Franz Liszt Leben
Nun konnte Liszt seinen Entschluss wahr machen
und mit der ganzen
Familie nach Wien gehen. Als die Abreise kurz
bevorstand, war zwar
noch nichts von den versprochenen Geldern der
wohlwollenden
Herren angekommen, aber der Vater ließ sich nicht
von seinen Plänen
abbringen. Franzl musste nach Wien, koste es, was
wolle!
Er hatte lange mit seiner Frau beratschlagt und sie
war einverstanden,
dem Jungen auch in Wien ein Zuhause zu geben, ihm
den Weg zu
erleichtern und ihm gleichsam häusliche Geborgenheit
zu erhalten.
„Und gut gekleidet muss er sein, unser Franzl, wenn
er in Wien bei
erlauchten Gesellschaften spielen soll.“, ließ sich
Anna Liszt während
des Gespräches vernehmen. Sie dachte praktisch und
ihr lag das Wohl
des Jungen ehrlichen Sinnes am Herzen. Die
Geldangelegenheiten
richtete ihr Mann, darauf verstand er sich besser.
Für Franzl war das alles zunächst wie ein Abenteuer.
Er ahnte nicht,
unter welchen Umständen der Vater diese Reise
organisierte. Er ahnte
auch nicht, dass dieser seine ganze Existenz in
Raiding aufzugeben
bereit war und sie das Leben in Wien mit der Mitgift
der Mutter und den
wenigen Ersparnissen beginnen würden. Franzl wusste,
dass er nicht
mehr in die Dorfschule gehen sollte, wusste, dass
Beethoven in Wien
lebte und dass der Kaiser Franz hieß. So wie er. Das
hatte ihm der Vater
erzählt.
Anna Liszt, die ihren Sohn mit ihrer innigen
Frömmigkeit prägte, Adam
Liszt, der seinen sturen Beamtenschädel hatte und
Sohn Franz, für den
nur die Musik zählte – diese drei Menschen machten
sich am Mai 1822
auf den Weg nach Wien, auf den Weg ins Ungewisse.
Wien lag etwa eine Tagesreise nördlich von Raiding
entfernt. Es war
dunkel, als die Kutsche in Mariahilf, einer Wiener
Vorstadt, ankam. Franzl
war während der holperigen Fahrt im Arm seiner
Mutter eingeschlafen.
Als Anna Liszt ihr Söhnchen ganz sanft weckte,
blickte es schlaftrunken,
rieb sich die Augen und fand sich überhaupt nicht
zurecht. Auf der Straße
schaute der Bub unbeholfen herum. Der Vater nahm ihn
beiseite. „Schau,
Franzl, hier beginnt Dein neues Leben. Und da oben“,
er deutete auf
die erste Etage eines Hauses. „werden wir wohnen.“
Franzl nickte. Er
konnte im Dunkeln nicht viel erkennen. Die Straße
war nur mit wenigen
Gaslaternen beleuchtet. Ohnehin war zu der späten
Stunde niemand
mehr unterwegs. Die beiden Männer, die das Gepäck
hinauftrugen,
verrichteten ihre Arbeit stumm. Da stand der kleine
Franzl nun vor der
Tür der Herberge in der Stiftgasse 92 und seinen
ersten Eindruck musste
er sich für den nächsten Tag aufsparen. Jetzt war er
nur müde.
Adam Liszt hatte mehrere Zimmer in der Pension „Zum
grünen Igel“
gemietet, die alle auf derselben Etage zur Gasse hin
lagen. Morgen
würde das Klavier ankommen. Er hatte an alles
gedacht. Es durfte
seinem Franzl an nichts fehlen. Und wegen eines
guten Lehrers würde
er sich morgen sofort auf den Weg machen. Auch dafür
hatte er schon
Vorbereitungen getroffen. Wien war für Adam Liszt zu
einer neuen
Hoffnung geworden.
Kaiser
Franz I. machte sich nicht viel aus der Kunst >>>
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