Joseph Ignace Guillotin Lebenslauf
Das von dem Namen des französischen
Arztes Joseph Ignace Guillotin (häufig
auch „Joseph-Ignace Guillotin“
geschrieben) abgeleitete Eponym
„Guillotine“ für eine von Guillotin
mitentwickelte Fallbeilmaschine wurde
zum Synomym für den Terror der
Französischen Revolution und für die
Unmenschlichkeit vieler nachfolgender
Unrechtssysteme. Dabei war Guillotin
angetreten, um für die Humanität zu
wirken.
Guillotin wurde am
28. Mai 1738 in der
am Ufer des Flusses Charente in der Nähe
von Cognac und Potiers gelegenen Stadt
Saintes geboren. Das traditionsreiche
Städtchen, eines der Zentren der
mittelfranzösischen Atlantik-Region
Saintonge, zählte zu der Zeit von
Guillotins Geburt etwa 8000 Einwohner.
Joseph Ignace Guillotin, Sohn von
Catherine Agathe Guillotin (geb. Martin)
und deren
Ehemannes, des Juristen Joseph Alexandre
Guillotin, hatte zwölf Geschwister.
Seine Familie gehörte zum Establishment
der Stadt, die gesellschaftlich von der
hier ansässigen Adelsfamilie Porcellets
dominiert wurde. Joseph Ignace studierte
Literatur an der Universität von
Bordeaux und trat nach dem Erwerb des
Magister-Grades in den Jesuiten-Orden
ein, um sich auf eine Laufbahn als
Literatur-Dozent am Jesuiten-Kolleg
vorzubereiten.
1763 trat er aber aus dem
Orden aus und studierte bis 1768 in
Reims Medizin. Er setzte das Studium an
der Sorbonne in Paris fort und beendete
es 1770 erfolgreich mit der Erlangung
des Doktor-Grades.
Der junge Arzt war von 1778 bis 1783
Dozent an seiner Alma Mater. Der
vielseitig und aufklärerisch
interessierte Mediziner, der Mitglied in
mehreren Freimaurerlogen war, war ein
Jahr lang kurz vor Ausbruch der
Revolution Leibarzt des Bruders von
König Ludwig XVI., 1788 heiratete
Guillotin Elise Saugrain. Im selben Jahr
exponierte er sich politisch: Er
unterschrieb eine Petition, die unter
anderem Pressefreiheit und gerechtere
Repräsentation des Dritten Standes
verlangte.
Im Mai 1789 wurde Guillotin als einer
von zehn Pariser Abgeordneten in die
Verfassungsgebende Versammlung gewählt.
Guillotin gehörte als Sekretär der
Versammlung zu den Wortführern der
bürgerlich-revolutionären Bewegung. Auf
seine Initiative hin verlegte sich die
Versammlung, nachdem der König ihren
ursprünglichen Versammlungsort gesperrt
hatte, ins Ballhaus, dem Schauplatz des
legendären am 20. Juni 1789 geschworenen
Ballhausschwurs.
Am 26. August 1789 verabschiedete die
als Ergebnis der revolutionären
Ereignisse formierte Nationalversammlung
in Anlehnung an US-Vorbilder die
Erklärung der Menschenrechte („Liberté,
Egalité, Fraternité“). Vom dort
proklamierten Grundsatz der Egalité
(„Rechtsgleichheit“) ausgehend,
verlangte Guillotin eine Reform der bis
dahin überaus unterschiedlich
praktizierten Aufteilung in entehrende
und nichtentehrende Hinrichtungsarten.
So wurden Oberschichtler in der Regel
vom Henker mit dem Schwert oder dem
Richtbeil enthauptet, Unterschichtler je
nach Delikt dagegen gehängt, gevierteilt
oder sogar zu Tode gebrüht. Guillotin
forderte zudem die Humanisierung der oft
grausamen und langwierigen staatlichen
Tötungsmethoden durch die Einführung
einer möglichst schnellen und
unweigerlich sofort zum Tode führenden
mechanischen Methode. Guillotins am 1.
Dezember 1789 vor der
Nationalversammlung für eine lediglich
ein „Augenzwinkern dauernde“ Hinrichtung
vorgetragene Rede brachte ihn in der
Öffentlichkeit auf Dauer mit der
Fallschwertmaschine in Verbindung,
wenngleich sein eigentlicher Beitrag zur
technischen Umsetzung seines Vorschlags
eher nachrangig blieb.
Guillotins Vorschlag wurde
1791
aufgegriffen, nachdem politische
Vorstöße, die Todesstrafe gänzlich
abzuschaffen, gescheitert waren. Nach Guillotins Vorgabe baute der
Chirurgie-Professor Antoine Louis eine
Fallbeilkonstruktion, die sich an
historischen Hinrichtungsmaschinen aus
den deutschen Staaten, Großbritannien
und Italien orientierte und sie
verbesserte. Unter der Oberaufsicht von
Guillotin, Louis und dem Chefhenker von
Paris, Charles Sanson, entwickelte
schließlich 1792 der deutsche
Musikinstrumentenbauer Tobias Schmidt
den Prototyp der gleichmachenden
Revolutions-Köpfungsmaschine. Erste
Versuche mit Schafen und menschlichen
Leichnamen führten zum Ersatz der
zunächst halbrunden Schneide durch die
charakteristisch spitzschräge Schneide.
Am 20. März 1791 dekretierte die
Nationalversammlung das Guillotinieren
als einzige offizielle
Vollstreckungsmethode bei der
Todesstrafe. Dabei blieb es bis zur
Aufhebung der Todesstrafe 1981.
Die zunächst „Louisette“ und schließlich
etwa ab 1800 allgemein „Guillotine“
genannte Konstruktion wurde erstmals am
25. April 1792 bei der öffentlichen
Hinrichtung eines Straßenräubers
eingesetzt. Die anwesenden Schaulustigen
zeigten sich enttäuscht, weil sie sich
bei der schnellen Methode um das von
ihnen gewohnte Schauspiel eines
ausgedehnten Todeskampfes gebracht
sahen.
Zwischen 1793 und 1799 wurden
schätzungsweise 15.000 tatsächliche oder
vermeintliche Revolutionsgegner,
darunter etwa 2000 Adlige, durch die
„Kurzmacherin“ („La Raccourcisseuse“)
geköpft. Prominentester Delinquent auf
der Wippe war König Ludwig XVI., dessen
Nacken aber so dick war, dass das
Fallbeil mehrere Male in Aktion gesetzt
werden musste. Guillotin, der seit 1794
als Militärarzt diente, kam 1795, nach
dem Höhepunkt des „Terreur“, für einige
Wochen in Haft. Er trat danach mit
zahlreichen Vorschlägen zur Verbesserung
des Gesundheitswesens an das neue Regime
des Direktoriums und der kurz darauf
folgenden Napoleon-Ära heran. Im ganz
besonderen Maße engagierte er sich, ab
1805 als Präsident eines Impf-Komitees,
für die Propagierung von
Pockenschutzimpfungen.
Am 26. März 1814 starb Guillotin in
Paris an den Folgen einer
Schulterentzündung und nicht, wie
manchmal fälschlicherweise behauptet,
unter der Guillotine.
Joseph Ignace Guillotin Seiten,
Steckbrief etc.
n.n.v.