Biografie Peter der Große
Lebenslauf Lebensdaten
Der am 9. Juni 1672 (gregorianische Zeitrechnung)
im Moskauer Kreml geborene Peter (Pjotr) war das
vierzehnte Kind von insgesamt siebzehn Nachkommen
des zweiten Zaren aus der Dynastie der Romanows,
Alexeij I., der von 1645 bis zu seinem Tod im Jahr
1672 regierte. Da Peters fünf ältere Brüder früh
starben beziehungsweise aus gesundheitlichen Gründen
nicht in der Lage waren, die Regierungsverantwortung
allein zu übernehmen, rückte Peter in der Thronfolge
auf und wurde 1682, zunächst lediglich formal, als
Peter I. gekrönt. Seine sowohl von Machtpolitik wie
auch von Reformen
geprägte 43-jährige Regierungszeit wurde zur
entscheidenden Phase in der Entwicklung
Russlands zu einem neuzeitlichen Staatswesen. Seiner
Bedeutung entsprechend erhielt Peter I. noch zum
Lebzeiten den Beinamen „Der Große“.
Nach dem Tod von Peters Halbbruder Fjodor III.
(1661-1682), der seinem Vater auf den Thron gefolgt
war, setzten die Angehörigen der einflussreichen
Palastgarde, der Strelitzen (Strelizen), in einem
blutigen Aufstand, bei dem nahe Verwandte Peters
ermordet wurden, durch, dass nicht allein Peter
(„Zweiter Zar“), sondern auch seinem älteren
Halbbruder Ivan („Erster Zar“) (1666-1696) die
Herrscherwürde übertragen wurde. Schwester Sofia
(1657-1704) übernahm bis 1689 in Vertretung der
unmündigen Zarenbrüder die Regentschaft. Der
schwerkranke und geistesschwache Ivan blieb auch
nach 1689 bis zu seinem Tod als Ivan V. Co-Zar neben
Peter. Er hatte aber praktisch keinerlei politischen
Einfluss.
Peter I. wuchs ab 1682 unter der Aufsicht seiner
Mutter Natalja Naryschkina, die den Kreml mied, in
den Moskauer Vorort Preobraschenskoje auf. In diesem
Dorf absolvierte er eine dürftige, traditionelle
Schulausbildung. Der praktisch überaus begabte Peter
entdeckte hier seine Begeisterung für Kriegsspiele.
Die von ihm dabei kommandierte Truppe von
Spielgefährten wurde später der Kern des als
Elite-Einheit geltenden Preobraschensker
Leib-Garderegiments.
1689 erreichte Peters Mutter durch Machtintrigen die
Beendigung von Sofias Regentschaft und machte
sich
damit zur faktischen Herrscherin von Russland. Der
jugendliche Peter I., der ausgewachsen über zwei
Meter groß gewesen sein soll, beugte sich zunächst
dem Machtanspruch seiner Mutter und beschäftigte
sich vor allem mit westlicher Technik, Schifffahrt
und Handwerkskunst. Seine erste Frau, die Adlige
Jewdokija (1669-1731), die er 1689 auf Befehl seiner
Mutter heiraten musste und von der er sich 1698
trennte, bekam drei Söhne, von denen lediglich
Alexeij (1690-1718) das Säuglingsalter überlebte.
1707 (1712 offiziell) heiratete Peter seine
Geliebte, die litauische Bauerntochter Martha Elena
Skawronska (1684-1727), die als Katharina I. Peters
Nachfolgerin wurde. Sieben der neun gemeinsamen
Söhne und Töchter starben als Kinder.
Nach dem Tod der Mutter 1694 übernahm Peter, der
sich mit zahlreichen ausländischen Beratern umgeben
hatte, die tatsächliche Macht. Sein außenpolitisches
Hauptziel war die Öffnung Russlands zur See hin.
Dabei kam er in Konflikt mit dem das Schwarze Meer
kontrollierenden Osmanischen Reich und dessen
tatarischen Verbündeten auf der Krim sowie mit
Schweden, das die Ostsee dominierte. 1696 gelang ihm
mit der Eroberung der Festung Asow ein erster
wichtiger Schritt hin zur Begründung russischer
Seemacht am Schwarzen Meer. Bedeutsamer war
allerdings der für Russland beinahe ruinöse
Nordische Krieg von 1700 bis 1721, den Peter der
Große mit zeitweiliger Unterstützung von Dänemark
und Sachsen-Polen letztlich für sich entscheiden
konnte. Russland gewann das östliche Baltikum und
wurde zur wichtigsten Ostseemacht. Peter der Große
baute an der Ostsee seine neue Hauptstadt, St.
Petersburg, und nahm, um Russlands jetzt
gleichberechtigte Stellung als Großmacht gegenüber
den
anderen europäischen Mächten zu demonstrieren,
1721 den Titel „Allrussischer Kaiser“ an. Der somit
als russische Herrscherbezeichnung abgelöste
Zarentitel wurde von den bis 1917 regierenden
russischen Kaisern offiziell lediglich noch in
Hinblick auf Gebiete wie Kasan oder Astrachan
geführt.
Peter der Große, dessen Wissensdrang ihm unter
anderem dazu verleitete, auf einer niederländischen
Werft inkognito eine Zimmermannslehre zu machen,
versuchte sein Land mit einer Vielzahl von westlich
ausgerichteten, mit alten Traditionen brechenden,
Reformen zu erneuern. Der Staatsaufbau wurde auf
allen Ebenen unter anderem durch die Einteilung
Russlands in Gouvernements, der Festelegung von 14
Beamtenklassen und der Einrichtung von Kollegien
(Ministerien) neu organisiert. Die Armee und das
Bewaffnungswesen wurden reformiert und dabei die
traditionell aufsässigen Strelitzen-Verbände
aufgelöst. Peter der Große förderte den
Merkantilismus (verschiedene Wirtschaftskonzepte)
durch die Gründung zahlreicher Manufakturen und
Fabriken. Er unterstellte die Kirche staatlicher
Aufsicht und bevorzugte den neuen Dienstadel, um so
die Stellung des alten, reformfeindlichen
Bojaren-Adels zu schwächen.
Nicht zu Peters Reformgebieten gehörte die von ihm
nicht als entwicklungshemmend erkannte desolate
Situation der Landbevölkerung, die zum größten Teil
aus Leibeigenen bestand.
Peter der Große wehrte sich während seiner
Regierungszeit mit oft brutalen Mitteln gegen
tatsächliche und vermeintliche Verschwörungen aus
dem Familienkreis und ließ seinen einzigen
erwachsenen Sohn Alexeij wegen Hochverrats zum Tode
verurteilen. Der in seinen letzen Lebensjahren unter
Blasen- und Leberbeschwerden leidende Monarch starb
52jährig am 8. Februar 1725 in seiner neuen
Hauptstadt.