Biografie Grover Cleveland
Grover Cleveland ist als das
US-Staatsoberhaupt in die Geschichte eingegangen,
das als erster und einziger Präsident in zwei nicht
aufeinander folgenden Amtszeiten (1885 – 1889, 1893
– 1897) an der Spitze der USA stand. Cleveland wurde
deshalb sowohl als Nr. 22 als auch als Nr. 24 in die
Liste der US-Präsidenten aufgenommen. Die
Präsidentschaften von Grover Cleveland wurden aber
nicht von diesem Kuriosum charakterisiert, sondern
vor allem durch die Persönlichkeit des bulligen
Demokraten aus Buffalo, dem auch seine Gegner
unbedingte Rechtschaffenscheit und Unbestechlichkeit
sowie ungewöhnlich weitgehende Unbeeinflussbarkeit
durch Lobby-Gruppierungen einräumten. Er galt aber
auch als der Verfechter einer politischen, gerade in
den USA typischen, unternehmerfreundlichen Doktrin,
nach der sich der Staat aus der Reglementierung der
Wirtschaftsakteure, insbesondere
bezüglich der Ausformung von
Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen, herauszuhalten
habe. Konsequenterweise sah Cleveland aber auch den
Staat nicht in der Pflicht, Wirtschaftsunternehmen,
die in Schwierigkeiten geraten waren, durch
staatliche Subventionen zu unterstützen. Cleveland
war im ansonsten von republikanischen Präsidenten
bestimmten Zeitraum zwischen 1861 und 1913 der
einzige Demokrat im Weißen Haus.
Stephen Grover Cleveland wurde am
19. März 1837 als
fünftes von neun Kindern des streng erziehenden
Presbyterianer-Predigers Richard F. Cleveland und
dessen Frau Ann Neal Cleveland im Städtchen Caldwell,
New Jersey, geboren. Cleveland wuchs in Fayetteville,
New York, auf. Er galt als fröhliches und
sportbegeistertes Kind. 1853 starb der Vater und der
16-jährige Grover Cleveland musste aus Kostengründen
das von ihm besuchte College in Clinton, New York,
verlassen. Er arbeitete zwei Jahre als
Lehrerassistent in einer Blindenschule in New York
City, auf der einer seiner Brüder eine Anstellung
als Lehrer hatte. 1855 zog es ihm auf der Suche nach
Abenteuer und Einkommen Richtung Westen. Bei einem
Zwischenstopp in Buffalo, Ohio, wurde ihm von einem
dort lebenden Onkel eine Stelle als Anwaltsgehilfe
vermittelt. Cleveland beschloss, auf dem Weg über
die Aneignung praktischer Kenntnisse in einer
Anwaltskanzlei, verbunden mit begleitenden
Abendstudien Jurist zu werden. 1859 nahm ihn die
Anwaltschaft von Buffalo auf. 1863 wurde der junge
Anwalt in sein erstes öffentliches Wahlamt berufen:
Bis 1865 fungierte er als Assistant Attorney
(Stellvertretender Staatsanwalt) des Erie-Bezirks.
1863 hatte Cleveland unter Hinweis auf seine Mutter
und vier jüngere Geschwister, die er materiell
unterstützen müsste, von der Möglichkeit Gebrauch
gemacht, sich vom Wehrdienst in der im Bürgerkrieg
kämpfenden US-Armee freizukaufen.
Cleveland schaffte sich als Anwalt den Ruf, hart und
gewissenhaft zu arbeiten und für seine Mandanten
möglichst außergerichtlich und mit reellen Methoden
das Optimum zu erreichen. Cleveland galt als
Gegenstück zum Typus des windigen Winkeladvokaten.
Zu seinem Renommee gehörte aber auch seine
Weltzugewandtheit, sich mit Freunden im Saloon zu
treffen und Nächte beim Kartenspiel zu verbringen.
Er hatte einige Liebschaften und möglicherweise auch
ein nichteheliches Kind, für dessen Unterhalt er ab
1874 sorgte, ohne allerdings je die Vaterschaft
offiziell anzuerkennen.
1870 wurde der von der Democratic Party, den
Demokraten, aufgestellte Cleveland zum Sheriff von
Erie County gewählt. Das Ansehen, das er in den drei
Jahren, die er dieses Amt überaus pflichtbewusst
ausübte, erlangte, war die Grundlage für seine
weitere erfolgreiche politische Karriere. Von 1881
bis 1883 festigte er seinen Ruf als integrer
Politiker und säuberte als gewählter Bürgermeister
von Buffalo die Stadtverwaltung von korrupten und
ineffizienten Beamten. Anschließend wählten ihn die
Bürger des Bundesstaates New York zum Gouverneur
(1883 – 1885). Seine in diesem Amt gezeigte
politische Linie gründete auf der Überzeugung von
der Freiheit und Selbstverantwortung des
Individuums. Dementsprechend sprach sich Cleveland
entschieden gegen staatliche Regulierungen des
Tarifwesens und der Arbeitszeitfestlegung aus. Diese
Haltung verschaffte ihm viele Unterstützer in den
Reihen der Geschäftsleute. Arbeitnehmer und Arme
konnten hinsichtlich der Verbesserung ihrer
materiellen Lage von Cleveland nur wenig erwarten.
Während seiner Gouverneurszeit ging Cleveland auf
Distanz zu dem mächtig-berüchtigten Netzwerk „Tammany
Hall“, das als informelles Machtzentrum der
Demokratischen Partei in New York City vor allem für
korrupte Klientel-Politik stand.
Die Demokraten stellten Cleveland 1884 als
Präsidentschaftskandidat gegen den Republikaner
James Blaine auf. Nach einem zur Schlammschlacht
ausartenden Wahlkampf konnte Cleveland die Wahl mit
219 zu 182 Wahlmännerstimmen für sich entscheiden.
Am 4. März
1885 begann seine erste Präsidentschaft.
Als First Lady des knapp 48-jährigen Junggesellen
fungierte zunächst seine neun Jahre jüngere
Schwester Rose Cleveland. 1886 heiratete Cleveland
die 21-jährige Frances Folsom (1864 – 1947), die
eine der jüngsten First Ladys der USA war und die
einzige Präsidentengattin, die jemals im Weißen Haus
geheiratet hat. Das Ehepaar bekam fünf Kinder: Ruth
(1891 – 1904), Esther (1893 – 1980) wurde im
Weißen Haus geboren, Marion (1895 -1977), Richard
(1897 – 1974) und Francis Grover (1903 – 1995).
Der in der Öffentlichkeit oft distanziert wirkende,
im Bekanntenkreis dagegen meist überaus herzlich
auftretende Cleveland konzentrierte sich bei seiner
Arbeit auf die Reorganisation der Bundesverwaltung
und vor allem auf die Bekämpfung des im Westen
ausufernden Schiebertums und Betrügerunwesens. Sehr
populär war dabei sein Durchgreifen gegen
Großbetrüger, die sich im Zusammenhang mit dem
Eisenbahnbau im Indianerland Millionen Hektar Land
angeeignet hatten. Zehntausende Quadratkilometer
Staatsland wurden in Fiskalbesitz zurückgeführt.
Typisch für die erste Cleveland-Periode war aber
auch die Zunahme der Arbeiterstreiks und
Kleinfarmerproteste gegen die wirtschaftsliberale
Politik Clevelands. Die Chicagoer „Haymarket-Demonstration“
vom 4. Mai 1884, bei der durch eine Bombenexplosion
sieben Polizisten ums Leben kamen, führte zu
massiven Unterdrückungsmaßnahmen gegen
Gewerkschaften. Clevelands Veto gegen ein
Pensionsgesetz (1887), das bedürftige Veteranen des
Bürgerkriegs unterstützt hätte, kostete ihm bei den
sozial schwächeren Schichten zusätzlich
Wählerstimmen.
Bei den Präsidentschaftswahlen 1888 verlor Cleveland
dann auch gegen den republikanischen Herausforderer
Benjamin Harrison und musste 1889 aus dem Weißen
Haus ausziehen. Cleveland arbeitete danach wieder
als Anwalt und näherte sich politisch vorsichtig
Gewerkschaftspositionen. Vor dem Hintergrund der
seit 1887 zunehmenden Agrar- und Wirtschaftskrise
wurde Cleveland, der 1892 erneut für das
Präsidentenamt nominiert worden war, vor allem von
Wählern, die von Harrisons Wirtschaftspolitik
enttäuscht waren, wieder ins Weiße Haus geholt.
Clevelands zweite Amtsperiode (1893 – 1897) war
dominiert von der großen Wirtschaftskrise, der der
Präsident nicht Herr wurde. Er weigerte sich, in
Existenzschwierigkeiten geratene Unternehmen mit
Staatshilfen zu stützen oder das Versagen der
Wirtschaft durch Unterstützung der Millionen
Arbeitslosen auszugleichen. Stattdessen ging er mit
Militärgewalt gegen Streikende vor. Clevelands
Politik führte die Demokraten in eine schwere
innerparteiliche Krise.
Auf außenpolitischem Gebiet war Cleveland
vergleichsweise zurückhaltend. Zur Verärgerung der
Annexionisten im Land verweigerte er sich der
Forderung, Hawaii und Kuba zu annektieren.
Angeschlagen zog sich Cleveland 1893 nach Ende
seiner zweiten Amtszeit aus der Politik zurück.
Neuer Präsident wurde der Republikaner William
MacKinley.
Seine letzen Jahre verbrachte Cleveland im Kreis
seiner ständig wachsenden Familie in Princeton, New
Jersey. Dort starb er am 24. Juni 1908. Seine
letzten Worte sollen „I have tried so hard to do
right“ gewesen sein.
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