Die Mode des 17. Jahrhunderts
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, nach dem
Abklingen der großen Pestepidemien, kam es in Europa
zu einem wirtschaftlichen und politischen Aufstieg
des Bürgertums. Das reiche Patriziat bekam immer
stärkeren gesellschaftlichen Einfluss, was
gravierende mentale Veränderungen zur Folge hatte.
Die Macht der Kirche und des Rittertums schwand und
die der Städte mehrte sich.
In der Mode drückte sich das vor allem durch
individuell gestaltete Gewandformen aus. Bereits im
Laufe des Hochmittelalters bekam die Kleidung beider
Geschlechter einen den Körper deutlich
hervorhebenden Schnitt, was sich im 15. Jahrhundert
nochmals verstärkte. Zudem kam es zu einem
schnelleren Wechsel der Moden und zu immer wieder
kritisierten Auswüchsen wie Schellen oder übermäßige
Hängeärmel an der Kleidung.
Die Veränderungen begannen bei der Männerkleidung
bereits Mitte des 14. Jahrhunderts. Die der Frauen
folgte etwa 20 Jahre später. Um 1400 existierten so
große Unterschiede in der Kleidung der Völker und
selbst innerhalb der sich herausbildenden
Nationaltrachten. Engländer, Deutsche, Franzosen
oder Italiener erkannte man nun an ihrem Gewand. Die
deutlichsten Unterschiede bestanden in der Schuhmode
und den bei den Kopfbedeckungen.
In jener Zeit entwickelte sich das wieder
entstandene Herzogtum Burgund zu einem kulturell und
modisch tonangebenden Territorium. Von ihm gingen
zahlreiche Trends nach Nord-, Mittel- und Osteuropa
aus. In Burgund verband sich die großbürgerliche
Lebensweise der kulturell und wirtschaftlich am
meisten fortgeschrittenen Territorien der
Niederlande mit dem überfeinerten französischen
Hofstil. Die burgundische Mode strahlte höfische
Eleganz und bürgerliche Gediegenheit gleichermaßen
aus.
Die weiten, mantelartigen Obergewänder (Houppelanden)
beider Geschlechter mit ihrem Aufputz von Zatteln
und Schellen sind besonders hervorzuheben. Daneben
kam ein extravaganter weiblicher Kopfschmuck in
Mode, etwa die Hennin und die Hörnerhaube.
Neben Burgund entwickelte sich Italien mit seinen
reichen Stadtrepubliken und Fürstentümern sukzessive
zum zweiten wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum
Europas. Besonders Tuchherstellung und der Handel
mit Stoffen brachten dort zahlreiche Innovationen
hervor. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
bildeten sich in den europäischen Adelszentren
spezifische Moden heraus. Nord- und Mitteleuropa
lehnte sich an die burgundischen Trends an. Italien
und Spanien wiesen dagegen stärkere Bindungen an den
Orient auf.
In der Männermode dominierten mantelartige
Obergewänder, in Frankreich und England die
Houppelande, in Burgund auch der weite und
faltenreiche Tappert. Letzterer wurde auch in
Deutschland viel getragen. In Italien kleideten sich
die Männer in Giubberello, Giubbone und Zimarra und
in Spanien trug man Zimarro und Marlotta. Um 1430
verkürzte sich der Tappert auf Knielänge, wurde nun
gegürtet und erhielt einen abstehenden Schoss.
Gleichzeitig kam die Schecke, aus der sich später
das Jackett entwickeln sollte, bei jungen Männern
für einige Jahrzehnte aus der Mode.
Bei den Kopfbedeckungen dominierten im allgemeinen
Turbanformen, als Rund- oder Spitzhut. Das
kurzgeschnittene Haar kämmte man vom Wirbel aus
gleichmäßig in alle Richtungen. Bevorzugte
Fußbekleidung waren das mit Ledersohle verstärkte
Beinkleid und Schnabelschuhe in einer gemäßigten
Form.
Das Kleid der Frau gestaltete sich faltenreicher,
wobei das Oberteil anliegend blieb. In Frankreich
und Burgund öffnete es sich zu einem spitzen
Dekolleté, so dass im Ausschnitt das untere Kleid
als Brusttuch zur Geltung kam. Venezianische Damen
der Oberschicht kleideten sich mit der Zimarra,
einem ärmellosen Mantel. Als weibliches
Schönheitsideal der Zeit galt die hoch ausrasierte
Stirn. Die Mode der Kopfbedeckung stammte noch aus
dem 14. Jahrhundert. In England kamen allmählich die
Tudorhaube und in Italien der Balzo auf.
Bei der Kleidung dominierte in den Oberschichten das
Mi-parti, eine vertikale farbliche Teilung der
Gewänder. Besonders in der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts erfuhren die Betonung des Vertikalen,
das Spitze in der Linienführung und eine
Gespreiztheit in modischen Gebaren innerhalb der
Oberschichten ihre stärkste Ausprägung. Die
Obergewänder schnitt man wieder enger, jenes der
jungen Männer auch wieder kürzer. Dazu trugen die
Herren eine strumpfhosenähnliche Hose mit einer
ausgeprägten Schamkapsel und überaus lange
Schnabelschuhe. Gegen diese extrovertierten
Kleidungsstile bezog die Kirche wiederholt Stellung.
Auch mittels ständischer Kleiderordnungen versuchten
die Herrschenden Übertreibungen Einhalt zu gebieten.
Für die immer einflussreicheren bürgerlichen
Gesellschaftsschichten als Träger von Wirtschaft und
Kultur galt nach 1470 der Mantelrock, die Schraube,
als ebenso repräsentativ wie bequem. Als modischer
Aufputz kamen Pelzverbrämungen zur Geltung. Statt
des höfischen Schnabelschuhs verbreitete sich in
bürgerlichen Kreisen der gemäßigte
Entenschnabelschuh.
Die Frauenkleider verloren um die Mitte des 15.
Jahrhunderts ihren hemdartigen Schnitt. Das Oberteil
wurde vorn geschnürt. Das darunter gezogene Hemd
bekam eine eigene modische Bedeutung, da es unter
den verkürzten oder aufgeschlagenen Ärmeln sichtbar
wurde. Die der Tunika ähnliche Cotte (später Kittel)
trugen die Damen entweder knöchellang oder hoch
geschürzt. Die aufkommende Schürze hielt sich in der
bäuerlichen Tradition über Jahrhunderte und ging
später auch in die Tracht ein.
Auch die körperlich arbeitende Bevölkerung
entwickelte im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend
Interesse an modischer Kleidung. Aufgrund gewisser
Einkommensverbesserungen gewann ihre Kleidung an
Farbigkeit und Formenvielfalt. Bauern und Handwerker
trugen erstmals engere Röcke oder Schecken, manchmal
auch Wämser an Stelle der Kittel. Separate Beinlinge
oder strumpfhosenähnliche Hosen bedeckten den
Unterkörper. Um mehr Bewegungsfreiheit zu gestatten,
wurden sie nur locker oder gar nicht am Wams oder
Leibgurt angenestelt. Der in den Oberschichten nicht
mehr modische Tappert stellte in bäuerlichen Kreisen
oft das Übergewand dar. Er bestand aus einem
gröberen Wollstoff und besaß natürlich keine
Pelzverbrämungen.
Um 1500 hatte sich eine regional vielfältige Mode in
Europa herausgebildet. Die Individualität in Schnitt
und Ausführung der Kleidung verbreiterte sich über
die höfischen Zentren hinaus. Die in allen
Bevölkerungsschichten getragene sehr enge Kleidung
von Mann und Frau schränkte zunehmend die
Bewegungsfreiheit der Menschen ein. Zunächst begann
man die Ärmel an Achseln und Ellenbogen
aufzuschlitzen. In der Männermode dominierten bald
strumpfhosenähnliche Hosen, die an den Oberschenkeln
und an den Knien geschlitzt waren.
Die Frauenmode zeigte ähnliche Veränderungen. Das
anliegende Oberteil, das Mieder, öffnete sich in der
vorderen Mitte und wurde dort geschnürt. Damit
erlangte das Hemd endgültig modische Bedeutung. Das
Dekolleté blieb in Frankreich spitz, in anderen
europäischen Regionen kamen runde oder viereckige
Formen in Mode. Die Taille rückte wieder abwärts an
ihre natürliche Stelle, wo der Rock faltig angereiht
wurde.
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