Malcolm X Lebenslauf
Malcolm Little, der am
19. Mai
1925 in Omaha zur Welt gekommen war, erfuhr schon in
frühester Kindheit, wie sehr andere ihre Sympathien
ihm gegenüber von seiner Hautfarbe abhängig machten.
Sein Vater, ein schwarzer Laienprediger, der sich
für Marcus Garveys "Back To Africa"-Bewegung
engagierte, bevorzugte mit Malcolm das hellhäutigste
seiner Kinder. Die Mutter, deren Vater weiß war,
verband mit diesem negative Erinnerungen, die sie
auf den Sohn projizierte, der neben der hellen Haut
auch das rotbraune Haar ererbt hatte.
Als Malcolm vier Jahre alt war, erwarb die Familie
ein Haus in einer zumeist von Weißen bewohnten
Gegend nahe Detroit. Der Widerstand der
Alteingesessenen gegen die neuen Nachbarn, der in
einer "erfolgreichen" Brandstiftung am Haus der
Littles gipfelte, prägte
Malcolms Denken ebenso wie
der in seinen Umständen nie geklärte Tod des Vaters
zwei Jahre später, der sich ebenso als Suizid oder
Unfall wie auch als Mord darstellen ließ.
Hatten die Kinder schon vorher unter dem autoritären
und manchmal brutalen Erziehungsstil der Eltern
gelitten, wurde durch das Fehlen des Haupternährers
Armut zu einem zusätzlichen Problem. Weil Malcolm
durch mehrere Diebstähle auffällig geworden war,
wies man ihn 1939 in ein Heim ein. Dort wurde ihm
noch stärker als bisher verdeutlicht, dass er im
späteren Leben nicht die gleichen Chancen wie ein
Weißer haben könne, denn obwohl seine schulischen
Leistungen hervorragend waren, stand ihm bestenfalls
eine Lehre in einem handwerklichen Beruf offen.
Die Folge war eine Phase tiefer Resignation, in der
er sich wieder gehen ließ. Vor der Einberufung zum
Militärdienst bewahrte ihn ein psychiatrisches
Attest. Er versuchte sein Äußeres möglichst dem
eines Weißen anzugleichen, schlug sich mit
Gelegenheitsjobs durch, handelte mit Rauschgift und
beging Einbrüche. Schließlich wurde er 1946 zu einer
zehnjährigen Haftstrafe verurteilt, wobei ihm als
Hauptanklagepunkt der sexuelle Kontakt zu einer
weißen Frau vorgeworfen wurde. Im Gefängnis begann
er, sich mit Hilfe von Büchern weiter zu bilden.
Sein Bruder machte ihn 1948 mit der Nation of Islam
bekannt, die seit 1930 bestand und innerhalb der USA
einen separaten, von Schwarzen bewohnten Staat
anstrebte. Diese Bewegung, die auch als "Black
Muslims" bekannt ist und der - oft genug zu Recht -
Rassismus gegenüber Weißen vorgeworfen wurde, bot
Malcolm Little, der sich nun unter Verzicht auf den
seinen Vorfahren aufgezwungenen Familiennamen
Malcolm X nannte, eine geistige Heimat. Er las nun
insbesondere philosophische und historische Werke
und trainierte intensiv seine rhetorischen
Fähigkeiten.
Nach der vorzeitigen Haftentlassung nahm er Kontakt
zu Elijah Muhammad, dem Führer der Nation of Islam,
auf. Dieser betreute Malcolms Werdegang nun
persönlich, der dank seiner Ausstrahlung und
Souveränität wie auch seines bedingungslosen
Einsatzes zu einem Wortführer der Bewegung wurde. Er
ging in die Schwarzenviertel, redete in der dort
gebräuchlichen Sprache zu den Anwohnern und konnte
viele für seine Organisation begeistern. Indem er
die weiße "Rasse" als vom Teufel gesandt darstellte
und muslimische Werte - einschließlich der
unbedingten Höherwertigkeit des männlichen
Geschlechts - predigte, verhalf er seinen Anhängern
zu neuem Selbstbewusstsein.
Gegenpol zu Martin Luther King
Durch seine Radikalität bildete er bald einen
Gegenpol zu dem friedfertigen
Martin Luther King,
dessen auf Versöhnung bedachte christliche
Sichtweise er als Mittel zum Machterhalt der Weißen
ablehnte. Zu stark war inzwischen die Frustration
gerade vieler junger Schwarzer geworden, als dass
sie mit Friedensbotschaften noch etwas hätten
anfangen können. In den Sechzigern gelang es der
(nicht zuletzt durch Malcolm X inspirierten) Black
Power-Bewegung, diese Stimmungen aufzunehmen, ohne
die ideologischen Schattenseiten der NOI weiter zu
pflegen.
Dass etablierte Medien Malcolm X als "schwarzes
Monster" darstellten, war auch nicht gerade ein
geeignetes Mittel, ihn von seinem Wege abzubringen.
Nach Meinungsverschiedenheiten über den
Kennedy-Mord, der Malcolm nicht gerade erschüttert
hatte, trennte er sich von der Nation of Islam, da
er in Elijah Muhammads Verhalten eine immer stärkere
Doppelmoral erkannte. Er gab sich den Namen Malik el
Shabbaz, gründete die Muslim Mosque Inc und pilgerte
nach Mekka. Erst zu dieser Zeit gab er den Gedanken
auf, eine "Rasse" könne wertvoller als andere sein,
und übernahm sozialistisch-internationalistische
Ansichten, die auch die Unabhängigkeitsbewegungen in
Afrika berücksichtigten.
Seine wiederholt geäußerten Vorwürfe gegen Elijah
Muhammad brachten ihm die offene Feindschaft der NOI
ein. Am 21. Februar 1965 detonierte während eines
Vortrages in Harlem eine Rauchbombe. Die dabei
entstandene Verwirrung nutzten drei NOI-Mitglieder,
um Malcolm X zu erschießen.