Biografie John Tyler
Der am
29. März 1790 auf der elterlichen, 5000
Hektar großen Tabak-Plantage Greenway in der Nähe
der Virginia-Metropole Richmond geborene John Tyler
ging als der erste US-Vizepräsident in die
Geschichte ein, der nach dem Tod des gewählten
Präsidenten an die Staatsspitze aufrückte.
Tyler entstammte einer alteingesessenen Familie der
virginischen Pflanzer- und
Sklavenhalteraristokratie. Seine Vorfahren waren
bereits im 17. Jahrhundert von England nach Amerika
ausgewandert. Tylers Vater, John „Judge“ Tyler
senior, hatte von 1808 bis 1811 als Gouverneur von
Virginia gewirkt. Mit seiner Frau Mary Armistead
hatte er acht gemeinsame Kinder.
John Tyler junior war ein schwächliches Kind. Zeit
seines Lebens hatte Tyler mit gesundheitlichen
Problemen zu kämpfen. Als eine Art Kompensation für
mangelnde sportive Betätigungen beschäftigte sich
der junge Tyler intensiv mit Lernen. Bereits mit 12
Jahren schrieb er sich am renommierten College of
William and Mary in Williamsburg, Virginia, ein. Er
studierte neben klassischen Sprachen und englischer
Literatur auch Geschichte und Nationalökonomie. Nach
dem erfolgreichen College-Abschluss begann der
17-jährige Tyler 1807 ein Rechtsstudium. 1809 wurde
er als Anwalt aufgenommen und eröffnete eine Kanzlei
in Richmond.
Von 1811 bis 1816 sowie von 1823 bis 1825 gehörte er
als Abgeordneter dem Virginia House of Delegates an.
Von 1817 bis 1821 vertrat er seinen Wahlkreis im
US-Abgeordnetenhaus. 1825 bis 1827 amtierte Tyler
als Gouverneur von Virginia. 1827 wechselte er in
den US-Senat, dem er bis 1836 angehörte.
Ursprünglich ein Parteigänger von Politführer Andrew
Jackson (US-Präsident 1829 – 1837) zerstritt Tyler
sich 1833 in der Frage der von Jackson angedrohten
militärischen Strafaktion gegen das ein
Bundes-Zollgesetz ablehnende South Carolina. Tyler,
ein vehementer Verteidiger der Rechte der
Bundesstaaten in ihrem Verhältnis zur Zentralmacht,
schloss sich in Folge der sich als „Whigs“
formierenden Anti-Jackson-Koalition an.
1840 wurde er von den Whigs als
Vizepräsidentschaftskandidat aufgestellt. Unter dem
Motto „Old Tippecanoe and Tyler too“ sollte er dem
als Präsidentschaftskandidat nominierten 66-jährigen
William H. Harrison unterstützen. Harrison, ein
volksnaher Berufsmilitär, der sich in Kämpfen mit
Indianern als nationaler Kriegsheld mit dem
Westmann-Image den Ehrentitel „Old Tippecanoe“
erworben hatte, war im Gegensatz zu dem
Oberschichtler Tyler ein politischer Laie.
Das Gespann Harrison-Tyler gewann die Wahl. Harrison
und Tyler traten am 4. März 1841 ihre jeweiligen
Ämter an. Der Präsident erkältete sich bei seiner
Antrittsrede ernsthaft und zog sich in Folge eine
Lungenentzündung zu, die am 4. April zu seinem Tod
führte. Tyler wurde am 6. April als dessen
Nachfolger vereidigt. Die US-Verfassung hatte die
Details der Nachfolge durch den Vizepräsident nicht
geregelt und es entbrannte sofort ein Streit
darüber, ob Tyler lediglich als amtierender
Präsident zu betrachten sei oder ob er vollständig
die Position eines gewählten Staatschefs
beanspruchen könne. Tyler vertrat den Standpunkt,
vollgültiger Präsident zu sein, und schickte Post an
den „amtierenden Präsidenten“ konsequent ungeöffnet
an die Absender zurück. Tyler hat damit für spätere
Vizepräsidenten in ähnlicher Situation, wie Theodore
Roosevelt, Harry Truman oder Gerald Ford,
Rechtstatsachen geschaffen.
Seine eigenständige Haltung zu brisanten politischen
Fragen, wie die Debatte um Schutzzölle oder die
Verabschiedung eines Bankgesetzes, brachte dem 10.
US-Präsidenten bald in Opposition zu der vom
mächtigen Parteiführer Henry Clay dominierten
Whig-Partei. Als Ergebnis entzog ihm die Partei ihre
Unterstützung und strengte 1843 sogar ein,
gescheitertes, Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“)
gegen den „Mann ohne Partei“ an. Wegen des Konflikts
zwischen Tyler und den beide Häuser im US-Kongress
majorisierenden Whigs blieben Tylers innenpolitische
Ansätze die Zustimmung der Legislative versagt.
Außenpolitisch konnte er dagegen eine Reihe von
Erfolgen verbuchen. Die USA einigten sich in seiner
Amtszeit mit Großbritannien über den strittigen
Grenzverlauf zwischen dem US-Staat Maine und der
britischen Kolonie New Brunswick („Webster-Ashburton-Abkommen,
1842“) und erhielten in China wichtige Handels- und
Exterritorialitätsrechte. Außerdem machte Tyler den
Anspruch der USA auf Hawaii deutlich und sprach sich
für eine Annexion der Republik Texas aus. Er
beendete den Zweiten Seminolen-Krieg in Florida und
holte das Territorium Florida 1845 als 27. Staat in
die Union.
Vor Ende seiner Amtszeit nominierten die Whigs
Tylers Erzrivalen Henry Clay für die
Präsidentschaftswahlen. Die Demokraten gingen mit
James Polk ins Rennen. Tyler hoffte mit Hilfe einer
Abspaltung der Demokraten („Tyler-Demokraten“)
erneut ins Weiße Haus ziehen zu können, zog aber die
Kandidatur im August 1844 in Erkenntnis seiner
Chancenlosigkeit zurück. Am 4. März 1845 übergab
Tyler sein Amt an Wahlsieger James Polk und zog sich
auf seinen Landsitz Sherwood Forest in Virginia
zurück.
Dort verbrachte er den Rest seines Lebens mit seiner
zweiten Frau Julia Gardiner Tyler (1820 – 1889), die
er 1844 geheiratet hatte. Seine erste Frau, Letitia
Christian Tyler (1790 – 1842), hatte er 1813
geheiratet. Insgesamt hatte er 15, zwischen 1815 und
1860 geborene Kinder. 1861 kehrte Tyler für kurze
Zeit ins politische Leben zurück. Kurz vor Ausbruch
des Bürgerkriegs versuchte er als Vorsitzender einer
Friedensdelegation vergeblich einen Kompromiss
zwischen Nord und Süd auszuhandeln. Nach
Kriegsbeginn wurde er am 4. Februar 1861 in das
Parlament der Konföderierten gewählt. Am 18. Januar
1862 starb Tyler in Richmond.
Wegen seiner Parteinahme für die Konföderierten
Staaten wurde sein Tod vom offiziellen Washington
fast 50 Jahre lang ignoriert. Erst 1911 wurde ihm
vom Kongress ein Denkmal, das Tyler-Monument auf dem
Friedhof von Richmond, gesetzt.
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