Biografie Georg Hensel Lebenslauf
Der Theaterkritiker und Schriftsteller Georg Hensel
wurde am
13. Juli 1923 in Arheilgen, einem Stadtteil von
Darmstadt, als Sohn eines Lokomotivführers geboren. Noch
während des Zweiten Weltkrieges machte Hensel 1941 sein
Abitur und wurde dann eingezogen. Er wurde bei den
Nachrichten-Aufklärungseinheiten als Soldat eingesetzt.
Seine Ausbildung als Journalist erhielt er beim
„Darmstädter Echo“, der im November 1945 neu gegründeten
Regionalzeitung. Hensel arbeitete fast zwanzig Jahre bei
dieser Zeitung und seine Laufbahn
ging kontinuierlich
aufwärts. Vom jungen Redakteur gelang ihm bald der
Sprung zum Rezensenten und zum Leiter des Feuilletons.
In dieser Zeit hatte er auch erste Erfahrungen als
Schriftsteller machen können. Bereits 1949 erschien im
Rowohlt-Verlag „Nachfahrt“, der Debütroman des
26-jährigen, in dem sich Hensel mit dem Schicksal eines
Soldaten, mit Schuld und mit einer Gesellschaft
auseinandersetzt, die sich der Aufarbeitung der
jüngsten, kriegerischen Vergangenheit verweigert.
Hensels Sprachbilder sind präzise, nicht wertend,
verständlich und nachvollziehbar. Hensels Art zu
schreiben, war nicht einem intellektuellem Fachpublikum
vorbehalten, sie war bodenständig und sparte dennoch
nicht mit Poesie.
Diese erste Erzählung fand großen Zuspruch, wurde jedoch
von der Kritik verrissen. Kein Geringer als Walter Maria
Guggenheim, der renommierte Theater- und
Literaturkritiker und Journalist, schrieb einen
gewaltigen Verriss, in dem es abschließend hieß, dass
das Rezensionsexemplar in der Redaktion zur Abholung
bereit läge. Als Hensel es dann tatsächlich abholen
wollte, stellte sich heraus, dass das vor ihm auch schon
andere gewollt hatten. Der Verriss war zu einer
unfreiwilligen Werbung geworden. Viele Jahre später,
1994, wurde das Buch neu publiziert.
Kurzzeitig kam Hensel nach dem Krieg auch mit der
literarischen Vereinigung „Gruppe 47“ in Berührung. Er
war von Büchern besessen, doch er brannte nicht derart
für die Literatur, dass ihm der Beruf eines
Schriftstellers vorstellbar gewesen wäre, deshalb
verließ er die Gruppe bald wieder. Dem journalistischen
Schreiben aber blieb Hensel treu, favorisierte es
eindeutig und sah darin seine wahre
Berufung. Die
Anerkennung dafür blieb nicht aus.
Eine Meisterleistung gelang Hensel mit seinem
zweibändigen Schauspielführer „Spielplan“, der 1966
erschien und über den sich Leser und Kritiker
gleichermaßen begeistert äußerten. Marcel Reich-Ranicki,
mit dem Hensel später eine enge Freundschaft verbinden
sollte, schrieb: „Der beste Schauspielführer, der je
veröffentlicht wurde“. Nachauflagen erschienen immer
wieder.
Er, der brillante Kritiken schrieb, die unterhaltsam,
produktiv und immer auch feinsinnig angelegt waren, die
nicht anklagten, sondern in ihrer Gelassenheit konkret
blieben, wurde 1982 mit dem Johann-Merck-Preis
ausgezeichnet, den die Deutsche Akademie für Sprache und
Dichtung einmal im Jahr für literarische Kritiken und
Essays vergibt. In der Laudatio hieß es dazu u.a.: „Als
leidenschaftlicher Beobachter der geistigen
Auseinandersetzung auf dem Theater, insbesondere als
Verfasser des „Spielplans“ beweist er, dass kritische
Äußerung mit dem Witz der Darstellung übereinstimmen
kann.“ Hensel äußerte sich in seiner Dankesrede über die
Anmaßung der Theaterkritik. Außerdem wurde Hensel mit
dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet, den er für
seine Veröffentlichung in der „FAZ“ „Und viel Spaß am
Leben“ erhielt, in dem er seine Herzoperation
journalistisch aufbereitete.
Hensel arbeitete neben seiner Tätigkeit beim
„Darmstädter Echo“ auch für andere Zeitungen. „Die
Welt“, die „Süddeutsche Zeitung“ und die Zürcher
„Weltwoche“ beanspruchten seine journalistisch-kritisch
Arbeit regelmäßig. Den Lesern der Fachzeitschrift
„Theater heute“ sind seine berühmt-berüchtigten Beiträge
in Erinnerung.
Seine Tätigkeit als Theaterkritiker und Verantwortlicher
des Feuilletons beim „Darmstädter Echo“ beendete Hensel
im Jahr 1974. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wurde
von nun an sein
Hauptbetätigungsfeld, in der als
Chefkritiker die Nachfolge von Günther Rühle antrat.
Diese Stelle hatte Hensel bis zu 1989 inne, danach sah
er sich jedoch gezwungen, sie aus gesundheitlichen
Gründen aufzugeben. Das Schreiben gab er allerdings
nicht auf.
„Glück gehabt – Szenen aus einem Leben“ ist der Titel
seiner Autobiographie, die im Februar 1994 erschien und
in der Hensel seine Erlebnisse aus der Kindheit zu
Kriegszeiten, seine beruflichen Jahre, den Umgang mit
Krisen und Krankheiten und schließlich das Altern
thematisiert. Auch für dieses Buch fand Reich-Ranicki
anerkennende Worte, die in einem „Spiegel-Artikel
publiziert wurden. Hier erwähnte der Rezensent auch, „Hensels
offizielle Bildung geht über ein ihm kurz nach dem Krieg
nachgeliefertes Abitur nicht hinaus“, womit dem
brillanten Kritiker große Anerkennung für seine
autodidaktische Wissensaneignung zuteil wurde, die
letztendlich der Grund war, dass ihn seine Leser so gut
verstanden. Hensel hatte nie seine Bodenständigkeit
verloren.
Zu seinem Privatleben sei nur gesagt, dass er 1950 mit
Anne Elisabeth Müller die Ehe einging, die mehr als 40
Jahre Bestand hatte. Das Ehepaar hat einen Sohn, der
1952 geboren wurde. In der Boulevardpresse ist Hensels
Privatleben nie aufgegriffen worden.
Georg Hensel starb am
17. Mai 1996 in seiner
Geburtsstadt Darmstadt.