Geschichte der Brille
Sie ist häufig praktisches, aber noch öfter notwendiges
Werkzeug: die Brille. Manche nutzen sie, um
außerordentlich gestylt und cool zu wirken. Andere
versuchen sie möglichst zu verstecken bzw. so
unauffällig wie möglich mit ihr zu sein. Mittlerweile
ersetzen häufig Kontaktlinsen oder aufwendige
Laseroperationen das gute Stück. Dennoch ist nicht zu
vergessen, welche kulturelle beziehungsweise historische
Errungenschaft wir der Brille verdanken. Der Anfang
ihrer Geschichte steht in enger Verbindung zum Aufkommen
der Schrift und der
Wissenschaft.
Die Geschichte nahm ihren Anfang im Altertum, als die
Gelehrten anfingen, schriftliche Aufzeichnungen ihrer
Theorien anzufertigen und sich eine Schriftkultur
entwickelte. Zum Lesen und Schreiben, was zur damaligen
Zeit nicht alle konnten, gehörten gute Augen. Doch
damals
gab es noch kein Werkzeug für diejenigen, die
nicht mehr über eine ausreichend gute Sicht verfügten.
Stattdessen mussten Sklaven und Bedienstete die
Schriftzeichen entziffern und vorlesen. Erst der
arabische Gelehrte Ibn al-Haitam (965-1039) kam auf die
Idee, das Sehvermögen durch eine geschliffene Linse zu
unterstützen. Im
Mittelalter, um 1240, nutzten Mönche in
Westeuropa die Erkenntnisse von Ibn al-Haitam für ihre
Heiligen Schriften und zahlreichen Bibliotheken.
Vorläufer der Brille
Der erste Vorgänger der Brille war ein halbkugelförmiger
Bergkristall aus Quarz. Er diente als Linse, deren
Grundfläche wie eine Lupe auf der Oberfläche des
Schriftstücks fungierte. Somit wurden die Buchstaben
vergrößert. Ähnliches entstand aus dem Halbedelstein
Beryll, von dessen Name sich die heutige Bezeichnung
„Brille“ ableitet. Ende des 13. Jahrhunderts kam es zu
neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Entwicklung
ging mit einer besseren Handhabung der Lesesteine
einher. Ein Stiel diente dazu, die Gläser direkt ins
Auge zu halten.
Aus dem Lesestein ging parallel das Monokel hervor, eine
einseitige Linse. Es handelte sich um eine Sehhilfe, die
vor allem im 16. -
18. Jahrhundert Bekanntheit erlangte.
Die damaligen Brillenträger klemmten sie bequem zwischen
dem oberen Lid und der Wange ein. Im 18. Jahrhundert
galt sie nicht nur als Sehhilfe sondern auch als
Statussymbol für Herren. Damit das Glas zwischen oberem
Lid und Wange fest klemmte, mussten die Herren häufiger
das Gesicht verzerren. Dies führte zur typischen
Monokelfalte unter dem Auge.
Kurze Zeit nach der Erfindung des Lesesteins, kamen die
Wissenschaftler auf die Idee, gleich zwei anstatt einer
Linse anzufertigen. Es dauerte nicht lange, bis sie die
Gläser in eine Fassung setzten: Das Basiskonzept der
heutigen Brille war somit geschaffen! Die Gläser mit der
besten Qualität stellten Handwerker in Murano her und
bald folgten erste Qualitätsregelungen für die
Lesehilfen der Reichen und Gelehrten. Zunächst waren
beide Gläser über einen Faden miteinander verbunden,
später folgten andere Materialien wie bei der Nietbrille
aus Eisen, Holz oder Horn. Es handelte sich nicht um
eine Brille zum Aufsetzen, sondern um das Hilfsmittel
vor die Augen zu halten.
Nasenbrille mit Kette
Im 14. Jahrhundert verwendeten die Hersteller bessere
Materialien für das Gestell. Beide Brillengläser waren
fortan durch einen Bügel miteinander verbunden. Dank
eines eingeschlitzten Lederstücks am Bügel hielt die
Brille ganz von allein auf der Nase und der
Lesende
hatte von nun an beide Hände frei. Eine Kette
verhinderte, dass die Brille auf den Boden fiel und
kaputt ging. Als
Johannes Gutenberg den Buchdruck im 15.
Jahrhundert erfand, stieg der Bedarf nach Lesehilfen
weiter an. Nun kamen auch anders geschliffene Gläser
hinzu, die nicht nur bei Altersweitsichtigkeit halfen
sondern auch bei Kurzsichtigkeit. Vor allem die Spanier
waren im 16. Und 17. Jahrhundert führende Hersteller der
Lesehilfen.
Eine exotische Erfindung stellte die Mützenbrille
zwischen dem 15. Und 18. Jahrhundert dar. Mithilfe einer
Konstruktion aus Metall, die an eine Mütze befestigt
war, hing die Brille vor den Augen. Somit verhinderte
sie nervige Abdrücke auf der Nase. Sie ist auch als
„Stirnfortsatzbrille“ bekannt. Ähnlich exotisch wirkte
die Scherenbrille, die ebenfalls aus dieser Epoche
stammt.
Aus der Scherenbrille entwickelte sich das Lorgnon,
dessen Stiel bereits seitlich befestigt war. Sie genoss
besondere Popularität in Frankreich. Nicht lange dauerte
es, bis das erste zusammenklappbare Lorgnon auf den
Markt kam. Eine Feder schob die Gläser bei Bedarf
übereinander und klappte sie zusammen. Im 18.
Jahrhundert, als das oben erwähnte Monokel besonders
beliebt war, entwickelten sich die ersten Schläfen- und
Ohrenbrillen mit seitlichen Stangen. Sie sorgten für
einen besseren Halt und gelten als die direkten
Vorfahren von modernen Brillen.
Bis heute haben Hersteller den Tragekomfort und das
Design der Brillen weiter verbessert. Mittlerweile gilt
sie nicht nur als Lesehilfe, sie nimmt auch den Status
eines Mode-Accessoires ein.