Die Schweizergarde – die Armee des Vatikans
Es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet eine
Schweizergarde ist, die traditionell noch heute die
päpstliche Leibwache stellt und ihren Dienst zum
Schutze des
Vatikans ausübt. Noch bevor die
Eidgenossenschaft im Jahre 1291 gegründet wurde,
hatten gerade Schweizer Söldner, die damals noch
„Reisige“ oder „Reisläufer“ hießen, als kämpfende
Infanteristen oder berittene Begleiter zur
Verteidigung königlicher oder bischöflicher
Dienstherren einen sehr geschätzten, aber auch
gefürchteten Ruf. Sie verdingten sich in
ausländischen Armeen und sicherten sich auf diese
Weise ihren Lebensunterhalt. Zudem war es eine
einträgliche Alternative zur Armut, die diesen Reisigen das Söldnerdasein im Dienste europäischer
Herrscher bot. Bis ins späte Mittelalter hinein
waren die Reisläufer unter diesem Begriff an den
Kriegsschauplätzen und als elitärer Begleitschutz zu
finden. Der Name allerdings verlor sich im Laufe der
Jahrhunderte. Die Schweizer Söldner galten nicht nur
als besonders mutig, auch eine edle Gesinnung und
unbedingte Treue wurden ihnen nachgesagt.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war Papst Julius II.
(1443-1513) das herrschende Kirchenoberhaupt im
Vatikan und ihn verlangte es nach einem besonderen
Schutz. Er ließ bei der Tagsatzung in der Schweiz
anfragen, ob ihm Schweizer Söldner zur Verfügung
gestellt werden könnten. Die damals (und noch bis
1848) agierende Versammlung Abgesandter der Kantone
der Alten Eidgenossenschaft genehmigte die Bitte des
Papstes. Am 22. Januar 1506 – der Tag darf als
Gründungstag der päpstlichen Schweizergarde gelten –
trafen 150 Söldner aus dem Schweizer Kanton Uri in
Rom ein. Sie wurden angeführt von ihrem Hauptmann
Kaspar von Silenen. Der Papst segnete seine
Beschützer und fortan waren sie als Schutzgarde aus
dem Vatikan nicht mehr wegzudenken.
Die neutrale Schweiz, die ihre Bündnispartner öfter
wechselte, war in dieser Funktion zuverlässig. Als
Verbündeter Italiens waren es eben diese Schweizer
Söldner, die das Schicksal Italiens im Jahr 1512
entschieden. Der Papst verlieh den Schweizer
Verbündeten den Titel „Hüter der Freiheit der
Kirche“.
Im Jahr 1527 überfielen die Schergen von Kaiser Karl
V. (1500-1558) über Rom her. Diese Verwüstung und
Plünderung der Ewigen Stadt, die als „Sacco di Roma“
in die Geschichte einging, konnte trotz
verzweifelter Bemühungen der Schweizer nicht
verhindert werden. Viele von ihnen ließen ihr Leben
im Kampf, den anderen gelang es, Papst Clemens VII.
(1478-1534) in die Engelsburg zu bringen und so
wenigstens sein Leben zu retten. Dieses historischen
Tages – es war der 6. Mai 1527 – wird noch heute
gedacht, deshalb wurde dieser Tag erhoben, um alle
neuen Rekruten der Schweizergarde in einer
feierlichen Zeremonie zu vereidigen.
Es sind durchweg praktizierende Katholiken, eine
Voraussetzung, um überhaupt in der Schweizergarde
für den Dienst im Vatikan aufgenommen zu werden. Wer
sich heute bewirbt, muss eine abgeschlossen
Rekrutenschule in der Schweizer Armee erfolgreich
absolviert haben. Auch eine angemessene Schulbildung
wird erwartet. Die Gardisten in der modernen Zeit
erhalten eine ständig weiterführende Ausbildung, um
die neuesten Sicherheitstechniken kennenzulernen.
Italienisch gehört selbstverständlich auch zum
Lernprogramm.
Einer 500-jährigen Tradition verpflichtet sind die
Soldaten der Schweizergarde für alle Eventualitäten
gewappnet und ausgebildet. Dafür gibt es von ihrem
Heimatland starke Unterstützung. Sie tragen weltweit
eine der berühmtesten Uniformen. Am berühmtesten
sind die Galauniformen, die von Offizieren,
Feldwebel und Wachtmeistern getragen werden und die
sich durch ihre Farbgebung unterscheiden. Gerade
diese Farbgebung ist in jedem Fall unübersehbar, vor
allem durch den Schnitt der Kleidung, die sich an
den mittelalterlichen Vorgaben orientiert, durch
Puffärmel besticht und ebensolche Puffhosen. Die
Farben Blau, Rot und Gelb weisen übrigens auf das
Wappen der Familie Medici hin. Die Verschiedenheit
des Einsatzes von farbigen Stoffbändern lässt
außerdem noch eine Unterscheidung für das
fachkundige Auge zu, ob es sich um einen niedrigen
Unteroffizier oder einen ranghöheren Gardisten
handelt. Zur blauen Exerzieruniform gehört ein
dunkelblaues Barett mit dem jeweiligen Abzeichen des
Dienstgrades. Die textile Ausstattung der
Schweizergarde stammt von Jules Repond, der von
1910-1921 als Kommandant im Vatikan seinen Dienst
ableistete und sie
1914 in der heutigen Form schuf.
Er hatte sich bewusst vom Stil des 16. Jahrhunderts
inspirieren lassen. Modetrends sind diese Uniformen
ebenso wenig unterworfen wie die klerikalen
Gewänder.
Die Schweizergarde ist nicht nur ein farbenfrohes
Motiv für Touristen, sie ist vor allem eine
traditionelle Armee, die mit ihrem Wissen, ihrem
Kampfgeist, mit eiserner Disziplin und wenn es sein
muss, auch mit ihrem Leben für den Schutz des
Papstes und seines Staates einstehen.