Geschichte der
Piratenpartei
Die Piratenpartei Deutschland (Piraten) wurde Ende
2006 gegründet. Vorbild war die Anfang 2006
gegründete schwedische Piratpartei. Die Piraten in
Deutschland wollten vor allem jüngere Wähler
ansprechen und forderten mehr Transparenz und
direkte Beteiligung an der Politik. Darüber hinaus
ging es um Themen des digitalen Zeitalters, die von
den etablierten Parteien bisher nur zögerlich bis
unzureichend behandelt wurden - wie zum Beispiel
Urheberrechtsfragen, darunter auch „Raubkopien“
(engl.: Piracy).
Da der Themenfokus anfangs sehr eng gefasst war,
nahm in den ersten Jahren außerhalb der Netzgemeinde
kaum einer Notiz von der neuen Partei, die seit 2007
in der Hälfte der Bundesländer eigene Landesverbände
aufgestellt hatte und sich auch an einigen
Landtagswahlen beteiligte. Das änderte sich 2009,
als die Bundesregierung die Debatte um ein „Gesetz
zur Bekämpfung der Kinderpornografie in
Kommunikationsnetzen“ anstieß.
Mit der Thematisierung einer befürchteten
schleichenden Zensur im Netz konnte die Partei im
Juni 2009 bei der Europawahl mit 0,9 Prozent einen
ersten Achtungserfolg erzielen. Die Medien wurden
außerdem zusätzlich auf die neue Partei aufmerksam,
als der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss zu den Piraten
wechselte, weil er gegen die Zustimmung seiner
Partei zum geplanten Netzsperrengesetz protestieren
wollte.
Kurz nach der Europawahl - die Partei hatte sich nun
flächendeckend in allen Bundesländern etabliert -
erlebten die Piraten einen ersten Mitgliederboom. Es
gelang der Partei ihre Kernkompetenz einzusetzen und
über einen ausgefeilten Online-Wahlkampf
Unterstützungsunterschriften für die Teilnahme an
der Bundestagswahl zu sammeln. Die Partei konnte die
junge Netzgesellschaft optimal mobilisieren und
ihren Wähleranteil auf immerhin 2 Prozent steigern,
obwohl sie kaum „Offline“-Wahlkampf machte.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 wurde die
Aufbruchstimmung bei den Piraten allerdings bald
gedämpft: Die neue Regierungskoalition (CDU/CSU und
FDP) setzte das Netzsperrengesetz aus, Jörg Tauss
wurde wegen Besitz von Kinderpornos verurteilt, die
Partei litt weiterhin unter erheblichem Geldmangel
und interne Streitigkeiten schwächten die Piraten
zusätzlich. Bis zum Jahr 2011 gelang es ihnen daher
nicht, einen Landtag zu „entern“. Das änderte sich
erst im September 2011, als den Piraten bei der
Berliner Abgeordnetenhauswahl mit 8,9 Prozent der
Stimmen ein absoluter Sensationserfolg gelang.
Die Gründe des Erfolgs waren vielfältig: Zum Einen
war Berlin grundsätzlich eine Hochburg der Piraten,
zum Anderen führte die Partei erneut einen
gelungenen Online-Wahlkampf, plakatierte aber auch
flächendeckend. Darüber hinaus machten kritische
Aussagen von Innenminister Hans-Peter Friedrich zur
Anonymität im Netz sowohl die Anhänger der Piraten
als auch andere Netz-User mobil. Zusätzlich wurden
die Piraten, je näher sie der Fünf-Prozent-Hürde
kamen, für viele unzufriedene Wähler attraktiv, die
bisher gar nicht oder eine unbedeutende
Splitterpartei gewählt hatten. Selbst für
links-orientierte Grünen-Wähler wurden sie zu einer
wählbaren Alternative. Viele von ihnen fühlten sich
bei den Piraten an die Anfänge der Grünen erinnert
und hofften auf „frischen Wind“ in der verkrusteten
Parteienlandschaft.
Und - ganz wichtig - die Piraten hatten erstmals
ihren engen netzpolitischen Fokus erweitert: Sie
griffen den Unmut über das Politik-Gebaren der
etablierten Parteien auf und forderten grundsätzlich
einen anderen Politikstil mit mehr parteiinterner
Willensbildung und transparenteren,
basis-demokratischeren Entscheidungsprozessen. Dies
machte sie für eine sehr viel größere - meist junge
Wähler - interessant. Die Forderung nach einem neuen
Politikstil und die Parteienverdrossenheit waren
auch die Basis für den Erfolg von 7,4 Prozent der
Stimmen bei den Landtagswahlen im Saarland. Auch in
den anschließenden bundesweiten Umfragen erzielten
die Piraten nunmehr meist Ergebnisse, die über der
Fünf-Prozent-Hürde lagen.
Allerdings ließ
2012 und 2013 der Glanz der Piraten
merklich nach. Sie enttäuschten all jene, die über
den harten Kern der Netz-Klientel hinaus, Hoffnungen
in die junge Partei gesetzt und die sich neue
Impulse von ihr erhofft hatten. Zu zerstritten
wirkte die Partei und zu wenig durchdacht erschienen
ihre Forderungen, so dass keine klare Linie
erkennbar wurde, wofür oder wogegen die Piraten denn
nun wirklich standen. Das heißt, ob ein Sprung auf
Bundesebene über die Fünf-Prozent-Hürde wirklich
gelingt, wird sich im Herbst 2013 erst noch
herausstellen. Daran haben auch die
Parteitagsentscheidungen 2013 nichts geändert.
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