Die Geschichte der Nähmaschine

In jedem Haushalt findet sich heutzutage eine Nähmaschine, die wohl kaum noch eine annähernde Ähnlichkeit mit den Maschinen aufweist, die ganz am Anfang der Entwicklung standen. Noch bevor überhaupt handbetriebene Nähmaschinen genutzt wurden, verwendeten
Nähmaschine 80er Jahre
die Menschen Fischgräten zum Nähen, formten später aus Knochen und Hörnern der Tiere spitze Nadeln, die das Nähen erleichterten. Die erste Stahlnadel wurde erst im 14. Jahrhundert produziert und diente dann auch mehrere Jahrhunderte weiter als wichtigstes Werkzeug für das Nähen der Kleidung.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein erfreute sich der Beruf des Schneiders zwar weiterhin großer Achtung, doch die Industrialisierung hielt auch auf diesem Gebiet Einzug. 1755 konstruierte in England der Deutsche Charles Frederic Wiesenthal die erste Maschine, die die mühsame Aufgabe des Nähens übernehmen sollte. Der erste Prototyp war mit einer beidseitigen Nadel versehen, die ein Öhr in der Mitte aufwies.
Die Maschinen, die dann nach und nach konstruiert wurden, waren noch nicht klein und handlich, wie man es heute gewohnt ist. Im Gegenteil waren sie aufwändig, meistens auf Holzgerüsten befestigt, mit einer großen Kurbel ausgestattet.
Während die erste Nähmaschine von Wiesenthal kaum mit einem guten Schneider konkurrieren konnte, der dreißig Stiche in der Minute schaffte, baute dann der Tischler Thomas Saint in London die nächste, auf die er auch ein Patent anmeldete. Das Material war hauptsächlich Holz, die Nadel war gegabelt, mit Vorstecher und Hakennadel ausgestattet und konnte so Kettenstiche nähen. Auch diese fand jedoch im Alltag keinen praktischen Nutzen, alleine der Kettenstich sollte dann in Deutschland seine Verwendung finden, umgesetzt von Balthasar Krems aus der Eifel. Dieser konstruierte 1800 die erste Kettenstichnähmaschine, die mittels eines Stachelrades schrittweise das Nähgut voranschob. Diese Maschine schaffte unglaubliche 300 Stiche pro Minute.

 
In Frankreich wurde dann die erste Fabrik für die Herstellung von Nähmaschinen gegründet, geleitet von dem französischen Schneider Barthélemy Thimonnier, dem die eigene Arbeit einfach zu mühselig und zu langsam von der Hand ging. Sein Entwurf einer Nähmaschine schaffte zwar nur 200 Stiche in der Minute, wurde aber von der Regierung gutgeheißen, die mit dieser Erleichterung der Arbeit ganz andere Absichten verfolgte, so dass der Schneider einen Großauftrag in der Herstellung bekam. Damit ging die Nähmaschine in Serie, wurde dann hauptsächlich dazu genutzt, um für das Militär schneller und effektiver Uniformen zu nähen.
Nach der Eröffnung und dem Aufstieg der Fabrik musste Thimonnier aus Paris flüchten. Gerüchten zufolge soll seine Fabrik sogar von zweihundert unzufriedenen Schneidern gestürmt
Tretnähmaschine
und zerstört worden sein. Thimonnier versuchte sein Glück in England, kämpfte aber auch dort mit zahlreichen Schwierigkeiten. Trotz seiner Erfindung und dem Erfolg, starb er in großer Armut.
Ihm folgten weitere Erfinder, die ein ähnliches Schicksal teilten, die Konstruktion zwar voranbrachten und verbesserten, jedoch davon einfach nicht leben konnten, teilweise, weil die Öffentlichkeit die Maschinen nicht gut aufnahm und schon gar nicht kaufte, teilweise, weil sie schnell wieder den Geist aufgaben oder gar nicht zum Laufen gebracht werden konnten, wie bei dem Amerikaner Walter Hunt, der die erste Maschine entwarf, die mit zwei Fäden nähen sollte.
Etwas anders erging es dem Amerikaner Elias Howe. Er gilt als der Erfinder der Doppelsteppstichnähmaschine und ihm wird die eigentliche Entwicklung zugesprochen. Auch sein Antrieb war die Armut, die Not seiner Familie, die er kaum schaffte, durchzubringen. Durch das Beobachten der Nähhandbewegung seiner Frau gelangte er zu der Idee, eine Maschine zu erfinden, die ihr die Arbeit erleichtern könnte. Sein fertiges Modell erregte einiges Aufsehen, doch als es an das Verkaufen ging, wollte keiner den Preis zahlen. Auch fürchtete man zu dieser Zeit die Wut der Schneidergilde.
Howe hatte bis dahin schreckliches Pech. Die Armut ermöglichte ihm nicht, ein Patent anmelden zu können. Er zog von Amerika nach England, wo er sich mehr Erfolg erhoffte, was nicht der Fall war. Bei seiner Rückkehr hatte der einstige Mechaniker und nun reiche Geschäftsmann Isaac

Singer bereits eine eigene Maschine erfunden und patentieren lassen. Diese wurde wesentlich günstiger verkauft und Howe reichte Klage ein, die ihm dann auch vom Gericht bewilligt wurde. Der Verdienst Singers musste geteilt werden, Howe wurde so doch noch zu einem reichen Mann.
Die Herstellung von verschiedensten Nähmaschinen fand schließlich auch in Europa Absatz. Da sein Vater ihm die Arbeit in der Schmiede untersagte, baute z. B. Adam Opel innerhalb von acht Monaten seine erste Nähmaschine in einem angrenzenden Kuhstall. In der Schweiz wiederum erfand Fritz Gegauf die erste Hohlsaummaschine, gründete dann auch eine Firma, die bis heute Nähmaschinen baut, die 1930 unter dem gleichen Markennamen laufen - BERNINA.
 
Die erste elektrische und transportable Nähmaschine wurde 1940 in Genf von der Firma Tavaro S. A. gebaut. Immer mehr Firmen interessierten sich für die Herstellung der Nähmaschine, darunter waren Namen wie Adler, Köhler, Opel und Phoenix. Die einfache Haushaltsnähmaschine mit Antriebsriemen fand großen Umsatz, wird heute natürlich nicht mehr hergestellt. Moderne Nähmaschinen sind aus Plastik, computerisiert, haben mehrere Nähprogramme, weisen einen Elektronik-Stop-Motor auf und können u. a. automatisch einfädeln oder per Touchscreen bedient werden. Die klobigen, aus Holz oder Metall gebauten Nähmaschinen kann man heutzutage nur noch in den verschiedenen Museen der Städte bewundern, in denen sie entworfen wurden. Sie besitzen einen nostalgischen Wert und geben Aufschluss darüber, wie mühsam ihre eigene Geschichte gewesen ist.