Geschichte der Prothesen

Moderne Prothesen bieten nicht nur Lebensqualität, sondern sind auch funktionell und ästhetisch.
Menschen versuchten schon seit mehr als 3000 Jahren, fehlende Körperteile so zu ersetzen, dass der Patient weiterhin Teil der Gesellschaft sein konnte. Erste Erfolge wurden bereits für die Zeit des alten Ägyptens nachgewiesen: Archäologen fanden an einer Mumie eine gut erhaltene Zehenprothese aus Holz und Leder. Gebrauchsspuren bewiesen, dass sie nicht nur als Grabbeigabe für das Leben nach dem Tod diente.
Auch für das antike Rom lässt sich die Nutzung von Prothesen belegen: In einem spätrömischen Grab wurde das Skelett eines Mannes mit fehlendem Bein gefunden. In der Erde entdeckten Historiker dunkle Verfärbungen, die vom Holz einer Beinprothese stammen mussten. Häufig wurden auch fehlende Zähne ersetzt: Mit Draht wurden tierische oder menschliche Zähne an den gesunden Nachbarzähnen befestigt, so dass der Patient wieder ein vollständiges Gebiss hatte, dass zum Sprechen und zur Nahrungsaufnahme benötigt wurde.
Kriegsverletzungen trugen zwangsläufig zum Fortschritt in der Prothetik bei. Patienten überlebten die Amputationen häufig nicht: Sie starben während der Operation durch Schmerzen und Blutverlust oder später durch Wundbrand. Zudem besaßen die ersten Prothesen kaum Funktion. Glasaugen dienten beispielsweise nicht zum Sehen, sondern wurden vor allem aus ästhetischen Gründen eingesetzt. Funktionelle Prothetik entwickelte sich erst in der Neuzeit. Man fertigte Prothesen, die sich zumindest mechanisch bewegen ließen. So konnte der Ritter Götz von Berlichingen seine Handprothese mit Hilfe seiner gesunden Hand so einstellen, dass er ein Schwert fest greifen und damit kämpfen konnte.
Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg mussten unzählige Amputierte versorgt werden, damit sie arbeiten konnten. In dieser Zeit entwickelte der deutsche Chirurg Ferdinand Sauerbruch Armprothesen, die durch die Muskelkraft des Stumpfes bewegt wurden. Auch der Zweite Weltkrieg brachte die Entwicklung von Prothesen voran. Erstmals wurden Elektromotoren

verbaut, die eine flüssigere Bewegung ermöglichten.
Oft baute man in sogenannten Arbeitshänden Haken statt Hände, um die Industriearbeit zu ermöglichen. Heute fertigt man Prothesen aus High-Tech-Materialien, die durch auf den Muskeln liegende Sensoren gesteuert werden. Diese greifen elektrische Spannungen der Muskeln auf und leiten sie an die Elektromotoren weiter. Zukünftig sollen direkte Nervenimpulse die Bewegung steuern, langfristig wird eine Steuerung sogar mittels Gedanken angestrebt. So könnten auch Querschnittsgelähmte sich wieder bewegen.
Die Funktionalität der Prothesen ist aber sehr unterschiedlich: Beinprothesen ermöglichen heute sportliche Spitzenleistungen. Handbewegungen lassen sich trotz moderner Medizin und technischem Fortschritt noch nicht vollständig umsetzen. Sie ermöglichen nur wenige Griffe.
Doch nicht nur fehlende Gliedmaßen werden heute durch Prothesen ersetzt. Seit den 1960er Jahren können auch verschlissene Gelenke wie Knie ausgetauscht werden. Auch für Blutgefäße, Knochen oder sogar die Netzhaut von Augen gibt es Prothesen. Diese sollen heute jedoch nicht nur Funktionalität aufweisen, sondern auch einen kosmetischen Zweck erfüllen. So lassen sich die Materialien der Arm- und Beinprothesen etwa dem Hautton der Patienten anpassen. Sogar große Teile des Gesichts können mittlerweile rekonstruiert werden, was beispielsweise bei Unfallopfern zum Einsatz kommen kann.
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