Franz Liszt Leben

Was könnte alles aus ihm werden, wenn er bessere Lehrer hätte? Liszt war sich im Klaren darüber, dass sein Sohn unbedingt umfassenderen Unterricht brauchte. Zunächst beschloss er erst einmal, ihn mitzunehmen zu Bekannten und Verwandten, um ihn vorspielen zu lassen. Er war glücklich, dass er so einen begabten Sohn hatte. Alle im Umkreis sollten ihn hören und davon Kenntnis bekommen. Oh, wenn Hummel noch da wäre, der würde Augen machen! Aber der Freund war nach Weimar gegangen und hatte seine Stelle als Hofkapellmeister angetreten. Liszt würde ihm schreiben. Vielleicht könnte dieser den kleinen Franz unterrichten. Hummel war immerhin schon ein angesehener Komponist gewesen, als er noch in Esterházys Diensten gestanden hatte. Ja, der Johann Nepomuk, der bestritt seinen Lebensunterhalt mit Musik und nicht schlecht, wie Liszt wusste. Er war stolz, so einen Freund zu haben. Eines Tages, dessen war er sicher, würde seine Familie, die Familie Liszt, ebenso gut vom musikalischen Schaffen des Jungen leben können. Ja, der Hummel, der sollte Franzls neuer Lehrer werden. Nun betrat er geräuschvoll den Raum, in dem Franzl gerade sein eigenes Stück spielte. Liszt nickte ihm aufmunternd zu. Natürlich hörte er die Schwächen sofort heraus. Eigentlich hätte er seinen Sohn ein wenig zurechtweisen müssen. Er sagte jedoch nichts. Voller Gefühl war die Musik auf jeden Fall und eines Tages würden seine Werke bestimmt hervorragend werden. Er bemühte sich, seine Bewunderung nicht allzu deutlich zu zeigen, ließ den Jungen gewähren. Später würde er mit Anna über Franzls Zukunft reden. Es dauerte nicht lange, bis Franzl ganz gut lesen und recht ordentlich schreiben konnte. Die Anmerkungen auf den Notenblättern musste der Vater nun nicht mehr vorlesen. Ihre Bedeutung kannte der Junge ohnehin schon, wenngleich er sie wie eine Empfehlung und nicht als zwingende Vorschrift behandelte. Mit Begeisterung arbeitete er sich durch Werke, die für einen Anfänger viel zu schwer schienen. Doch der Begriff „ein schweres Stück“ war ihm fremd. Zudem gab er den Kompositionen mit seiner Art des Vortrags schon in jungen Jahren eine eigene Note – seine ganz persönliche. Er liebte es zu improvisieren. Seine Fantasie schien in solchen Augenblicken grenzenlos zu sein und immer dachte er an die Zigeuner im Szegszarder Wald, die so wunderschöne Weisen zu spielen in der Lage waren, dazu nicht eine Note brauchten. Viele ihrer Melodien hatte der Junge im Kopf. Diese Musiker hielten sich nicht an musikalische Gesetze und doch waren ihre Klänge so, so...Franzl fand in seinen Gedanken kein passendes Wort, mit dem er seine Bewunderung richtig hätte ausdrücken können. Jedes Mal, wenn sie ins Dorf kamen, ließ er vom Klavierspielen ab, rannte hinaus und war glücklich. Die Musik, die er vom Blatt spielte, war ganz anders. Er liebte sie sehr, nur war sie nicht von solcher Ursprünglichkeit, sie war künstlicher. Man müsste sie miteinander verbinden und von beiden etwas zu einem Ganzen verschmelzen. So träumte Franzl, doch er behielt diese Träume für sich. Und dann waren da noch die Gesänge und die Musik, die er bei den Gottesdiensten so gern hörte. Das war wieder etwas ganz anderes. Es entsprach seinem inbrünstigen Glauben, wenn diese großen, feierlichen Töne ihn umhüllten, als täte sich eine überirdische Seele vor ihm auf. Diese Musik musste wohl der Herrgott selbst geschaffen haben. Die kleine Welt, in der Franzl lebte, zur Schule ging und dem Unterricht des Vaters folgte, war geradlinig und einfach. Aber die innere Welt, in der er seine Gefühle sortieren musste, kam ihm vor wie eine Knospe, die noch nicht weiß, was für eine Blüte sie werden will.

Im Herbst des Jahres 1819 hatte der Vater von Franz Liszt >>>

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