Der Contergan-Prozess
Zwei Jahre mit insgesamt 283
Sitzungen dauerte der Contergan-Prozess und endete am
18. September
1973. Es war der bis dahin längsten Prozess
in der deutschen Geschichte. Seit dem 27.
Mai 1968 mussten sich sieben leitende Angestellte der Herstellerfirma
"Chemie Grünenthal" wegen der Folgen des
Contergan-Skandals verantworten. Sie hatten
sich wegen Körperverletzung, Tötung und Verstoßes gegen
das Pharmaziegesetz zu verantworten.
Das unter dem Namen Contergan als Hausmittel
vermarktete Schlaf- und Beruhigungsmittel war 1961 nach
vier Jahren vom Markt genommen worden.
Contergan war als absolut verträglich auf den Markt
gekommen und
war sogar rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen. Bereits 1959 gab es
erste Hinweise
auf gefährliche Nebenwirkungen. Erst im Jahr 1961 wurde ein
Zusammenhang zwischen der Conterganeinnahme in der Schwangerschaft und
Missbildungen bei Neugeborenen festgestellt. Weitere
Fälle kamen auch aus Japan, England und
Schweden ans Tageslicht.
Allein in der BRD kamen in diesen vier Jahren bis zu
5.000 Kinder mit Missbildungen zur Welt, deren Mütter
während der Schwangerschaft das Mittel Contergan mit dem
Wirkstoff Thalidomid eingenommen hatten. Auf die ersten
Alarmmeldungen reagierte die Herstellerfirma noch mit
verstärkten Werbekampagnen. Bald
stellte sich heraus dass es sich um eines der gefährlichsten
Medikamente in der Medizin handelte.
Bis Januar 1970 war das große Aufgebot an Richtern,
Verteidigern, Sachverständigen und Betroffene in dem Prozess
noch nicht wesentlich weiter gekommen, die
Klärung erwies sich als fast unmöglich. Die Firma Grünenthal bot daraufhin
eine Lösung an, die am 21. April 1970 von
allen Parteien angenommen wurde. Die Pharmaziefirma stellte
insgesamt 110 Millionen Mark zur Verfügung, von denen
die ersten 50 Millionen Mark an einen Treuhänder bezahlt
wurden. Die restlichen 60 Millionen
Mark wurden mit Verzinsung drei Jahre später ausgezahlt.
Ein eigens für den Vorfall eingerichtetes
Expertengremium entschied 1974 über die von den
Eltern gestellten Entschädigungsanträge.
Diese Lösung war entscheidend für die
Einstellung des Verfahrens, da sich damit die
Herstellerfirma für schuldig erklärt
hatte. So sahen die Richter keine Notwendigkeit mehr, die einzelnen Angeklagten persönlich
haftbar zu machen, da eine Entschädigung der Kinder
garantiert wurde.
Weitere Infos:
-