Francisco Franco Lebenslauf
Francisco Franco y Bahamonde Salgado Pardo ist mit
dem fragwürdigen Prädikat, einer der am längsten
sein Land beherrschender Diktator gewesen zu sein,
in die Geschichtsbücher eingegangen. Fast 40 Jahre
lang herrschte er als Caudillo, als „Führer von
Gottes Gnaden“, mit harter Faust über das spanische
Volk. Nur Enver Hodscha, der sich spätestens seit
1949 endgültig die alleinige Macht in Albanien
gesichert hatte und sie bis zu seinem Tode 1985
behielt, hat in Europa des 20. Jahrhunderts eine
längere Diktatorenschaft als Franco gehabt.
Franco ist am
4. Dezember 1892 in der
nordwestspanischen Hafen- und Marinestadt Ferrol
(1900: ungefähr 26.000 Einwohner) geboren worden.
Francos Vater Nicolas Franco diente als
Marineoffizier und war relativ leichtlebig. Die auf
Franco den entscheidenden erzieherischen Einfluss
ausübende Mutter, Pilar Bahamonde, war dagegen
sittenstreng, erzkatholisch und ultrakonservativ.
Zur Zeit von Francos Kindheit hatte Spanien seine
einst herausragende und das politische
Selbstverständnis der spanischen Monarchie prägende
Stellung als koloniale Überseemacht endgültig
verloren. Nach dem Verlust Kubas und der Philippinen
als Folge der Niederlage gegen die USA im
Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 war der
einstigen Supermacht nur noch ein zweitrangiger
Kolonial-Streubesitz in Nord- und Westafrika
(Fernando Póo, Spanisch-Sahara, Melilla, Ceuta)
geblieben. Für Franco war von den Eltern, der
Familientradition folgend, eine Militärkarriere bei
der Marine vorgegeben worden. Unter anderem, weil
die Marine wegen des Verlusts der spanischen
Kolonialgröße an Bedeutung verloren hatte, schlug
Franco den Weg ein, Heeresoffizier zu werden. Seine
Ausbildung an der Kadettenanstalt in Toledo schloss
er mit einem mittelmäßigen Diplom ab.
Die vom deutschen Kaiser Wilhelm II. 1911 ausgelöste
Zweite Marokkokrise führte 1912 dazu,
dass der
größere Teil des Sultanats Marokko unter
französisches Protektorat gestellt wurde. Der von
der Fläche mit dem Bundesland Hessen vergleichbare
gebirgige Küstenstreifen (Rif-Gebiet) im Norden
wurde auf Initiative Frankreichs als „Protektorat
Spanisch-Marokko“ de facto zur einer neuen
spanischen Kolonie. Auseinandersetzungen mit
einheimischen Berbergruppen führten zum Einsatz
spanischer Truppen. Auch Unterleutnant Franco wurde
nach Afrika geschickt und bewährte sich in den Augen
seiner Vorgesetzten rasch. 1913 erhielt er sein
erstes eigenständiges Truppenkommando. Franco
zeichnete sich durch extreme Härte
gegenüber den
Gegnern und den eigenen Männern, auf spanischer
Seite kämpfende Einheimische, aus. 1914 wurde Franco
mit 22 Jahren zum jüngsten Hauptmann des spanischen
Heeres ernannt. Nach einer schweren Verwundung
folgte Anfang 1917 die Beförderung zum Major und die
Rückversetzung nach Spanien. Im August 1917 war
Franco einer der militärischen Hauptverantwortlichen
bei der gewaltsamen Niederschlagung eines
Generalstreiks in Asturien.
Als
1920 nach dem französischen Vorbild der
legendär-berüchtigten Légion étrangère in Spanien
eine Fremdenlegion („Legión Española“) aufgebaut
werden sollte, wurde der im Rifkrieg erfahrene
Franco zum stellvertretenden Kommandeur dieser
neuen, aus Spaniern und Ausländern rekrutierten
Truppe ernannt. Von 1921 bis 1927 kämpfte Franco
(seit 1923 Kommandeur der Legion) gegen die
Stammeskrieger des Rifkabylen-Führers Abd el-Krim.
Spanien konnte den mit äußerster Brutalität, unter
anderem unter Einsatz von Kampfgas geführten
Rifkrieg militärisch für sich entscheiden. Franco
wurde von vielen Spaniern als Nationalheld gefeiert.
Inzwischen auf der Karriereleiter bis zum
Brigadegeneral (1926) aufgestiegen, übernahm Franco
1928 das Kommando der Militärakademie in Saragossa.
1931 wurde König Alfons XIII. zum Entsetzen des
Monarchisten Francos gestürzt und die (Zweite)
Republik ausgerufen. Nach Auflösung der
Saragossa-Akademie erhielt Franco ein Kommando in
Galicien. Da die republikanische Links-Regierung ihm
vorwarf, zumindest indirekt den gescheiterten
Putschversuch von General Sanjurjo 1932 unterstützt
zu haben, erhielt er
1933 die einer Degradierung
gleichende Versetzung als Militärgouverneur auf die
Balearischen Inseln. Nach den Wahlen 1933 kam mit
Alejandro Lerroux ein gemäßigter Politiker an die
Spitze der sich politisch in Richtung Rechts
bewegenden spanischen Regierung. Als im Herbst 1934
ein von anarcho-syndikalistischen Gewerkschaften
getragener Aufstand in Asturien ausbrach, erhielt
der rebellenerfahrene General Franco das Kommando
über die Regierungstruppen im Aufstandsgebiet. Der
Linksaufstand wurde von Militär und Guardia Civil
gebrochen. Zehntausende tatsächliche oder
mutmaßliche Rebellen fielen Hinrichtungen und
Folterungen zum Opfer.
Spanien befand sich 1934 am Rande eines
Bürgerkriegs. Die schwache Regierung ernannte Franco
zum Generalstabschef. Franco nutzte diese Position,
um republiktreue Offiziere aus der Armee zu
entfernen und förderte Anhänger monarchistischer und
anderer rechter Polit-Überzeugungen. Bei den Wahlen
im Februar 1936 erhielten die auf der Wahlliste der
Volksfront vereinten Linksparteien die relative
Mehrheit vor dem rechten Wahlbündnis. Der mit einem
Putsch sympathisierende Franco wurde von der neuen
Regierung als Generalstabschef abgesetzt und auf die
Kanaren abgeschoben.
Nach dem Beginn der Volksfront-Regierung steigerte
sich Spanien vor dem Hintergrund desolater
wirtschaftlicher Verhältnisse bereits seit Jahren
politisch destabilisierender Machtkampf zwischen
Rechten und Linke zur ständigen Gewaltausbrüchen,
Attentaten und Straßenkämpfen. Im Sommer 1936
schloss sich Franco, der trotz seiner
antirepublikanischen Einstellungen bis dahin eine
offene Unterstützung von Putschplänen vermieden
hatte, dem Kreis umsturzwilliger hochrangiger
Militärs um die Generäle Sanjurjo und Mola an. Zum
Umfeld der Putschisten gehörten auch zahlreiche
monarchistische und rechtsextreme Gruppierungen wie
die von Primo de Rivera geführte, in der Literatur
oft als „faschistisch“ bezeichnete Falange.
Auslöser für Francos endgültigen Entschluss, mit
Gewalt gegen die Republik vorzugehen, war die
unrechtmäßige Erschießung des rechtsgerichteten
Politikers Calvo Sotelo in republikanischer Haft am
13. Juli 1936. Am 18. Juli löste Franco von den
Kanarischen Inseln den Aufstand gegen die Republik
aus. Erste Zentren des Putsches waren neben den
Kanaren die Garnisonen in Spanisch-Marokko. Der
Konflikt griff rasch auf das spanische Festland
über. Der Staatsstreich scheiterte zunächst am
Widerstand eines Großteils der Bevölkerung und des
Militärs. Es folgte der verheerende, drei Jahre
dauernde Spanische Bürgerkrieg, in dem ungefähr
800.000 Menschen ihr Leben verloren. Der
Volksfrontregierung stand eine vielfältige
Rebellen-Koalition, die Nationalisten, aus zum Teil
sich gegenseitig misstrauenden Monarchisten,
gemäßigten Republikanern, Falangisten, Militärs und
Klerikern gegenüber. Die Volksfront erfuhr eine
breite internationale Solidarität von linken und
liberalen Kräften. Zahlreiche ausländische
Freiwillige kämpften in den Internationalen Brigaden
auf Seiten der bedrohten Republik. Doch war das
republikanische Lager in sich zerstritten: So
schwächten blutige Auseinandersetzungen zwischen
Anarchisten, Trotzkisten und Stalinisten die
Kampfkraft der Volksfront erheblich. Mitentscheidend
für den letztlichen Sieg der Nationalisten 1939 war
die direkte militärische Unterstützung durch
Nazi-Deutschland („Legion Condor“), Italien und
Portugal sowie die massive finanzielle Unterstützung
durch US-Konzerne. Franco gelang es bereits in den
ersten Monaten des Kriegs, sich zum Anführer der
Nationalisten zu machen. Am 20. Juli 1936 war der
die Anführerschaft der Putschisten beanspruchende
General Sanjurjo bei einem Flugzeugabsturz ums Leben
gekommen. Franco setzte sich bei der Frage, wer
Sanjurjos Position einnehmen solle, gegen General
Mola durch. Im September wurde Franco von der die
Spitze der Rebellion bildenden Junta zum
Oberbefehlshaber der Rebellen bestimmt. Am 1.
Oktober 1936 folgte in Burgos die Proklamation zum
spanischen Staatschef („Jefe del Estado“).
Neben seiner militärischen Aufgaben, die mit
grausamen Repressionen gegen tatsächliche oder
vermeintliche Volksfront-Anhänger in den von den
Nationalisten eroberten Gebieten einhergingen, baute
Franco sich eine parteipolitische Basis zur
dauerhaften Absicherung seiner Macht auf. Er
vereinte Falange und die monarchistische Comunión
Tradicionalista zur Movimiento Nacional, deren
Angehörige blaue Hemden trugen.
Nach dem Sieg über die Republik übergab Franco die
Macht nicht, wie von vielen Monarchisten gehofft, an
eine der in Frage kommenden Thronprätendenten,
sondern beanspruchte, gestützt auf Militär, Kirche,
Movimiento Nacional und Großgrundbesitz die
Staatsführung auf Dauer als „Caudillo“, als „Führer
Spaniens von Gottes Gnaden“, für sich. Francos
Macht, sich bis zu seinem Tod 1975 an der Spitze des
Staates zu halten, basierte vor allem auf seiner
Fähigkeit, sich die miteinander konkurrierenden
Kräfte in nationalen Lager zu verpflichten
beziehungsweise geschickt gegeneinander auszuspielen
und sich selbst als alternativloser Garant für die
Einheit dieses Lagers darzustellen.
Franco dekretierte in einem seine Nachfolge
regelnden Gesetz, dass nach seinem Tod wieder ein
König an der Spitze der vom Caudillo als eine Art
Reichsverweser 1947 wieder eingeführten Monarchie
stehen sollte.
Trotz der dringenden Aufforderungen von Hitler und
Mussolini, als Gegenleistung für die militärische
Unterstützung durch deutsche und italienische
Truppen den Achsenmächten beizutreten, blieb
Franco-Spanien im Zweiten Weltkrieg formal neutral.
Lediglich mit maximal etwa 20.000 Mann starken
Freiwilligenverbänden („Blaue Division“, „Spanische
Legion“) unterstützte Franco Hitler von 1941 bis
1944 bei dessen „antibolschewistischen
Schicksalskampf“. Nachdem sich die Niederlage
Hitlers abzuzeichnen begann, wurden die Beziehungen
zwischen Berlin und Madrid, auch auf aufgrund
außenpolitischen Drucks durch die Alliierten,
deutlich kühler.
Das von Franco entwickelte, auf seine Person
zugeschnittene autoritär-konservative und
faschistische Elemente aufweisende politische
Programm des ständestaatlich organisierten,
demokratiefremden „Neuen Staates“ („Estado Nuevo“)
erhielt die Bezeichnung „Franquismus“. Unter anderem
war für den Franquismus eine Betonung des spanischen
Zentralstaates kastilischer Ausrichtung eigen.
Regionale politische oder kulturelle Bestrebungen,
wie zum Beispiel die Pflege der baskischen oder
katalanischen Sprache, wurden konsequent
unterdrückt.
Die erste Phase („Blaue Periode“) des Franquismus
(1936 bis 1947) war von blankem Terror geprägt.
Hunderttausende Spanier wurden ermordet, etwa 1,5
Millionen kamen in Konzentrationslager (von denen
die letzten erst Anfang der 1960er Jahre aufgelöst
wurden). Spanien befand sich in den Jahren
unmittelbar vor und nach 1945 in weitgehender
außenpolitischer Isolierung.
Dieser bleiernen Zeit des frühen Franquismus folgte
eine zweite, im Zusammenhang mit dem
Kalten Krieg
durch die Annäherung der USA und anderer
NATO-Staaten an das antikommunistische Spanien sowie
durch eine wirtschaftliche Aufwärtsbewegung
gekennzeichnete Periode. In dieser
spätfranquistischen Zeit wurde den Spaniern zwar
weiterhin elementare Grundrechte und politische
Beteiligungsmöglichkeiten vorbehalten. Aber in ihrem
unmittelbaren Alltagsleben blieben die Spanier vom
Staat weitgehend unbehelligt, solange sie das System
nicht grundsätzlich in Frage stellten.
1969 ernannte der greise Franco den
Bourbonen-Prinzen Juan Carlos (geb. 1938) zu seinem
Nachfolger als Staatsoberhaupt und machte ihn zum
designierten König. Aber Juan Carlos sollte nach dem
Willen Francos nicht die Machtfülle des Caudillos
erben, sondern durch die Streitkräfte in seinen
Kompetenzen beschränkt und kontrolliert werden.
Am 22. November 1975 starb Franco fast 83-jährig an
den Folgen eines Herzinfarkts in Madrid.
Dem franquistischen System wurde von dem für viele
Beobachter nach Francos Tod überraschend
selbstbewusst auftretenden Prinzen Juan Carlos
beendet. Als er am 22. November 1975 als Juan Carlos
I. auf dem fast 50 Jahren verwaisten spanischen
Thron Platz nahm, wurde er in der Öffentlichkeit
zumeist noch als Marionette des franquistischen
Militärs eingeschätzt. Doch ihm gelang binnen
weniger Jahre, Spanien auf den Weg zur einer
parlamentarischen Monarchie und zu einer
demokratischen Gesellschaft zu führen. Mit der auch
Jahrzehnte nach Francos Tod immer noch nicht
abgeschlossenen Aufarbeitung der Franco-Zeit haben
es sich Spanien und die Spanier allerdings schwer
getan. So wurde zum Beispiel erst 2005 eine sieben
Meter große Franco-Statue in Madrids Innenstadt
entfernt.