Geschichte der Medizin


Die Geschichte der Medizin beginnt bereits in einer Zeit, von der wir uns heute nur schwer vorstellen können, dass sich die Menschen damals überhaupt damit befasst und bereits ein Verständnis dafür entwickelt haben können: Vor rund 50.000 Jahren! Schon die Neandertaler sollen notwendige Operationen an Familien- und Sippenmitgliedern durchgeführt haben. Es existiert ein Skelett eines

Neandertalers aus dem Raum des heutigen Irak, aus der Gegend um Shanidar, an welchem möglicherweise eine der ersten Amputationen der Geschichte durchgeführt worden ist. An besagtem Skelett finden sich Merkmale, welche auf eine Amputation eines Armes schließen lassen. In der Jungsteinzeit, vor allem im Zeitraum zwischen 5500 und 2200 v. Chr. finden sich weitere Belege für bereits damals erfolgte medizinisch-operative Eingriffe. Zum Beispiel pflegten Bauern der sogenannten Linienbandkeramischen Kultur in Frankreich sowie der Trichterbecher und Walternienburg-Bernburger Kultur, Schädeloperationen (sogenannte Trepanationen) vorzunehmen. Belegende Funde stammen unter anderem aus dem Elsass. Bereits damals lag die Erfolgsquote der durchgeführten Eingriffe – der Deutung der Funde nach zu urteilen – bei rund 90 Prozent. Aus derselben Zeitspanne sind zudem Fälle bekannt, bei denen ein gebrochener Arm oder ein gebrochenes Bein erfolgreich ruhig gestellt wurden oder Schwefel in kleinen Fläschchen als Medizin gebraucht worden war. Im alten Orient finden sich sowohl Textzeugnisse für Arznei- und Zaubermittel, als auch für Rechte und Regelungen zum Beruf des Arztes. Die Verwendung von angeblichen Zaubermitteln bei der Krankheitsbehandlung liegt in dem damals noch vorhandenen Glauben, dass Krankheiten durch böse Dämonen oder strafende Götter verursacht würden, begründet. Im alten Ägypten erforderte die Praxis der Mumifizierung erhebliche medizinische sowie konservatorische Kenntnisse. Aus der Zeit der Antike stammen erste medizinische Rezepte. Sumerische Funde belegen seit dem Jahr 2000 v. Chr. das Einmeißeln oder Ritzen von Rezepten in Tontafeln. Erste Verbände, die zur Wundversorgung hinzugezogen wurden, sind bis ins 8. Jahrhundert vor Chr. zurück zu datieren, zur selben Zeit wurden in Italien von den Etruskern bereits künstliche Goldzähne eingesetzt und an benachbarten Zähnen befestigt. Im antiken Griechenland versuchte man lange, durch das Verstehen der Zusammensetzung des Körpers anhand der Viersäftelehre, dessen Selbstheilungsprozess zu stimulieren. Um das Jahr 330 v. Chr. wird der Hippokratische Eid als ethischer Codex von griechischen

Ärzten verfasst. Galenus von Pergamon brachte schließlich die medizinische Kunst nach Rom, gestützt auf die Lehren des Hippokrates. Aulus Cornelius Celsus verfasste fast zeitgleich ein achtbändiges, medizinisches Standardwerk, welches bis in die Neuzeit hinein verwendet wurde. Im Mittelalter veränderte sich der Stand der Medizin in der westlichen Welt nur geringfügig. Neu gewonnenes Wissen kann lediglich der Kategorie klösterlicher Heilkräuterkunde zugeschrieben werden, wobei vor allem die Benediktinerin Hildegard von Bingen eine bedeutende Rolle spielte. Ab dem 13. Jahrhundert profitierte der Westen vom Wissen der arabischen Welt, das sich verbreitet hatte und das unter anderem von der Schule von Salerno in Italien, der ersten medizinischen Hochschule, gelehrt wurde. Erst ab dem 15. Jahrhundert begann man im Westen, neue anatomische und physiologische Kenntnisse durch eigene Versuche zu gewinnen. Unter anderem bewies William Harvey die Pumptätigkeit des Herzens. Im 18. Jahrhundert wurde die Kunst der Medizin immer weiter verwissenschaftlicht, was bedeutete, dass Berufen wie Badern oder Hebammen Tätigkeiten entzogen und der Ausführung durch Ärzte unterstellt wurden. Seit dem 19. Jahrhundert kam es zu neuen, wichtigen Erkenntnissen in Bezug auf die Heilung zahlreicher Krankheiten, unter anderem durch den Miteinbezug naturwissenschaftlicher Einsichten. Man hatte nun die Zelle als Ort für Erkrankungen erkannt, womit die bisherige Körpersafttheorie ersetzte wurde. Der Arzt Charles Bell entdeckte außerdem, wie das menschliche Nervensystem funktioniert. Weitere Fortschritte erlangte man zudem auf den Gebieten der Bakteriologie, Radiologie und allgemeinen Hygiene als Krankheitsvorbeugung. Die Einführung der Narkose erleichterte zudem chirurgische Eingriffe. Zu den größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts zählen unter anderem die Entwicklung des Herzschrittmachers, die erfolgreiche Transplantation von Organen wie Herz oder Niere sowie Knochenmark und die Entwicklung zahlreicher Impfstoffe wie die gegen Mumps, spinale Kinderlähmung und Diphtherie.