Joseph Beuys Lebenslauf
Joseph Beuys zählt zu den wichtigsten und originellsten
Künstlern der Bonner Republik. Zuweilen wurde sein Werk
als deutscher Gegenentwurf zum Schaffen von
Andy Warhol
bezeichnet. Beuys machte sich nicht nur in Kunstkreisen
einen Namen als herausragender Zeichner sowie Aktions-
und Installationskünstler, Fachtheoretiker und
Hochschullehrer, sondern wurde einer breiteren
Öffentlichkeit
vor allem durch seine fast durchweg
umstrittenen politischen Aktionen zum Begriff. Beuys´
optisches Erkennungszeichen war der in der
Öffentlichkeit fast ständig getragene weiche Filzhut.
Der Kaufmannssohn Joseph Heinrich Beuys kam am
12. 5.
1921 in Krefeld zur Welt. Kurz nach Joseph Beuys´ Geburt
zog die Familie ins nahe gelegene Kleve um. Beuys
besuchte dort das Gymnasium. 1939 brach er die Schule ab
und tingelte mit einem Zirkus durch Europa. 1940 kehrte
er an die Schule zurück. In seiner Schulzeit fiel er
durch sein Zeichentalent auf.
Nach dem Abitur meldete sich Beuys freiwillig zur
Luftwaffe und wurde in Posen zum Bordfunker ausgebildet.
Neben seinem Militärdienst besuchte er als Gasthörer
naturwissenschaftliche Vorlesungen. An seine
Ausbildungszeit schlossen sich Einsätze als Bordfunker
und –schütze in Sturzkampfbomber-Verbänden in Böhmen und
Mähren sowie im Adria-Raum und in Russland an.
Im März 1944 stürzte Unteroffizier Beuys in einem
Schneesturm über der Krim ab und erlitt schwere
Verletzungen. Angeblich wurde Beuys von Krimtataren
geborgen und acht Tage mit Hilfe von Fett (Heilmittel)
und Filz (Wärmemittel) gepflegt. Aus dieser Erfahrung
heraus wurde später Beuys´ Vorliebe für die Materalien
Fett und Filz bei seinen Arbeiten erklärt. Mit großer
Wahrscheinlichkeit war der
verletzte Beuys aber 1944
bereits wenige Stunden nach dem Absturz von einem
deutschen Suchtrupp geborgen und ins Lazarett gebracht
worden. Am 9. Mai1945 geriet der hoch dekorierte
Feldwebel Beuys in britische Gefangenschaft, aus der er
ein Vierteljahr später, körperlich und psychisch schwer
angeschlagen, nach Kleve zu seinen Eltern entlassen
wurde.
Beuys schloss sich einer lokalen Künstlergruppe an und
begann 1946 ein Bildhauer-Studium an der Düsseldorfer
Kunstakademie. Neben dem Studium arbeitete der
zeitlebens naturwissenschaftlich interessierte Beuys an
Tierfilmen seines ehemaligen Luftwaffen-Ausbilders Horst
Sielmann mit. 1951 zum Meisterschüler in der Klasse von
Ewald Mataré ernannt, war Beuys unter anderem an der
Ausschmückung des Aachener Doms beteiligt und hatte 1953
seine erste Einzelausstellung. Beuys, der sein Studium
im Frühjahr 1953 beendete und seitdem in einem eigenen
Atelier in Düsseldorf arbeitete , wurde von Mataré nicht
nur künstlerisch beeinflusst. Mataré, ein Anhänger der
Kulturanthroposophie Rudolf Steiners prägte nachhaltig
Beuys´ Gesellschaftsverständnis.
Mitte der 1950er Jahre litt Beuys´ unter schweren
Depressionen. 1959 erhielt er den ersten bedeutenden
öffentlichen Auftrag: Ein Gefallenen-Ehrenmal in
Meerbusch-Büderich. Zu dieser Zeit begann er intensiv
mit ungewöhnlichen Materialien, insbesondere Filz und
Fett, zu experimentieren. 1959 heiratete Beuys Eva-Maria
Wurmbach. Der Verbindung entsprangen 1961 und
1964 die
Kinder Wenzel und Jessyka.
1961 folgte Beuys einem Ruf auf dem Lehrstuhl für
Monumentalbildhauerei der Staatlichen Kunstakademie in
Düsseldorf. Beuys´ Schaffen und Lehrtätigkeit war seit
Anfang der 1960er Jahre von einem erweiterten, betont
gesellschaftspolitisch akzentuierten Kunstbegriff
bestimmt, der Beuys immer wieder in Konflikt mit der
arrivierten Kulturszene brachte. Der überaus engagierte
Hochschullehrer Beuys legte großen Wert auf
Theorie-Gespräche mit seinen Studenten. Zu den
Künstlern, die bei ihm
studierten, gehörten spätere
Kunstgrößen wie Jörg Immendorff und Felix Droese.
Nicht zuletzt Beuys´ Auffassung, dass jeder Bewerber,
der ein Kunststudium aufnehmen wollte, ohne selektive
Aufnahmeprozedur aufzunehmen sei, machte ihn im
Akademietrieb unbequem. Beuys´ Ankündigung 1971 alle von
seinen Kollegen abgelehnten Akademie-Bewerber
unterrichten zu wollen, sorgte für erhebliches Aufsehen.
Nach weiteren Querelen, unter anderem Besetzungen des
Hochschul-Büros durch Beuys und Studenten, wurde der
aufsässige Kunstprofessor
1972 vom damaligen
nordrhein-westfälischen Wissenschaftsminister Johannes
Rau fristlos gekündigt. Die Kündigung und Beuys´
polizeiliche Verweisung vom Akademie-Gelände stieß auf
große Empörung in Intellektuellenkreisen und wurde 1980
nach einem vieljährigen Prozess vom Bundesarbeitsgericht
für rechtswidrig erklärt.
Beuys war seit der documenta III (1964) bis zu seinem
Tod auf jeder documenta mit seinen Arbeiten vertreten.
Spektakuläre Aktionskunstwerke sorgten für ständige
Medienpräsenz und wachsende Bekanntheit von Beuys.
Besonders bekannt wurden seine Aktion „Wie man dem toten
Hasen die Bilder erklärt“, bei der Beuys 1965 mit
goldstaub- und honigverschmiertem Kopf stundenlang einem
toten Hasen Ausstellungsbilder erklärte oder die Aktion
„I like America and America likes Me“, bei der sich
Beuys 1974 vollständig im Filz einwickeln ließ und
tagelang mit einem Kojoten in einem New Yorker
Galerie-Raum verbrachte. Berühmt wurde auch seine Aktion
„Stadtverwaldung“, bei der er anlässlich der documenta 7
1982 Kassel mit 7000 Eichen mit jeweils einer Baststele
bepflanzen wollte. Die Aktion wurde tatsächlich 1987 im
Sinne Beuys´ abgeschlossen. Seit Ende der 1960er Jahre
werden Beuys-Werke als teure Produkte auf dem Kunstmarkt
gehandelt.
1985 erkrankte Beuys an einer seltenen Lungenkrankheit,
an der er am 23. Januar 1986 in Düsseldorf starb.