Biografie William Taft
Die von 1909 bis 1913 dauernde US-Präsidentschaft
von William Taft lag zwischen den Amtszeiten der als
besonders bedeutende Politiker an der Spitze der USA
in die Geschichte eingegangenen Präsidenten Theodore
Roosevelt und Woodrow Wilson. Die Taft-Ära wurde
sowohl von der zeitgenössischen Öffentlichkeit als
auch von der Fachwissenschaft als politisch wenig
geglückt eingestuft. Taft wurde allerdings bei der
Beurteilung seiner durch Freundlichkeit und Bemühen
gekennzeichneten Persönlichkeit in
zwischenmenschlicher Hinsicht überwiegend positiv
bewertet.
William Taft kam am
15. September 1857 in Cincinnati
im Bundesstaat Ohio auf die Welt. (In dem relativ
einwohnerarmen Ohio wurden nicht weniger als sieben
US-Präsidenten geboren. Nur aus Virginia zogen mehr
Politiker ins Weiße Haus ein.) Vater Alphonso Taft
(1810–1891), ein Richter, gehörte zum Establishment
der Republikanischen Partei und hat hohe politische
Ämter ausgeübt (Gesandter, Justiz- und
Kriegsminister, Gouverneur von Ohio). Die verwitwete
Louisa „Louise“ Torrey (1827-1907) hatte 1853 den
ebenfalls verwitweten Alphonso Taft geheiratet.
William Taft war das zweite ihrer fünf gemeinsamen
Kinder.
Nach dem 1880 abgeschlossenen Jura-Studium am Yale
College und an der Cincinnati Law School arbeitete
William Taft als Anwalt. 1886 ging er mit der
Musiklehrerin Helen „Nellie“ Herron (1861–1943) die
Ehe ein. Das Paar bekam drei Kinder: Robert Alphonso
(1889-1953) wurde später Senator, Helen (1891-1987)
lehrte als Professorin am Bryn Mawr College
Geschichte und Charles Phelps (1897-1983) stand als
Bürgermeister an der Spitze der Taft-Heimatstadt
Cincinnati.
Ab 1887 machte der konservative, aber nicht
verbohrte Prädikatsexamens-Jurist Taft eine
Top-Karriere im staatlichen Justizapparat: Unter
anderem arbeitete er als Richter an
Bundesbezirksgerichten und als Generalbundesanwalt
(„US Solicitor General“).
Nach dem Amerikanisch-Spanischen Krieg von 1898
waren die bis dahin spanischen Philippinen an die
USA gefallen. Taft wurde 1900 von US-Präsident
McKinley als Vorsitzender einer Kommission
eingesetzt, die Vorschläge für den Aufbau der nun
US-amerikanischen Kolonie, deren Bevölkerung die
neue Kolonialmacht zum großen Teil ablehnte,
ausarbeiten sollte. Tafts Arbeit war so überzeugend,
dass er 1901 zum ersten US-Zivilgouverneur auf der
Inselgruppe ernannt wurde und in dieser Funktion bis
1904 wirkte. Tafts vergleichsweise moderate
Gouverneurs-Tätigkeit trug maßgeblich zur Befriedung
der Philippinen bei.
Präsident Theodore Roosevelt berief den
erfolgreichen Verwaltungsfachmann Taft 1904 zum
Kriegsminister. Dem diplomatisch begabten Taft
gelang es in dieser Position, mehrere außenpolitisch
brisante Problemstellungen, unter anderem im
Verhältnis zu Japan und zu Kuba, zu einer Lösung zu
bringen. Zum Parteikollegen Roosevelt entwickelte
Taft in dieser Zeit eine herzliche
Männerfreundschaft, die mit dafür entscheidend war,
dass Taft 1908 auf Vorschlag von Roosevelt, der
nicht mehr für das höchste Staatsamt antreten
wollte, von der Republikanischen Partei zum
Präsidentschaftskandidaten nominiert wurde.
Mit den Versprechungen, die Politik Roosevelts
weiter zu führen und das damals heiß diskutierte
Zolltarif-Gesetz im Sinn der Verbraucher zu
revidieren, gelang Taft der Sieg über seinen
demokratischen Kontrahenten Bryan. Am 4. März 1904
wurde Taft, in seinem ersten Wahlamt, vereidigt.
Der bei einer Größe von 1,78 m mit einem Gewicht von
110 kg (1880) beziehungsweise 155 kg (1913)
zeitlebens sehr gewichtig daherkommende Taft war
überaus sportbegeistert und machte als Tänzer eine
ausgezeichnete Figur. Taft begründete die von allen
US-Präsidenten nach ihm gepflegte US-Tradition des „Ceremonial
First Pitch“: 1910 warf der Baseball-Fan Taft beim
ersten Spiel der Baseball-Saison („Opening Day“) in
Washington, D.C., den ersten Ball der Saison auf das
Spielfeld.
Mit Tafts Präsidentschaft ist vor allem die
Forcierung der „Dollar-Diplomatie“, das heißt, der
außenpolitischen Einflussnahme durch
finanzwirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen verbunden.
Taft versuchte in seiner Amtszeit einen Mittelkurs
zwischen den Forderungen von „Big Business“ und den,
auch in der Republikanischen Partei starken
Reform-Kräften, die für Anti-Trust-Gesetzgebung und
Sozialreformen eintraten, zu finden. Dabei zerrieb
sich der Rechts- und Verwaltungsfachmann ohne große
Hausmacht, der die Klaviatur der Massen- und
Gruppenmanipulation mit Abstand nicht so gut
beherrschte wie sein Vorgänger, rasch zwischen den
einzelnen Interessengruppen. 1912 kam es im
Zusammenhang mit dem erbitterten Disput zwischen dem
konservativen Flügel der Republikaner, zu dem Taft
tendierte, und den Reform-Republikanern zur Spaltung
der Partei und zur persönlichen Feindschaft zwischen
Taft und seinem einstigen Mentor Roosevelt.
Vor diesem Hintergrund war eine Wiederwahl Tafts,
der erneut zu den Präsidentschaftswahlen antrat,
beinahe unmöglich. Tatsächlich kam Taft dann 1912
lediglich auf den letzten Platz nach Roosevelt, der
mit der Reform-Republikaner-Abspaltung „Progressive
Party“ den Weg ins Weiße Haus erreichen wollte, und
dem lachenden Dritten, dem demokratischen
Herausforderer Woodrow Wilson, der das Rennen für
sich entscheiden konnte. Am 4. März 1913 gab Taft
sein Amt an Wilson ab.
Bis 1921 lehrte Taft nach seinem Abschied von der
Macht als Professor für Verwaltungsrecht an der Yale
University, seiner alten Alma Mater. 1921 übertrug
ihm Präsident Harding das Amt des „Chief Justice“ am
Obersten Gerichtshof. Bis zu seinem
krankheitsbedingten Rücktritt am 3. Februar 1930
übte Taft das Amt des höchsten US-Richters aus.
Am
8. März 1930 starb der 27. Präsident und 10. Chief Justice der USA in Washington, D.C.
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