Biografie Ignaz Semmelweis Lebenslauf
Der als „Retter der Mütter“ in die Medizingeschichte
eingegangene, in Wien tätige Geburtsarzt Ignaz
Semmelweis, hat als erster Mediziner den Zusammenhang
zwischen durch Unsauberkeit verunreinigten Wunden und
Sterblichkeitsraten von Patienten nachgewiesen.
Semmelweis´ Erkenntnisse, die später zur Grundlage
moderner Krankenhaus-Hygiene geworden sind, wurden lange
Zeit heftig bekämpft und sind erst nach seinem
tragischen Tod anerkannt worden.
Ignaz Philip (Ignác Fülöp) Semmelweis wurde am
1. Juli
1818 in der ungarischen Donau-Stadt Buda (deutsch:
„Ofen“), die sich 1873 mit den Nachbarstädten Obuda und
Pest zur ungarischen Metropole Budapest vereinigte,
geboren. Semmelweis war eines von zehn Kindern des
Ehepaars Josef (1778-1846) und Teresia Semmelweis
(1790-1844). Seine Familie väterlicherseits stammte von
Donauschwaben ab, die sich wahrscheinlich im 17.
Jahrhundert im Burgenland und in Westungarn
niedergelassen hatten. Der Vater der Mutter, Philipp
Müller, war
ein prominenter und wohlhabender
Postwagenbauer, der 1791 von Wien nach Buda gezogen war.
Mit Unterstützung seines Schwiegervaters war Josef
Semmelweis zu einem der reichsten Kaufleute von Buda
aufgestiegen und konnte seinen Kindern eine
ausgezeichnete Ausbildung ermöglichen.
Ignaz Semmelweis besuchte das Piaristengymnasium in Buda
(1829-1835). Die Frage, ob er sich wie drei seiner
Brüder, die ihre Namen magyarisiert hatten und aktiv am
ungarischen Nationalaufstand von 1849 beteiligt waren,
in erster Linie als Ungar oder doch eher als Deutscher
oder als Untertan der Habsburger Monarchie im Kaisertum
Österreich gesehen hat, war einige Zeit Anlass für
heftige Fach-Diskussionen. Seit den 1960er Jahren wurde
der in seinem Geburtsland hohes Ansehen genießende
Semmelweis in der Literatur vornehmlich als „ungarischer
Arzt“ bezeichnet. Josef Semmelweis hatte für seinen Sohn
eine Karriere als Militärjurist (Auditor) geplant. Von
1835 bis 1837 studierte Semmelweis deshalb Jura in Pest.
1837 setzte er das Rechtsstudium an der Wiener
Universität fort.
1838 wechselte er zum
Medizin-Fachbereich. 1844 bestand er das Magisterexamen
im Fach Geburtshilfe und schloss das Studium im selben
Jahr erfolgreich mit der Promotion ab.
Er bekam eine Anstellung im Allgemeinen Krankenhaus in
Wien. Daneben arbeitet er am Institut für Pathologie und
erwarb sich hier Kenntnisse im Bereich „Systematische
Obduktionen“. Ab 1846 war er als Assistenzarzt in der
Ersten geburtshilflichen Abteilung des Allgemeinen
Krankenhauses beschäftigt.
Semmelweis sah sich hier mit dem Problem des
Kindbettfiebers konfrontiert, an dem viele eingelieferte
Schwangere starben. Dem jungen Arzt fiel auf, dass die
Sterblichkeitsrate (5 – 15 %) in seiner Abteilung
wesentlich höher war als in einer anderen
geburtshilflichen Abteilung des Krankenhauses, in der
Mädchen zu Hebammen ausgebildet wurden. Semmelweis
untersuchte bei seinem Bemühen, der Ursache für diese
Diskrepanz auf den Grund zu gehen, besonders gründlich.
In Folge starben noch mehr Schwangere und er bekam den
Ruf, ein „Todesdoktor“ zu sein. Der Tod seines Freundes
und Kollegen Jakob Kolletscha brachte Semmelweis
1847
auf die richtige Spur. Kolletscha war bei einer
Obduktion mit einem bei der Leichensektion benutzten
Skalpell verletzt worden und starb kurz darauf an einer
im Verlauf dem Kindbettfieber ähnelnden Blutvergiftung.
Semmelweis stellte daraus einen Sachzusammenhang
zwischen Leichengift und Tod her. Die die Patientinnen
in der 1. Geburts-Abteilung va ginal untersuchenden
Mediziner hatten ständig Kontakt mit Leichen, die
Hebammenschülerinnen in der 2. Abteilung waren dagegen
weder direkt an Vag inaluntersuchungen noch an
Leichenobduktionen beteiligt. Semmelweis reinigte
aufgrund dieser Feststellung seine Hände vor jeder
Untersuchung mit Chlorkalk und verlangte dieses Vorgehen
auch von dem ihm zuarbeitenden Personal. Binnen kurzer
Zeit sank die Sterblichkeitsrate in seinem Bereich
deutlich von über 12 % auf unter 2 %.
Mangels noch nicht vorhandener Kenntnisse über
Bakteriologie mochten die meisten von
Semmelweis´ Kollegen dem praktischen Anscheinsbeweis
nicht folgen. Sie fühlten sich stattdessen in ihrer
Berufsehre als Heiler gekränkt, reagierten mit Ablehnung
und sogar mit Feindseligkeit. Koryphäen wie Rudolf
Virchow griffen Semmelweis´ 1847 von Ferdinand von Hebra
(„Höchst wichtige Erfahrungen über die Ätiologie der in
Gebäranstalten epidemischen Puerperalfieber“) in einer
Wiener Ärzte-Zeitschrift veröffentlichten Thesen heftig
an. Diese auch anderenorts im Wissenschaftsbetrieb zu
beobachtende Verhaltensweise wurde später als
„Semmelweis-Reflex“ bezeichnet. Semmelweis musste 1849
als Folge einer Intrige das Krankenhaus verlassen und
eröffnete schließlich eine Privatpraxis in Pest.
Ab 1855 lehrte Semmelweis als Professor für Geburtshilfe
an der Pester Universität. Seine Vorstellungen von
Desinfektion fanden nur wenige Anhänger.
1865 wurde der wahrscheinlich an Depressionen und Demenz
erkrankte Professor unter dubiosen Umständen in die
Niederösterreichische Landesirrenanstalt im Wiener
Vorort Oberdöbling eingeliefert.
Dort starb der 47-jährige Semmelweis am 13. August 1865.
Ob als Folge einer durch Misshandlungen verursachten
Sepsis, einer „Gehirnlähmung“ oder einer Lues-Erkrankung
blieb ungeklärt. Semmelweis hinterließ seine Frau Maria,
mit der er fünf Kinder hatte, von denen allerdings drei
vor Vollendung des ersten Lebensjahres starben.
1867 verhalf der „Vater der antiseptischen Chirurgie“
genannte Leibarzt der britischen Königin Victoria,
Joseph Lister, Semmelweis´ Thesen durch spektakuläre
Forschungsergebnisse zum Durchbruch. Allerdings hielt
sich noch bis zur Jahrhundertwende bei vielen Medizinern
hartnäckig die Irrmeinung, dass Kindbettfieber durch „in
den Frauen innewohnenden Faulstoffen“ verursacht werde.