Biografie Andrew Johnson
Der zwischen 1865 und 1869 als 17. Präsident der
Vereinigten Staaten die Geschicke seines Landes
maßgeblich leitende Andrew Johnson gehörte zu den
wenigen US-Staats-Chefs des 19. Jahrhunderts, die
nicht der Pflanzeraristokratie des Südens oder der
wohlhabenden Nordstaaten-Bildungs-Elite der Ostküste
entstammten. Johnson war ein klassischer
Selfmademan, der sich Bildungschancen und Wohlstand
selbst erkämpfen musste. Der Nachwelt blieb er vor
allem als derjenige Präsident im Gedächtnis, gegen
den der Kongress erstmalig in der US-Geschichte ein
Amtsenthebungs-Verfahren („Impeachment“) angestrengt
hatte.
Andrew Johnson wurde am
29. Dezember 1808 in Raleigh, der damals
knapp 1000 Einwohner (2010: 450.000), zählenden
Hauptstadt des Bundesstaates North Carolina geboren.
Die Johnsons gehörten in dem von
Baumwoll-Großplantagenbesitzern dominierten Ort zur
Unterschicht. Andrew Johnsons Vater, der
englischstämmige Jacob Johnson (1778–1812), und
seine Mutter Mary „Polly“ (1783 – 1856) waren arm,
aber ehrenwert. Jacob Johnson arbeitete in Raleigh
als Stallmann einer Gaststätte, in der seine Frau,
als Abwäscherin, ebenfalls angestellt war. Jacob
Johnson war auch Küster, Glöckner, „Town Constable“
und Hauptmann der Miliz. 1811 rettete er zwei Männer
vor dem Ertrinken und starb einige Wochen später an
einer Hertzattacke.
Er hinterließ drei kleine Kinder. Andrew Johnson war
das jüngste der Johnson-Kinder. Die Witwe Polly
Johnson heiratete ein halbes Jahr später den
ebenfalls armen Turner Doughtry. Andrew Johnson kam
1818 in die Lehre zu einem in Raleigh ansässigen
Schneider, bei dem auch sein vier Jahre älterer
Bruder William beschäftigt war. Mit der Lehre war
eine bis zum 21. Lebensjahr geltende
Bindungsverpflichtung verbunden. Aus unbekannten
Gründen liefen die Brüder 1823 weg. Der Schneider
ließ sie steckbrieflich suchen. Die wirtschaftlich
glücklosen Johnsons kehrten nach zwei Jahren nach
Raleigh zurück, konnten sich zwar mit dem
Schneidermeister aussöhnen, bekamen ihre alte
Stellung aber nicht wieder.
Den 17-jährgen Andrew Johnson zog es in den „Wilden
Westen“, wo die strikten gesellschaftlichen Grenzen
der in North Carolina auch in den frühen USA fast
ungebrochen tradierten Ostküsten-Sozialschranken
keine Bedeutung hatten. Er ließ sich schließlich
1826 als Schneider im Tennessee-Ort Greeneville in
den Blue Ridge Mountains nieder. Hier lernte er die
große Liebe seines Lebens, die Schuhmachers-Tochter
Eliza McCardle (1810 – 1876), kennen und heiratete
sie 1827. Johnsons Schneidergeschäft florierte und
der eloquente und geistig überaus bewegliche Johnson
fand Zeit, seine lediglich rudimentäre Schulbildung
neben seiner Geschäftstätigkeit zu erweitern.
Johnson las viel und nahm regelmäßig an
Diskussions-Runden im Tusculum College von
Greeneville teil.
Die beiden geschäftstüchtigen Johnsons konnten bald
Geld in Immobilien investieren und gelangten
allmählich zu Wohlstand. Johnson kaufte schwarze
Sklaven und ließ sie in seinem Betrieb arbeiten. Die
Johnsons bekamen zwischen 1828 und 1852 insgesamt
fünf Kinder.
Der der insbesondere in den Südstaaten starken
Demokratischen Partei zugerechnete Andrew Johnson
ging in die Lokalpolitik und profilierte sich vor
allem als Fürsprecher für die kleinen und mittleren
Farmer und Geschäftsleute. Dem „Großen Geld“ und den
Großgrundbesitzern im Sklavengürtel stand er stets
misstrauisch gegenüber. Sein besonderes Interesse
galt der Förderung des Schulwesens und des
allgemeinen Zugangs zur Schulbildung.
1830 wurde Johnson zum Bürgermeister von Greeneville
gewählt. Es folgten Stationen als Abgeordneter und
Senator auf Tennessee-Ebene. Von 1843 bis 1853
vertrat er seinen Wahlkreis im US-Abgeordnetenhaus.
1853 gelang ihm der Aufstieg ins Gouverneursamt von
Tennessee und 1857 wechselte er in den US-Senat.
Bei der eng mit der Sklaven-Problematik im
Zusammenhang stehenden Frage der möglichen Sezession
der Südstaaten stand Johnson im Senat eindeutig auf
Seiten der Unions-Befürworter und nahm in der
Sklaven-Frage eine moderate Position ein.
Mit seiner Haltung verschaffte er sich einerseits
Anerkennung, andererseits wurde er in seiner Heimat
mit Attentatsdrohungen von radikalen
Sezessions-Befürwortern konfrontiert.
1862, ein Jahr
nach Ausbruch des Bürgerkriegs, wurde Johnson, der
einzige Süd-Senator, der der Union treu geblieben
war, von US-Präsident Abraham Lincoln zum
Brigadegeneral und zum Militäradministrator des von
Unions-Truppen eroberten Südstaats Tennessee
ernannt. Johnsons Sohn Robert, ein 33-jähriger
Armee-Arzt, wurde 1863 von einem auf ihn gezielt
angesetzten Südstaaten-Killer-Kommando als Rache für
den angeblichen Verrat des Vaters an der Sache des
Südens ermordet.
Mit der Wiederwahl Lincolns zum US-Präsidenten am 8.
April 1864 wurde Johnson Vize-Präsident. Nach einem
Attentat am 14. April 1864 starb Lincoln am Tag
darauf und Johnson wurde verfassungsgemäß Präsident
der USA.
Johnson, der weder im Süden noch im Norden über eine
große Anhängerschaft verfügte, sah sich vor der
schwierigen Aufgabe gestellt, die ihm am Herzen
liegende Wiedervereinigung („Reconstruction“) des
siegreichen Nordens und des geschlagenen Südens
einzuleiten. Der von Johnson eingeschlagene Kurs,
Sklaven-Befreiung und Wiederaufbau des weitgehend
zerstörten Südens unter versöhnlichen Vorzeichen
anzugehen, stieß bei der radikal Vergeltung
fordernden Mehrheit im Kongress auf heftigen
Widerstand. Der Konflikt zwischen Kongress-Mehrheit
der Republikaner und Präsident spitzte sich in den
Folgejahren zu einer Machtprobe zu, bei der es über
die tagesaktuellen Probleme der „Reconstruction“
hinaus um die Frage ging, welchen Stellenwert die
parlamentarische Kraft im Verhältnis zum
Präsidentenamt in Zukunft haben sollte. Im März 1868
strengte der Kongress im Zusammenhang mit der von
Johnson ohne Zustimmung des Senats bestimmten
Absetzung des Kriegsministers erstmals in der
US-Geschichte ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“)
gegen den Präsidenten ein. Im Senat verfehlte die
Anklage mit lediglich einer Stimme die notwendige
Mehrheit. Dieses Ergebnis verhinderte den Wechsel
der USA von einer Präsidial-Demokratie zu einer
klassischen Parlaments-Demokratie.
Die Amtszeit Johnsons war von erheblichen, von ihm
größtenteils nicht zu verantwortenden, Problemen der
Nach-Bürgerkriegszeit geprägt. Zu den wenigen
eindeutigen Erfolgen der Johnson-Präsidentschaft
gehörte der, während seiner Amtszeit allerdings kaum
wahrgenommene, Kauf von Alaska („Russisch-Amerika“)
im Jahr 1867.
Nach Ablauf seiner Amtszeit 1869 und der Wahl des
Radikal-Republikaners Grant zum 18. US-Präsidenten
zog sich Johnson anders als die meisten seiner
Vorgänger nicht von der politischen Szene zurück,
sondern war weiterhin aktiv. 1875 kehrte er als
Senator von Tennessee erneut in den US-Senat zurück.
Wenig später, am 31. Juli 1875, verstarb er in
Carter Station, Tennessee, an den Folgen eines
Schlaganfalls.
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