Franz Liszt Leben

Mit einem aufmunternden Lächeln begrüßte Czerny den kleinen Franz. Adam Liszt hielt sich im Hintergrund, hoffte inständig, dass sein Sohn ihm keine Schande machte, denn dieser Carl Czerny hatte im Vorfeld kein Hehl daraus gemacht, dass er zu viel Arbeit habe und an neuen Schülern überhaupt nicht interessiert sei. Doch das Vorspiel wollte er dem Jungen nicht verweigern. Er hatte Noten herausgesucht und bedeutet ihm nun, sich an das Klavier zu setzen. Franzl tat, wie ihm geheißen und begann ohne Zögern zu spielen. In ihm waren weder Angst noch Aufregung. Er griff in die Tasten und trug fehlerfrei vor, was ihm vorgelegt wurde. Und wie er spielte! Czerny unterbrach ihn nicht, nahm nur etwas erstaunt seine Brille ab, putzte sie mit einem kleinen Tuch, als müsse er sich klaren Blickes noch einmal vergewissern, wie sich der Junge auf dem Stuhl und an den Tasten gebärdete. So etwas hatte er noch nicht gesehen. Ohnehin schaute der kleine Franz Liszt recht schwächlich aus, aber wie er sich hin und her bewegte, schwankend fast, die Finger scheinbar völlig beliebig über die Tasten sausen ließ, das nötigte Czerny ein unmerkliches Lächeln ab. Er erinnerte sich seines eigenen Vorspiels bei Beethoven, bei dem dieser zum Vater gesagt hatte, dass er, Carl, Talent habe und er ihn fortan selbst unterrichten wolle. An Franzls Spiel erkannte Czerny sofort die große Begabung des aufgeweckten und arglos musizierenden Jungen. Den nötigen Schliff allerdings würde er ihm allerdings erst beibringen müssen und zwar mit gegebener Strenge. Er erklärte sich nach diesem gelungenen Vorspiel bereit, Franz in allem Nötigen zu unterweisen und dieser kam nun allabendlich zu ihm. Den Unterricht gab er seinem Putzi, wie er ihn bald nannte, unentgeltlich. Er hatte ihn sehr ins Herz geschlossen, sah ihn wie einen Bruder an, hielt ihn gern in seinem und seiner Eltern Haus als Gast und bewahrte dennoch die Nachdrücklichkeit, mit der er den kleinen Liszt an Ausdauer und mechanisches Üben gewöhnen wollte. Eines Tages hatten Franzl und sein Vater eine Einladung in einen privaten Haushalt bekommen, in dem der Junge zur großen Freude der Gäste musizierte. Unter ihnen war Antonio Salieri, der Kapellmeister am Kaiserlich-Königlichen Hof in Wien. Er war sehr erstaunt über die Virtuosität des Knaben und sprach dem Vater seine Bewunderung aus. Bei dem Gespräch erfuhr Salieri, dass Adam Liszt in den Diensten Esterházys stand und den Aufenthalt in Wien nur für ein Jahr bewilligt bekommen hatte, dann aber auf seinen Posten nach Raiding zurückkehren müsse. Aus Liszts begeisterter Erwähnung, einen Meister seines Fachs für den Klavierunterricht des Sohnes gefunden zu haben, klang gleichsam das Bedauern durch, einen solchen für die Unterweisung im Generalbass und in Komposition noch nicht gefunden zu haben. Salieri kam einer möglichen Bitte des Vaters zuvor, erbot sich, diesen Unterricht für Franzl zu übernehmen. Er, der bereits über Siebzig war, hatte ursprünglich auch keine Schüler mehr annehmen wollen, aber die große Begabung des kleinen Franz ließ ihn diesen Entschluss vergessen. Czerny war selbst einst in diesem Fach von Salieri unterrichtet worden und wusste nur Gutes zu berichten. Salieri, der sich zudem als Lehrer Beethovens, Schuberts und anderer großer Musiker verdient gemacht hatte und auf ein gewaltiges kompositorisches Schaffen zurückblicken konnte, war großzügig, wenn es um mittellose junge Leute ging. Für den Unterricht, den er Franz Liszt erteilen wollte, beanspruchte er kein Honorar.    

Überglücklich dankte Adam Liszt dem Kapellmeister >>>

<<< zurück