Dieter Hildebrandt Lebenslauf
Dieter Hildebrandt, Kabarettist, Schauspieler, Buchautor
und tiefsinniger Querdenker, feierte noch seinen 86.
Geburtstag und trotzdem, oder gerade deshalb, waren
seine Augen noch genauso wach wie eh und je, war sein
Verstand so scharf wie seit Jahrzehnten und die
Interviews, die er zu seinem Geburtstag gab, sprühten
nur so vor Witz und Humor. Wer war dieser Mann, an dem
der Zahn der Zeit lange nicht zu nagen schien?
Hildebrandt wurde am
23. Mai 1927
im niederschlesischen Bunzlau in eine Beamtenfamilie
hinein
geboren, wuchs in der preußischen Provinz auf und begann
seine Schulzeit im gerade im Entstehen begriffenen
Hitler-Deutschland. Diese Zeit prägte; nicht nur
Hildebrandt, sondern mit ihm alle, die sie erlebt haben.
Eine plötzlich aufgetauchte Mitgliedskarte der
NSDAP
sorgte vor einigen Jahren für Furore – inwieweit
Hildebrandt sie selbst unterschrieben hat, blieb
ungeklärt. Nach dem Krieg, der für ihn und seine Familie
auch den Verlust der schlesischen Heimat mit sich
brachte, kam Hildebrandt schnell wieder auf die Beine
und nach einigen Umwegen über die Oberpfalz nach
München. Dort ließ ihn, den Studenten der Literatur- und
Theaterwissenschaft, sein seit Schülerzeiten gehegter
Wunsch, Schauspieler zu werden, 1952 die Prüfung der
Schauspieler-Genossenschaft ablegen. Als sich seine
ersten Erfolge als Kabarettist einstellten, gab er sein
Promotionsvorhaben kurz entschlossen auf.
Zusammen mit Sammy Drechsel gründete er 1956 die
Münchner Lach- und Schießgesellschaft; sein tiefsinniger
Humor, sein scharfer Blick für gern verschleierte
Zusammenhänge und seine Unerschrockenheit, gerade
Unbequemes zu formulieren, brachten ihm nicht nur die
Bewunderung seiner Anhänger, sondern auch viele böse
Blicke der von ihm Kritisierten ein. Doch Hildebrandt
wäre nicht Hildebrandt gewesen, hätte er sich davon
einschüchtern oder gar mundtot machen lassen – im
Gegenteil: Je lauter die Kritik an ihm wurde, desto
genauer sah er hin und fand immer noch ein Stäubchen auf
jeder noch so weißen Weste.
In Werner Schneyder fand er Anfang der 1970er Jahre
einen Weggefährten auf Augenhöhe; die beiden
tourten durch Deutschland und Österreich, traten einmal
sogar in der DDR auf.
Auch das Fernsehen eroberte Hildebrandt, zuerst mit
seinen „Notizen aus der Provinz“ (1973-19679), später
dann mit dem Satireformat „Scheibenwischer“ (1980-2003).
Das Jahr 1996 hat er in besonderer Erinnerung: Zum einen
spielte er in Dietls inzwischen zur Kultserie
avancierten „Kir Royal“ den schrulligen Fotografen
Herbie, zum anderen wurde sein „Scheibenwischer“ im
Bayerischen Fernsehen einfach ausgeblendet und damit war
Hildebrandt erst recht zum Helden der Unbequemen und
Querdenker geworden.
Falschheit machte ihn wütend, Eitelkeit und
Machtbesessenheit auch; kein Wunder also, dass es ihm
besonders die Politik angetan hatte – bis zum letzten
Atemzug.
Und sonst? Was trieb den Künstler, der das deutsche
Fernsehen revolutioniert hat und der bis zuletzt mit
Soloprogrammen und Lesungen durch die Republik reiste?
Der Spaß am Leben, die Liebe zur Bühne und zu seinem
Publikum und die Hoffnung, dass am Ende doch nicht alles
so schlimm ist, wie es seine spitze Zunge zuweilen
formulierte.
Am 20. November 2013 starb Dieter Hildebrandt in einem
Münchener Krankenhaus an Krebs.