Edith Stein Lebenslauf
Die Karmelitin Edith Stein war die erste katholische
Nonne von jüdischer Geburt, die heilig gesprochen wurde.
Die am
12. Oktober 1891 als letztes von insgesamt elf
Kindern eines gut situierten schlesischen Holzhändlers
jüdisch-orthodoxen Glaubens in Breslau geborene Edith
Stein zeichnete sich bereits in ihrer Jugend durch
ausgesprochen eigenständiges Denken aus. Vor allem
hinterfragte sie die religiösen Werte und Vorgaben ihres
jüdischen Umfelds sowie die rechtliche und soziale
Diskriminierung der Frau in der wilhelminischen
Gesellschaft. Wegen ihrer Einstellungen, die sie sogar
für einige Zeit zur Anhängerin des
Atheismus werden
ließen, geriet die junge Edith Stein häufig in
Konflikte.
Ihre Mutter, die nach dem frühen Tod des Vaters
Familienoberhaupt geworden war, unterstützte zumindest
zum Teil die intellektuellen Ambitionen ihrer Tochter.
Sie eröffnete Edith Stein die für die damalige Zeit für
eine Frau eher ungewöhnliche Möglichkeit, ein Studium zu
absolvieren. Die begabte Studentin belegte vor allem
Veranstaltungen in Psychologie, Geschichte und
Philosophie an den Universitäten Freiburg im Breisgau,
Breslau und Göttingen. 1916 promovierte sie bei dem
damals in Freiburg lehrenden Edmund Husserl (1859-1938),
dem Begründer der modernen Phänomenologie. Ihre
Doktorarbeit „Zum Problem der Einfühlung“ erhielt die
höchstmögliche Bewertung „summa cum laude“. Edmund
Husserl (1859-1938), der mit seinem Wissenschaftsansatz
von der Betonung des dem Bewusstsein unmittelbar
Erscheindenden die Philosophie in Richtung einer
empirischen Wissenschaft zu führen versuchte, galt als
revolutionärer Denker seines Fachs. Edith Stein
arbeitete von 1916 an als Assistentin ihres
Doktorvaters. Ihr Nachfolger wurde 1919 Martin Heidegger
(1889-1976).
In den Folgejahren versuchte sich Edith Stein zu
habilitieren, um die Voraussetzung für eine Professur zu
begründen. Ihre Habilitationsschriften wurden mit großer
Wahrscheinlichkeit wegen Edith Steins Geschlecht und
ihrer jüdischen Herkunft abgelehnt und so blieb ihr die
angestrebte Karriere im akademischen Lehrbetrieb
versagt. Eine ihrer Habilitationsschriften erschien 1950
in einer von ihr 1936 überarbeiteten Version unter dem
Titel „Endliches und ewiges Sein“. In der als ihr
wissenschaftliches Hauptwerk geltenden Schrift setzte
sich die Philosophin mit ontologischen Fragestellungen
auseinander.
Dabei nahm das Werk des Heiligen Thomas von
Aquin (um 1225-1274) großen Raum ein.
Nach Beschäftigung mit dem Leben und den Schriften der
Heiligen Teresa von Ávila (1515-1582), der Begründerin
der „Unbeschuhten Karmelitinnen“, einer sich an der
ursprünglichen Ordensregel des Karmeliten-Ordens
orientierenden römisch-katholischen Nonnenkongregation,
konvertierte Edith Stein 1922 zum Katholizismus. Ab 1923
arbeitete sie in Speyer als Lehrerin an
Dominikaner-Klosterschulen. 1932 trat sie eine
Dozenten-Stellung am „Institut für wissenschaftliche
Pädagogik“ der katholischen Kirche in Münster an. Hier
arbeitete sie unter anderem in der Mädchenbildung und an
Fragen zur Stellung der Frau.
Kurz nach der Machtübernahme durch die Nazis wandte sich
Edith Stein
im April 1933 in einem Bittbrief an Papst
XI., in dem der Heilige Vater um öffentliche
Stellungnahme gegen die Boykott- und Terror-Maßnahmen
des Hitler-Regimes gegen die jüdischen Deutschen
aufgefordert wurde. Eine erhoffte Reaktion des Heiligen
Stuhls, der damals in Verhandlungen um ein
„Reichskonkordat“ genanntes Vertragswerk mit Berlin
stand, blieb aus.
Edith Stein, die sich trotz ihrer Taufe weiterhin eng
mit dem jüdischen Volk verbunden fühlte, beugte sich
Ende April 1933 dem wachsenden Druck der Nazis auf
„rassisch jüdische“ Lehrpersonen und gab ihre Stellung
in Münster auf, um das Institut vor möglichen
Repressalien zu schützen. Im Oktober 1933 trat sie in
den Kölner Karmel (Kloster) der Unbeschuhten
Karmelitinnen (Ordo Carmelitarum Discalceatorum, OCD)
ein. Sie nahm den Ordensnamen „Teresia Benedicta vom
Kreuz“ an. 1936 zog auch eine acht
Jahre ältere
Schwester von Edith Stein, die ebenfalls getaufte Rosa
Stein, nach Köln nach. Rosa Stein wurde von der
Laienorganisation des OCD aufgenommen und arbeitete als
Pförtnerin im Karmel, trat aber selbst nie in den Orden
ein.
1938 wichen die Schwestern Stein in den OCD-Karmel in
Echt (Niederlande) aus. Auch nach der Besetzung der
Niederlande 1940 blieben die Schwestern zunächst
unbehelligt. Der an der Spitze des Besatzungsregimes
stehende NS-Reichskommissar hatte mit Kirchenvertretern
ein Stillhalteabkommen abgeschlossen, nach dem getaufte
Juden von Verfolgungen ausgenommen sein sollten. Als
Reaktion auf einen antinazistischen Hirtenbrief eines
niederländischen Erzbischofs wurden dann 1942 doch
zahlreiche Konvertiten verhaftet und nach Auschwitz
verschleppt. Darunter auch Edith Stein, die trotz der
persönlichen Möglichkeit, in die Schweiz fliehen zu
können, in den Niederlanden blieb, um ihre Schwester
nicht allein zu lassen. Edith Stein soll bei ihrer
Verhaftung zu ihrer Schwester die Worte „Komm, wir gehen
für unser Volk.“ gesprochen haben.
Edith und Rosa Stein wurden am 9. August 1942 in den
Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet.
1987 sprach Papst Johannes Paul II. Edith Stein in Köln
als Märtyerin selig. Elf Jahre später folgte die
Heiligsprechung. Der Gedenktag für die Heilige Teresia
Benedicta vom Kreuz, die 1999 zusätzlich zur „Patronin
Europas“ erklärt wurde, ist auf den 9. August
festgelegt.
Edith Stein
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