr bewogen wurde, ging als die vielleicht größte deutsche Mannschaft aller Zeiten in die Geschichtsbücher ein. Noch heute profitieren der deutsche Fußball, und nicht zuletzt seine Millionen Fans, von diesem Ereignis, welches die BRD zu den Top-Nationalmannschaften der ganzen Welt zählen ließ - ein Status, den sie selbst heute, über ein halbes Jahrhundert später, nach wie vor inne hat.